Die Rueckkehr des Nexius
wie früher, ohne daß er zu bestimmen vermochte, was.
»Aber du glaubst mir doch?« fragte sie. »Oder denkst du auch, ich hätte damit etwas zu tun?«
Er zögerte kurz - kaum merklich, aber Nofretete nahm es dennoch wahr -, ehe er antwortete: »Aber nein. Wie kommst du nur darauf? Das einzige, was mich ängstigt, ist der Gedanke, daß es dich irgendwann auch treffen könnte.«
»Ach, Jacques, du bist wirklich ein ganz besonderes Wesen.« Sie sah ihn aus funkelnden Augen an und löste den Verschluß ihres Kleides. Sie streifte es von ihren Schultern und ließ es zu Boden gleiten, um sich ihm in ihrer makellosen, jugendlichen Schönheit zu zeigen. »Komm und nimm mich, Geliebter!«
Erneut zögerte er kurz, aber dann fielen sie abermals wie im Rausch übereinander her, und es schien ihm, als würde sich Nofre-tete so wild an ihn klammern wie noch niemals zuvor. Als hätte sie Angst, ihn zu verlieren.
Er machte sich keinen weiteren Gedanken darüber, sondern genoß es.
*
Deville konnte sich nicht erinnern, sich irgendwann in den Jahrhunderten zuvor auch nur ein einziges Mal so wenig erholt gefühlt zu haben, als er erwacht war. Heute indes fühlte er sich schier elend. Zu viele Dinge beschäftigten ihn.
Zu viele Dinge, die nichts Gutes verhießen .
Zum einen ging ihm Daswadans Abwesenheit merkwürdig nahe; näher in jedem Fall, als er es für möglich gehalten hätte.
Solange er ihn um sich gehabt oder wenigstens doch in seiner Nähe gewußt hatte, war Daswadans Präsenz etwas beinahe Selbstverständliches gewesen, dem er nie die rechte Beachtung geschenkt hatte. Nun jedoch, da sein engster Vertrauter nach Kairo aufgebrochen war, kam es Deville vor, als fehlte ihm ein Teil seiner selbst.
Er lächelte abseitig bei dem Gedanken, daß ihm Daswadan das Pendant zum Schatten eines Menschen sein könnte. Ganz ähnlich wie er mochte sich ein Mensch nämlich fühlen, wenn er feststellen mußte, daß er - aus welchem Grund auch immer - plötzlich keinen Schatten mehr warf .
Zugleich aber ging dieses Gefühl für Deville noch eine Spur tiefer. Er kam sich - schutzlos vor.
Nun war es durchaus nicht so, daß er sich nicht selbst seiner Haut zu wehren gewußt hätte - beileibe nicht! Aber er hatte sich in all der Zeit so darauf verlassen und daran gewöhnt, daß Daswadan ihm alles Übel vom Leibe halten würde, gleich welcher Art es auch sein mochte, daß sein ureigener Instinkt, dem diese Schutzfunktion ob -lag, ein wenig - nun, nicht unbedingt verkümmert, aber zumindest doch eingeschlafen war.
Um dem keimenden Trübsinn Einhalt zu gebieten, ließ Deville seine Gedanken schweifen, zurück in der Zeit, da in ihren Reihen eine ganz besondere Art von Aufbruchstimmung geherrscht hatte und er selbst eine höchst wichtige Rolle gespielt hatte - - als Auserwählter des Kelchhüters selbst!
In den allerersten Jahren des 18. Jahrhunderts war der Verwalter des Lilienkelches an Deville herangetreten. Damals hatte Deville noch im Norden der Insel seine Jagdgründe gepflegt, war Mitglied der Sippe zu Edinburgh gewesen. Einer von vielen - und doch herausragend. Weshalb sonst hätte der Hüter gerade ihn mit dieser großen Aufgabe betrauen sollen?
Nachdem er seinerzeit in Edinburgh eine neuerliche Kelchtaufe vorgenommen und die Sippe um ein gutes Dutzend neuer Kinder bereichert hatte, war der Hüter zu Deville gekommen und hatte ihn zu einer Unterredung unter vier Augen beiseite genommen.
Zunächst war dem Vampir das Ansinnen des Hüters ungeheuerlich erschienen!
»Ich fordere dich auf, deiner Sippe den Rücken zu kehren«, hatte er verlangt, sinngemäß jedenfalls. Des exakten Wortlauts vermochte sich Deville nach drei Jahrhunderten nicht mehr zu entsinnen.
Natürlich hatte er seinerzeit - fast reflexhaft - abgewehrt und gefragt, wie ausgerechnet der Hüter, dieser Mächtigste der Alten Rasse, solches von ihm verlangen könnte. Als der Verwalter des Unheiligtums ihm jedoch weitere Einzelheiten dargelegt hatte, erwachte sein Interesse, und alsbald schon konnte Deville gar nicht mehr anders, als darauf einzugehen.
Denn immerhin trug man ihm in dieser Nacht die größte Macht an, die ein Vampir nur erlangen konnte: die Herrschaft über eine eigene Sippe!
Nach London sollte Deville zu diesem Zwecke übersiedeln. Denn in der Stadt an der Themse residierte seit Jahrzehnten keine Sippe mehr. Irgendwann im 17. Jahrhundert, zu der Zeit, da drüben auf dem Kontinent der Große Krieg schon lange begonnen hatte, waren die ursprünglich
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