Die Rueckkehr des Nexius
keine Lösung für ihr Problem finden. Im Gegenteil -schon bald würde der Nexius hier keine Nahrung mehr finden, und dann würde sie ihre menschliche Gestalt und ihr wahres Ich endgültig verlieren.
Doch wo konnte sie Zuflucht und Hilfe finden?
Ein Mann aus dieser Zeit kam ihr in den Sinn. Erst jetzt, da Jacques tot war, tauchte sein Bild wieder in ihrem Bewußtsein auf.
Landru!
Wenn ihr jemand helfen konnte, dann er! Er war der Träger vieler Geheimnisse und der Magie kundig. Womöglich gelang es ihm sogar, sie ganz vom Nexius zu befreien!
Nofretete atmete tief durch, ehe sie sich in eine Fledermaus verwandelte und in den Nachthimmel aufstieg.
Sie wußte, was sie zu tun hatte.
* Nofretete fand Deville in der Bibliothek seines Landhauses.
Das gesamte Grundstück war verlassen und menschenleer. Der Eindruck von Zerfall und Tod war allgegenwärtig. Die Würde und die Betriebsamkeit, die es zuvor ausgezeichnet hatten, waren vergangen.
Deville wirkte nicht sonderlich überrascht, als er Nofretete erblickte.
»Du?« fragte er nur.
»Hast du jemand anderen erwartet?« fragte sie spöttisch, während sie auf ihn zuging. »Es sind nicht mehr viele übrig.«
»Was ist mit Jacques?« fragte er. »Hast du ihn in den letzten Tagen noch einmal gesehen?«
»Ja, das habe ich«, gestand sie, und ein Hauch von Trauer flog über ihre Züge. »Es ist noch nicht lange her.«
»Wie geht es ihm?«
»Er war alt geworden, so wie alle - außer uns beiden.«
»Und wie geht es ihm?«
»Er leidet jetzt nicht mehr«, gab sie zur Antwort und blieb ein paar Schritte vor Deville stehen.
Der sah sie aus trüben Augen an. »Also hast du ihn ebenfalls umgebracht.«
Seine Worte bewiesen ihr, daß das Sippenoberhaupt über ihre wahre Identität und ihre Taten informiert war.
»Ja«, gab sie zu. »Aber es geschah auf seinen eigenen Wunsch. Er wollte nicht länger leiden.«
Deville war nicht anzusehen, ob er er ihr glaubte oder nicht. Aber es war Nofretete auch gleichgültig.
»Was war mit deinen anderen Opfern?« fragte er.
»Sie waren Beute für mich.«
Deville nickte schwer. Seltsamerweise schien er sich durch Nofre-tetes Auftauchen in keiner Weise bedroht zu fühlen. Offenbar hatten ihm die zurückliegenden Ereignisse sämtlichen Lebensmut geraubt. Vor Wochen noch war er das Oberhaupt einer weitverzweigten, mächtigen Vampirsippe gewesen - und nun war er allein.
»Weshalb bist du hierher zurückgekehrt?« fragte er. »Willst du nun auch an mir deinen Durst stillen?«
Nofretete verzog ärgerlich das Gesicht.
»Du ahnst vieles und weißt nichts!« sagte sie. »Ich töte nicht um meinerwillen, Deville. Es ist der Nexius in mir, der mich dazu treibt. Mir selbst bleibt keine Wahl.« Und als er auf ihre Worte nicht rea-gierte, fuhr sie fort: »Um deine Frage zu beantworten: Nein, ich bin nicht hier, um dich zu töten. Zwar gelüstet es den Nexius nach deinem schwarzen Blut, aber ich fühle mich stark genug, seinem Verlangen nicht nachzugeben. Es geht mir um eine Auskunft.«
»Eine Auskunft?« Deville war überrascht.
»Ich will wissen, wo Landru sich aufhält«, sagte Nofretete. »Wenn mir jemand helfen kann, dann er.«
»Helfen?«
»Er ist mächtiger als alle Vampire, die ich vor ihm traf. Und er hat sich lange mit der Natur des Nexius beschäftigt«, erklärte sie. »Vielleicht vermag mich Landru von ihm zu befreien.«
»Weil er nun, da unserer Rasse stirbt, auch deine Existenz bedroht? Solange es die Seuche nicht gab, warst du doch ganz zufrieden mit deinem ... Arrangement.«
»Die Dinge ändern sich eben.«
»Manche Dinge ändern sich nie. Zum Beispiel, daß Verräter den Tod verdienen«, sagte da eine andere Stimme hinter ihnen. Nofretete fuhr herum.
»Daswadan!« rief sie. Er stand unter der Tür, war in einen dunklen Anzug gekleidet und trug einen weiten schwarzen Umhang über den Schultern.
»Ganz recht«, erwiderte er kalt lächelnd.
»Du bist kaum älter geworden«, sagte sie. »Aber ich sehe dunkle Ringe unter deinen Augen. Und du machst einen erschöpften Eindruck.« Sie lächelte und machte aus ihrer Abneigung ihm gegenüber keinen Hehl. »Wie fühlt es sich an, zu wissen, daß man bald zu Staub zerfällt? Es wird ein langsamer, grausamer Tod werden. Vielleicht sollte ich deine Leiden abkürzen.«
Daswadan lächelte grimmig. »Das würde dir gefallen, nicht wahr? Aber gib dir keine Mühe. Ich bin auf dein Angebot nicht angewiesen. Ich habe zuviel Tod und Leiden gesehen, als daß es mich noch schrecken
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