Die Rückkehr des Poeten
Kameras. Sie war dicht unterhalb der Decke montiert. Ein Objektiv war auf die Registrierkasse gerichtet, das andere auf den ganzen Laden. Ein rotes Lämpchen leuchtete, und ich sah ein dünnes schwarzes Kabel, das sich vom Kameragehäuse in die abgehängte Decke hinaufschlängelte. Während Thomas meine Frage beantwortete, überlegte ich, ob Backus möglicherweise in der Buchhandlung gewesen und auf einem Überwachungsvideo festgehalten worden war.
»Eigentlich nicht«, sagte Thomas. »Irgendwie habe ich damit abgeschlossen. Du sagst ja, dass dir der Job fehlt, Harry, aber mir fehlt er nicht. Überhaupt nicht.«
Ich nickte, als verstünde ich, aber ich verstand ihn nicht. Thomas war ein guter Cop und ein guter Detective gewesen. Er hatte sich die Arbeit zu Herzen genommen. Das war ein Grund gewesen, warum ihn der Poet aufs Korn genommen hatte. Meiner Meinung nach war es nur ein Lippenbekenntnis und nichts, wohinter er wirklich stand.
»Das ist gut«, sagte ich. »Ach, hast du zufällig den Jungen, den du heute morgen rausgeworfen hast, auf deinem Überwachungsvideo? Würde mich mal interessieren, wie er dich zu beklauen versucht hat.«
»Nein, ich habe nur Echtzeitaufnahmen. Die Kameras sind deutlich zu sehen, und ich habe auch ein Hinweisschild an der Tür, sodass man meinen möchte, das wäre Abschreckung genug, aber manche Leute sind einfach dumm. Eine Anlage mit Aufnahmegerät wäre zu teuer und sehr aufwändig in der Wartung. Deshalb habe ich nur die Echtzeitaufnahmen.«
»Verstehe.«
»Übrigens, falls Kiz das Buch schon hat, nehme ich es zurück. Ich kann es wieder verkaufen.«
»Nein, das ist zwar sehr nett, aber falls sie es wirklich schon hat, behalte ich es und lese es selbst.«
»Harry, wann hast du zum letzten Mal ein Buch gelesen?«
»Vor ein paar Monaten habe ich ein Buch über Art Pepper gelesen«, sagte ich ungehalten. »Er und seine Frau haben es geschrieben, bevor er starb.«
»Ein Sachbuch?«
»Ja, über Dinge, die wirklich passiert sind.«
»Ich meine einen Roman. Wann hast du das letzte Mal einen Roman gelesen?«
Ich zuckte die Achseln. Ich konnte mich nicht erinnern.
»Hab ich mir doch gedacht«, sagte Thomas. »Wenn sie das Buch nicht will, bring es zurück, und ich lasse es jemandem zukommen, der es liest.«
»Okay, Ed. Danke.«
»Und pass gut auf dich auf, Harry.«
»Mach ich. Du auch.«
Ich war bereits auf dem Weg zur Tür, als sich alles zusammenfügte – was Thomas mir gesagt hatte und was ich über den Fall wusste. Ich schnippte mit den Fingern und tat so, als fiele mir gerade etwas ein. Ich drehte mich zu Thomas um.
»Ach, übrigens, ich habe einen Freund, der in Nevada lebt, aber er sagt, er wäre bei dir Kunde. Wahrscheinlich per Postversand. Machst du Postversand?«
»Klar. Wie heißt er?«
»Tom Walling. Wohnt oben in Clear.«
Thomas nickte, aber er machte dabei keinen erfreuten Eindruck.
»Ist er ein Freund von dir?«
Ich merkte, ich könnte einen Volltreffer gelandet haben.
»Na ja, eher eine Bekanntschaft, würde ich sagen.«
»Also, er schuldet mir Geld.«
»Tatsächlich? Was ist passiert?«
»Das ist eine lange Geschichte. Jedenfalls habe ich ihm ein paar Bücher aus einer Bibliotheksauflösung verkauft, und er hat prompt bezahlt. Per Zahlungsanweisung, ohne irgendwelche Probleme. Als er deshalb mehr Bücher wollte, schickte ich sie ihm, bevor ich das Geld bekommen hatte. Das hätte ich nicht tun sollen. Das war vor drei Monaten, und seitdem habe ich nicht einen Cent von ihm gesehen. Falls du deinen Bekannten mal wieder siehst, richte ihm aus, ich will mein Geld.«
»Mache ich, Ed. Ist ja wirklich ärgerlich. Ich wusste gar nicht, dass der Kerl ein Betrüger ist. Was hat er für Bücher gekauft?«
»Er steht auf Poe. Deshalb habe ich ihm ein paar Bücher aus der Rodway-Sammlung verkauft. Ein paar alte. Ziemlich gute Bücher. Als ich dann noch mal eine Sammlung reinbekam, hat er mehr bestellt. Für die hat er nicht bezahlt.«
Mein Puls schaltete einen Gang höher. Was Thomas mir erzählte, war die Bestätigung, dass Backus etwas im Schilde führte. Am liebsten hätte ich in diesem Moment mit dem ganzen Theater Schluss gemacht und Thomas erzählt, was Sache war und dass er in Gefahr schwebte. Aber ich tat es nicht. Zuerst musste ich mit Rachel sprechen und einen vernünftigen Plan entwerfen.
»Wenn ich mich nicht täusche, habe ich diese Bücher in seiner Wohnung gesehen«, sagte ich. »Waren es Gedichte?«
»Ja, hauptsächlich. Die
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