Die Rückkehr des Tanzlehrers
wir es auch nicht. Wenn Sie schweigen wollen, ist es gut, wenn Sie reden wollen, ist es auch gut.«
Stefan fiel plötzlich ein, wie er das Gespräch auf Elsa Berg-gren lenken konnte. »Wenn man hier in der Gegend ein Haus kaufen wollte, so eines wie das Nachbarhaus, was würde das kosten?«
»Elsas Haus? In dieser Gegend sind Häuser billig. Ich lese manchmal die Immobilienseiten. Nicht in den Zeitungen, im Internet. Ich habe gedacht, es wäre doch gelacht, wenn ich nicht lernen sollte, damit umzugehen. Es ist zwar nicht so schnell gegangen, aber Zeit habe ich ja genug. Ich habe eine Tochter in Gävle, die bei der Gemeinde arbeitet. Sie ist mit einem Computer hergekommen und hat es mir beigebracht. Jetzt chatte ich mit einem Alten, der sechsundneunzig ist. Er heißt Jim, wohnt in Kanada und hat auch im Wald gearbeitet. Das ist alles da in diesem Computer. Wir sind gerade dabei, einen Chatroom aufzumachen, in dem alte Holzfäller miteinander quatschen können. Was sind denn Ihre Lieblingsseiten im Web?«
»Ich weiß überhaupt nichts darüber. Ich habe nicht mal einen Computer.«
Der Mann auf der anderen Seite des Tisches sah plötzlich bedrückt aus. »Den sollten Sie sich aber anschaffen. Besonders wenn Sie krank sind. Es gibt viele Leute da draußen in der Welt, die Krebs haben. Das habe ich gesehen. Ich habe einmal nach Knochenkrebs gesucht, was das Schlimmste ist, was ich mir vorstellen kann. Ich habe zweihundertfünfzigtausend Treffer bekommen.«
Er unterbrach sich. »Ich sollte nicht über Krebs sprechen.«
»Das macht nichts. Außerdem habe ich keinen Knochenkrebs. Zumindest weiß ich nichts davon.«
»Ja, ich habe nicht daran gedacht.«
Stefan kehrte zur Frage nach den Hauspreisen zurück. »Ein Haus wie das von Elsa, was würde das kosten?«
»So um die dreihunderttausend. Kaum mehr. Aber ich glaube nicht, daß Elsa daran denkt, zu verkaufen.«
»Wohnt sie allein?«
»Sie war nie verheiratet. Sie kann manchmal ein bißchen
spitz sein. Nachdem meine Frau gestorben war, habe ich manchmal daran gedacht, daß ich vielleicht versuchen sollte, es auf Elsa anzulegen. Aber sie wollte nicht.«
»Wie alt ist sie denn?«
»Dreiundsiebzig, glaube ich.«
Also ungefähr so alt wie Herbert Molin, dachte Stefan.
»Hat sie immer hier gewohnt?«
»Als wir anfingen zu bauen, ist sie schon dagewesen. Das war Ende der fünfziger Jahre. Also hat sie ihr Haus seit mindestens vierzig Jahren.«
»Und was hat sie gearbeitet?«
»Sie behauptet, daß sie Lehrerin gewesen ist, bevor sie hierhergezogen ist. Aber darüber habe ich so meine eigenen Gedanken.«
»Warum?«
»Wer geht denn mit Anfang Dreißig in Pension, wenn ihm nichts fehlt?«
»Von irgend etwas muß sie aber doch gelebt haben.«
»Sie hat damals von ihren Eltern geerbt, als sie hergezogen ist. Sagt sie.«
Stefan versuchte nachzudenken. »Sie ist also nicht hier geboren? Sie ist von woanders hergekommen?«
»Ich glaube aus Schonen. Eslöv? Liegt das da unten am Ende von Schweden?«
»Ja, das stimmt. Und von dort ist sie hierhergezogen. Warum gerade hierher? Hatte sie hier Verwandte?«
Björn Wigren betrachtete ihn amüsiert. »Sie reden wie ein Polizist. Man könnte fast glauben, daß dies ein Verhör ist.«
»Ich bin genauso neugierig wie alle anderen. Man fragt sich doch, warum jemand von Schonen hier heraufzieht. Wenn er nicht heiraten will oder seinen Traumjob gefunden hat«, erwiderte Stefan und sah ein, daß er eine große Dummheit beging, indem er nicht ehrlich sagte, was los war.
»Das haben meine Frau und ich uns damals auch überlegt. Aber man fragt ja nicht unnötig. Elsa war nett und hilfsbereit. Sie hat hin und wieder für meine Frau auf die Kinder aufgepaßt. Doch warum sie hergekommen ist, weiß ich nicht. Sie hat hier keine Verwandten.«
Björn Wigren verstummte abrupt. Stefan wartete. Er ahnte daß eine Fortsetzung folgen würde.
»Es ist schon komisch«, bemerkte Wigren, als er das Schweigen brach. »Ich bin jetzt seit vierzig Jahren Elsas Nachbar, eine ganze Generation, und ich weiß nicht, warum sie das Haus hier in Ulvkälla gekauft hat. Und noch etwas ist eigenartig.«
»Was denn?«
»In diesen ganzen Jahren habe ich nicht einmal meinen Fuß in ihr Haus gesetzt. Ebensowenig meine Frau. Oder die Kinder. Ich kenne niemanden, der jemals bei ihr im Haus gewesen wäre. Und wenn das nicht sonderbar ist, dann weiß ich es auch nicht.«
Stefan nickte langsam. Es gibt in Elsa Berggrens Leben etwas, was an Herbert Molin
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