Die Rueckkehr des Nexius
des Landguts.
Sie fühlte sich noch immer ein wenig unsicher auf den Beinen, als sie das Landhaus verließ, um auf den Wagen zu warten. Als Nexius hätte sie die Schmerzen nicht verspürt, aber in dessen Amöbenform hätte sie wohl kaum den nächsten Flieger nach Singapur besteigen können.
Das Taxi erschien. Sie stieg ein und nahm im Fond Platz.
»Wohin darf ich Sie bringen?« fragte der Fahrer.
»Nach Heathrow. Zum Flughafen.«
»Wie Sie wünschen.« Während er wendete, deutete er auf das Landgut. »Das ist Robert Franklins Anwesen, nicht wahr?«
Nofretete erinnerte sich, daß dies der Name war, den Deville zur Tarnung benutzt hatte. »Ja.«
»Sieht ein wenig verlassen aus.«
»Das täuscht«, erwiderte sie und dachte bei sich: Es ist völlig verlassen, nicht nur ein wenig.
»Ich habe schon viel von Franklin gehört. Ein bekannter Mann mit viel Einfluß und Geld. Und mit schönen Frauen, so wie Sie. Und unsereins .? Wir müssen den ganzen Tag schuften und jedes Pfund zweimal umdrehen. Ich frage Sie, ist das gerecht? Ach, könnte ich doch nur mit einem wie Franklin tauschen!«
»Glauben Sie mir«, versicherte Nofretete ihm, »wenn Sie mehr darüber wüßten, wie er sich gerade fühlt, würden sich das nicht wünschen.«
»Ja ja«, meinte der Fahrer. »Ich weiß, was Sie meinen: Der Streß, die Verantwortung - und irgendwann stirbt man dann an einem Herzinfarkt.«
»So ähnlich.«
»Sie haben recht. Da lebt man als einfacher Taxifahrer doch gesünder. Und sicherer.«
Nicht unbedingt, dachte Nofretete.
Sie hatte schon lange kein Menschenblut mehr genossen. Die Verletzungen ihres Vampirkörpers hatten sie geschwächt. Es würde gut sein, sich vor dem Flug nach Südostasien noch einmal zu stärken.
Zumindest war der Nexius durch Daswadans und Devilles Vampirblut vorerst gesättigt. Doch Nofretete wußte, daß sein Hunger und seine Unkontrollierbarkeit bald wieder ansteigen würden. Und es war fraglich, wann sie den nächsten Vampir antreffen würde .
*
Die Adresse in Singapur erwies sich als Täuschung. Zwar gab es dort ein Sippenoberhaupt, aber von Landru wußte es wenig mehr als den Namen. Dafür handelte es sich, wie Nofretete bald herausfand, um einen Intimfeind von Deville.
Das Londoner Sippenoberhaupt hatte sie noch im Tod betrogen -und gleichzeitig den letzten Triumph ausgekostet, sich noch nach seinem eigenen Ableben eines alten Feindes zu entledigen. Denn natürlich verleibte sich der Nexius auch das Oberhaupt aus Singapur ein.
Doch so schnell gab Nofretete nicht auf. Ihr Plan, Landru zu finden, blieb bestehen.
In den nächsten Monaten reiste sie rund um die Welt, immer unter der Gefahr, ihre menschlichen Körperformen endgültig zu verlieren, falls der Nexius in ihr nicht genügend Nahrung fand. So war sie die meiste Zeit bemüht, weitere überlebende Vampire aufzuspüren -ein Umstand, der die Suche nach Landru weiter in die Länge zog.
In Washington fand sie schließlich eine heiße Spur: den Vampir, der Landru geholfen hatte, eine Tarnexistenz unter dem Namen Hector Landers aufzubauen. Er hatte sich beim CIA eingeschlichen und war für Landru bei der Beschaffung von gefälschten Unterlagen, Pässen und Kreditkarten von großem Nutzen gewesen. Die Kreditkarten waren es auch, die sie schließlich auf Landrus Fährte brachten. Er hatte sie benutzt, in der Poststelle eines kleinen Bergdorfes namens Froscane zwanzig Kilometer nordöstlich von Rom. Und seitdem hatte es keine weiteren Abhebungen gegeben.
Nofretete verleibte sich auch den CIA-Vampir ein und ließ ihn als ungeklärten Mordfall für seine Kollegen zurück, ehe sie einen Platz für den nächsten Interkontinentalflug nach Rom buchte, der jedoch erst am Morgen stattfand. So mußte sie Stunden in einem Warteraum zubringen.
Die Untätigkeit zerrte an ihren Nerven. Sie spürte, wie die Gier des Nexius in ihr wuchs, ohne daß sie ihrem Ziel näher kam. Eine Weile überlegte sie, ob sie noch einmal in die Stadt gehen sollte, doch die Aussicht, binnen weniger Stunden dort noch einen lebenden Vampir zu finden, war gering.
So faßte sie sich notgedrungen in Geduld, ertrug die Wartezeit und versuchte nicht allzu sehr an die Schmerzen zu denken, sie peinigten. Das Blut eines Menschen, der sie - wie hatte er es genannt? - abschleppen wollte und der nun mit gebrochenem Genick in seinem Wagen in einer abgelegenen Seitenstraße lag, hatte ihrem Vampirkörper wieder etwas Kraft verliehen. Und davon benötigte sie jedes Quentchen, wenn sie es
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