Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
grüne Tür schwang auf, und drinnen sah ich eine Anzahl von Papierpaketen, die alle zusammengebunden, versiegelt und beschriftet waren. Holmes holte eins heraus, doch konnte man bei dem flackernden Kaminfeuer kaum etwas lesen, und er zog seine kleine Blendlaterne hervor, denn da Milverton im Nebenzimmer schlief, war es zu gefährlich, das elektrische Licht einzuschalten. Plötzlich sah ich ihn stutzen, gespannt lauschen, und dann hatte er im Nu die Safetür zugelehnt, seinen Mantel gegriffen, seine Instrumente in die Tasche gestopft und war hinter den Vorhang gehuscht, wobei er mir bedeutete, dasselbe zu tun.
    Erst als ich ihm gefolgt war, hörte ich, was seine feineren Ohren alarmiert hatte. Irgendwo im Haus war ein Geräusch entstanden. In der Ferne schlug eine Tür zu. Und dann löste sich das undeutliche, dumpfe Geräusch in das gleichmäßige Tappen schwerer Schritte auf, die schnell näherkamen. Nun kamen sie in den Gang vor dem Zimmer. An der Tür hielten sie ein. Die Tür ging auf. Es knackte hell, als das elektrische Licht eingeschaltet wurde. Die Tür schloß sich wieder, und uns drang der beißende Gestank einer starken Zigarre in die Nasen. Dann gingen die Schritte immer wieder vor und zurück, vor und zurück, nur ein paar Yards von uns entfernt. Schließlich quietschte ein Stuhl, und die Schritte hörten auf. Dann schnappte ein Schlüssel in einem Schloß, und ich hörte Papierrascheln. Bis dahin hatte ich noch nicht gewagt hinauszusehen, aber jetzt teilte ich vorsichtig den Vorhang vor mir und spähte hindurch. Holmes drückte seine Schulter an meine, und ich wußte, daß er meine Beobachtungen teilte. Direkt vor uns, beinahe in Reichweite war der breite, runde Rücken Milvertons. Es war offensichtlich, daß wir seine Aktivitäten vollkommen falsch eingeschätzt hatten, daß er noch gar nicht in seinem Schlafzimmer gewesen war, sondern in irgendeinem Rauch-oder Billardzimmer im hinteren Flügel des Hauses, dessen Fenster wir nicht gesehen hatten, gesessen hatte. Sein dicker grauer Kopf mit der glänzenden Halbglatze bildete den unmittelbaren Vordergrund unseres Blickfeldes. Er hatte sich in seinem roten Lederstuhl weit zurückgelehnt, die Beine ausgestreckt, und aus seinem Mund ragte schräg eine lange schwarze Zigarre. Er trug einen halb militärischen weinroten Hausrock mit schwarzem Samtkragen. In seiner Hand hielt er ein langes juristisches Dokument, in dem er träge herumlas, wobei er mit gespitzten Lippen Rauchringe von sich blies. Seine Gelassenheit und behagliche Haltung ließen nicht erwarten, daß er so bald wieder ginge.
    Ich spürte, wie Holmes’ Hand sich in meine stahl und sie beruhigend schüttelte, als wollte er mir sagen, er habe die Situation im Griff und sei innerlich ganz ruhig. Ich war nicht sicher, ob er bemerkt hatte, was aus meiner Lage nur zu offensichtlich war – daß nämlich die Tür des Safes nicht ganz zu war und daß Milverton dessen jeden Moment gewahr werden konnte. Ich selbst hatte den Entschluß gefaßt, daß ich, wenn ich aufgrund der Starrheit seines Blicks sicher sein konnte, daß es ihm aufgefallen war, sofort herausspringen, meinen Mantel über seinen Kopf werfen, ihn fesseln und den Rest Holmes überlassen würde. Aber Milverton sah nie auf. Er blätterte gleichgültig in seinen Papieren und wendete Seite um Seite, indem er der Argumentation des Anwalts folgte. Zumindest wird er, dachte ich, wenn er den Text und seine Zigarre beendet hat, in sein Zimmer gehen; doch ehe er ans Ende des einen oder anderen gekommen war, trat eine bemerkenswerte Entwicklung ein, welche unsere Gedanken in ganz andere Bahnen lenkte.
    Ich hatte Milverton mehrere Male auf seine Uhr blicken sehen, und einmal war er aufgestanden und hatte sich mit einer Gebärde der Ungeduld wieder gesetzt, Die Vorstellung, daß er zu so seltsamer Stunde eine Verabredung haben könnte, kam mir jedoch erst, als von der Veranda draußen ein schwaches Geräusch an meine Ohren drang. Milverton ließ seine Papiere sinken und saß starr in seinem Stuhl. Das Geräusch wiederholte sich, und dann klopfte es leise an die Tür. Milverton erhob sich und machte auf.
    »Nun«, sagte er barsch, »Sie kommen fast eine halbe Stunde zu spät.«
    Das also war die Erklärung für die unverschlossene Tür und Milvertons nächtliche Wache. Wir hörten das leise Rascheln eines Frauenkleides. Als Milvertons Gesicht sich in unsere Richtung gewendet hatte, hatte ich den Schlitz im Vorhang zugemacht, aber jetzt wagte ich es, ihn

Weitere Kostenlose Bücher