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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sie die Polizei erwarten. Wollen wir wetten, daß sie Zimtschnek-ken gebacken hat?«
    Er lächelte und stieg aus.
    Giuseppe stellte Stefan Hanna Tunberg vor. Er hatte Schwierigkeiten, ihr Alter zu bestimmen. Vielleicht war sie sechzig, vielleicht auch nur gut fünfzig.
    »Ich habe Kaffee gedeckt«, sagte sie. »Mein Mann ist draußen.«
    »Doch nicht etwa, weil wir kommen«, sagte Giuseppe.
    »Er ist ein bißchen eigen. Das mit Polizisten, das mag er nicht so. Obwohl er ein anständiger Kerl ist.«
    »Ganz bestimmt«, sagte Giuseppe. »Wollen wir reingehen?«
    Im Innern des Hauses roch es nach Zigarettenqualm, Hund und Preiselbeeren. Im Wohnzimmer hingen Elchschaufeln, Wandteppiche und ein paar Bilder mit Waldmotiven. Hanna Tunberg schob eine Strickarbeit zur Seite, steckte sich eine Zigarette an, machte einen Lungenzug und hustete. Es schepperte in ihren Lungen. Stefan sah, daß ihre Fingerspitzen gelb waren. Sie hatte Kaffee geholt und eingegossen. Mitten auf dem Tisch stand eine Schale mit Zimtschnecken.
    »Jetzt unterhalten wir uns mal ganz in Ruhe«, sagte Giuseppe. »Sie haben gesagt, Sie hätten nachgedacht und wollten noch etwas erzählen.«
    »Ich weiß natürlich nicht, ob es wichtig ist oder nicht.«
    »Das kann man vorher nie wissen. Wir hören.«
    »Es ist wegen dieser Frau, die immer Herbert Molin besucht hat.«
    »Sie meinen Elsa Berggren?«
    »Es ist ein paarmal vorgekommen, daß sie da war, wenn ich zum Saubermachen hinkam. Sie ist dann immer gegangen. Ich fand, sie war komisch.«
    »Inwiefern komisch?«
    »Unhöflich. Ich mag es nicht, wenn Leute sich wichtig tun. Herbert Molin ist genauso gewesen.«
    »Hat sie etwas gesagt? Weshalb meinen Sie, daß sie unhöflich war?«
    »Es war nur ein Gefühl, das ich hatte. Daß Sie auf mich heruntergesehen hat.«
    »Weil Sie saubergemacht haben?«
    »Ja.«
    Giuseppe nickte. »Die Zimtschnecken sind lecker«, sagte er. »Erzählen Sie weiter.«
    Hanna Tunberg nahm einen neuen Zug und merkte nicht, daß Asche auf ihren Rock fiel. »Es war im letzten Frühjahr«, fuhr sie fort. »Irgendwann Ende April. Ich bin zu Molins Haus gekommen, um sauberzumachen. Aber er war nicht da. Ich fand das eigenartig, weil wir die Zeit abgesprochen hatten.«
    Giuseppe hob die Hand und unterbrach sie. »Hatten Sie jedesmal, wenn Sie kamen, die Zeit verabredet?«
    »Immer. Er wollte es wissen.«
    Giuseppe nickte ihr zu, weiterzusprechen.
    »Er war nicht da. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich war sicher, daß ich mich nicht im Tag oder in der Zeit geirrt hatte. Ich habe es immer aufgeschrieben, wenn wir uns verabredet hatten.«
    »Und was war dann?«
    »Ich wartete, aber er kam nicht. Ich stellte mich auf einen Tretschlitten, so daß ich durch ein Fenster schauen konnte. Ich dachte, er sei vielleicht krank. Aber das Haus war leer. Da fiel mir Abraham Andersson ein. Ich wußte, daß sie Kontakt hatten.«
    Giuseppes Hand ging wieder in die Höhe. »Woher wußten Sie das?«
    »Herbert Molin hatte es einmal gesagt. Ich kenne hier niemanden außer Elsa, hat er gesagt, und Abraham.«
    »Und was passierte?«
    »Ich dachte, daß ich dorthin fahren sollte. Ich wußte ja, wo er wohnte. Mein Mann hatte ihm einmal einen Bogen gemacht. Er ist jemand, der alles kann, mein Mann. Ich bin also dahin gefahren und habe geklopft. Es dauerte ziemlich lange, bis Abraham aufmachte.«
    Sie hatte die Zigarette ausgedrückt und sofort eine neue angezündet. Stefan wurde von dem ganzen Rauch übel.
    »Es war am Nachmittag«, fuhr sie fort. »Vielleicht drei Uhr. Er war noch nicht angezogen.«
    »War er nackt?« fragte Giuseppe verwundert.
    »Ich habe gesagt, er war nicht angezogen. Nicht daß er nackt gewesen ist. Wäre er nackt gewesen, hätte ich das gesagt. Soll ich erzählen, oder wollen Sie mich die ganze Zeit unterbrechen?«
    »Ich nehme noch eine Zimtschnecke und halte den Mund«, sagte Giuseppe. »Also, machen Sie weiter.«
    »Er hatte Hosen an, aber kein Hemd, und er war barfuß. Ich fragte, ob er wüßte, wo Herbert wäre. Er wußte es nicht. Dann machte er die Tür zu. Er wollte mich nicht reinlassen. Ich begriff natürlich, warum.«
    »War er nicht allein?«
    »Genau.«
    »Woher konnten Sie das wissen? Haben Sie jemanden gesehen?«
    »Nein, da nicht. Ich hatte es trotzdem begriffen. Ich ging zum Wagen zurück. Ich hatte ein Stück von der Einfahrt entfernt geparkt. Gerade als ich fahren wollte, sah ich, daß ein Auto hinter der Garage stand. Ich hatte sofort das Gefühl, daß es nicht

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