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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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geschwätziger Wirt sagte mir alles, was ich wissen wollte. Williamson ist ein Mann mit weißem Bart; er lebt all eine mit einem kleinen Stab Bediensteter in der Hall. Es geht ein Gerücht, daß er Geistlicher sei oder war; aber ein oder zwei Vorfalle während seines kurzen Aufenthalts in der Hall kamen mir merkwürdig unklerikal vor. Ich habe bereits einige Erkundigungen bei einer kirchlichen Vertretung eingezogen, wo man mir sagte, es habe einmal einen Priester dieses Namens gegeben, dessen Karriere eine besonders finstere gewesen sei. Der Wirt teilte mir des weiteren mit, daß gewöhnlich Wochenendbesucher – ›ein lebhafter Haufen, Sir‹ – in der Hall weilten, besonders ein Gentleman mit rotem Schnauzbart namens Woodley, der ständig dort sei. So weit waren wir gediehen, als – ja wer? – eben dieser Gentleman hereinspaziert kam; er hatte im Schankraum nebenan sein Bier getrunken und die ganze Unterhaltung mitangehört. Wer ich sei? Was ich wolle? Was ich mit dieser Fragerei bezwecke? Seine Sprache floß üppig dahin, und seine Adjektive waren recht kraftvoll. Er beendete seine Beschimpfungen mit einem tückischen Rückhandschlag, dem ich nicht ganz auszuweichen vermochte. Die nächsten Minuten waren köstlich: linke Gerade gegen dreschenden Rüpel. Sie sehen, wie ich daraus hervorgegangen bin. Mr. Woodley kam in einem Karren heim. So ging mein Landausflug zu Ende, und ich muß gestehen, daß mein Tag an der Grenze zu Surrey, so erfreulich er auch war, nicht viel mehr eingebracht hat als der Ihre.«
    Der Donnerstag brachte uns einen weiteren Brief unserer Klientin:
     
    Es wird Sie nicht überraschen, Mr. Holmes (schrieb sie), daß ich meine Stelle bei Mr. Carruthers kündige. Selbst die hohe Bezahlung kann mich nicht mit den Unannehmlichkeiten meiner Lage versöhnen. Am Samstag komme ich in die Stadt, und ich beabsichtige nicht, hierher zurückzukehren. Mr. Carruthers hat eine Kutsche bekommen, und somit haben die Gefahren der einsamen Straße, falls es denn je welche gegeben hat, nunmehr ein Ende.
    Was den speziellen Grund für meinen Fortgang von hier angeht, so ist es nicht nur die angespannte Situation mit Mr. Carruthers, sondern auch die Wiederkehr dieses widerwärtigen Woodley. Er war schon immer abscheulich, aber jetzt sieht er schrecklicher aus denn je; er scheint nämlich einen Unfall gehabt zu haben und ist ziemlich entstellt. Ich habe ihn vom Fenster aus gesehen, bin ihm aber zum Glück nicht begegnet. Er hatte ein langes Gespräch mit Mr. Carruthers, der danach einen sehr erregten Eindruck machte. Woodley muß irgendwo in der Nachbarschaft wohnen, denn er hat nicht hier geschlafen, und doch habe ich ihn heute morgen hier im Gebüsch herumschleichen sehen. Da wäre mir ein frei im Garten herumlaufendes wildes Raubtier noch lieber. Ich verabscheue und fürchte ihn mehr, als ich sagen kann. Wie
kann
Mr. Carruthers eine solche Kreatur nur eine Minute lang ertragen? Wie auch immer, am Samstag wird der ganze Ärger ein Ende haben.
     
    »Ich will’s hoffen, Watson, ich will’s hoffen«, sagte Holmes ernst. »Um diese kleine Frau spielen sich irgendwelche finstre Machenschaften ab, und es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, daß niemand sie auf dieser letzten Fahrt belästigt. Ich denke, Watson, wir müssen die Zeit aufbringen, am Samstagmorgen zusammen hinauszufahren und sicherzustellen, daß diese seltsame und erfolglose Untersuchung kein unglückliches Ende nimmt.«
    Ich gestehe, daß ich den Fall bis zu diesem Zeitpunkt nicht sonderlich ernst genommen hatte; er war mir eher grotesk und bizarr als gefährlich erschienen. Daß ein Mann einer sehr hübschen Frau auflauert und nachstellt, ist ja nicht gerade etwas Neues, und wenn er so wenig Kühnheit besaß, daß er sich nicht nur nicht traute, sie anzusprechen, sondern sogar vor ihrer Annäherung floh, war er kein sehr furchtbarer Gegner. Der Rüpel Woodley war zwar ein ganz anderer Mensch, aber er hatte, von jener einen Gelegenheit abgesehen, unsere Klientin nicht belästigt, und jetzt weilte er in Carruthers’ Haus, ohne sich ihr aufzudrängen. Der Mann auf dem Fahrrad gehörte zweifellos zu diesen Wochenendgästen in der Hall, von denen der Wirt gesprochen hatte; aber wer er war und was er wollte, lag noch immer im dunkeln. Es war Holmes’ ernstes Gebaren und der Revolver, den er sich in die Tasche steckte, bevor wir das Haus verließen, die mir das Gefühl vermittelten, daß am Ende dieser merkwürdigen Kette von Ereignissen etwas

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