Die Rueckkehr des Nexius
zu Staub zerfallene Körper seiner Artgenossen, als er durch das Gebäude streifte. Die meisten von ihnen konnte er kaum mehr identifizieren.
Er fand Deville in der Bibliothek, wo das Sippenoberhaupt über einen Schreibtisch gebeugt dasaß und ihm den Rücken zuwandte. Er bemerkte den Besucher erst, als dieser hinter ihm stand. Überrascht fuhr er herum.
»Daswadan, du?«
»Ja. Ich bin gerade aus Kairo zurückgekommen.«
Zu Daswadans Erstaunen streckte Deville abwehrend die Hände aus, als wolle er ihn zurückstoßen. »Mach, daß du von mir wegkommst! Du mußt von hier verschwinden, sonst bist auch du verloren!«
Daswadan machte keine Anstalten zu fliehen. »Was meinst du? Was ist hier geschehen?«
»Alle Brüder und Schwestern sind in einen Blutrausch verfallen«, sagte Deville düster. »Sie alle. Aber gleichgültig, wieviel Blut sie auch tranken, es sättigte sie nicht. Und dann begannen sie zu altern .«
»Unsere gesamte Sippe?«
Deville schüttelte bitter den Kopf. »Oh, Daswadan, du verstehst noch immer nicht. Nicht nur unsere Familie ist davon betroffen. Es erstreckt sich auf sämtliche Sippen - weltweit! Ich habe mit anderen Oberhäuptern gesprochen. Es ist überall dasselbe.«
»Aber das ist . ist .«
»Das Ende unserer Rasse. Zumindest das aller Kelchkinder. Wir Sippenoberhäupter sind aus irgendeinem Grund nicht betroffen. Denn wir sind es, die diesen Todeskeim verbreiten!« Deville sah Daswadan durchdringend an. »Verstehst du? Wir töten unsere Kinder! Allein unsere Nähe reicht aus, um jeden Vampir der eigenen Sippe zu infizieren. Und nun . nun habe ich auch dich infiziert, Daswadan. Auch dein Leben wird enden wie das der anderen. Dein Durst auf Menschenblut wird stärker und stärker werden, aber gleichgültig, wieviel du auch trinkst, du wirst ihn nicht stillen können.«
Daswadan stand angesichts dieses Todesurteils mit versteinerter Miene da. Er sagte kein Wort. Nur seine Wangenmuskeln mahlten.
»In Kairo war keiner der Vampire von etwas Ähnlichem betroffen«, sagte er schließlich in die lähmende Stille hinein.
»In Kairo gibt es kein Sippenoberhaupt mehr«, erklärte Deville. »Wie Landru erzählte, ist Barradur damals von Lilith umgebracht worden.«
»Falsch«, sagte Daswadan scharf. »Lilith Eden war nicht für die Toten in Kairo verantwortlich. Das weiß ich nun unzweifelhaft.«
»Aber wer war es dann?«
»Muß ich das wirklich noch sagen?« fragte Daswadan und sah Deville eindringlich an.
Das Sippenoberhaupt nickte. »Ja, sprich es aus. Ich will es hören.«
»Es war Nofretete. Es gibt keinen Zweifel. Auch in Kairo starben unsere Artgenossen auf dieselbe Art und Weise wie hier. Ich konnte sogar einen Blutsbruder ausfindig machen, der mit eigenen Augen mitangesehen hat, wie sich Nofretetes Arme in schwarze Tentakel verwandelten, mit denen sie einen der unseren umbrachte. Es scheint, als hätte sich ein Teil des Nexius mit ihr verbunden und würde in ihr weiterleben. Einer der Vampire, die ich gesprochen habe, war zusammen mit Landru und Barradur bei dem Bauwerk, in dem der Nexius gefangengehalten wurde. Die toten Vampire, die das Wesen dort hinterlassen hat, waren auf die gleiche Art und Weise mumifiziert wie diejenigen, welche wir hier in London fanden . Braucht es noch mehr Beweise?«
Deville schüttelte müde den Kopf. Es tat ihm weh zu hören, daß er sich so getäuscht hatte. Hätte er doch nur früher auf Daswadan gehört! Das hätte vielleicht einigen von Nofretetes Opfern die Existenz gerettet. Andererseits . für den Tod der anderen Sippen konnte selbst der Nexius nicht verantwortlich sein. Wahrscheinlich wären sie ohnehin gestorben .
»Du hast gute Arbeit geleistet, Daswadan«, sagte Deville mit schwerer Stimme. »Und du hast dich dem Tode ausgeliefert, indem du hierher zurückgekehrt bist.«
»Was geschehen ist, ist geschehen«, fügte Daswadan sich in das Unvermeidliche. »Mein Platz ist der an deiner Seite. Und den werde ich bis zum Ende hin einnehmen. Zuerst geht es aber darum, Nofre-tete zu strafen. Sie ist eine Verräterin an der eigenen Rasse - ein Monstrum in Vampirgestalt.«
»Das mag sein«, sagte Deville. »Aber es ist bedeutungslos geworden.«
»Warum? Ist Nofretete ebenfalls dem Blutrausch verfallen und verdurstet?«
»Nein, sie blieb davon ebenso unberührt wie ich.«
»Dann müssen wir sie töten!«
»Wozu die Mühe? Sieh dich doch um, Daswadan! Diejenigen von uns, die Nofretete ermordet hat, wären später ohnehin gestorben. Vielleicht
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