Die Rückkehr des Tanzlehrers
die er am Ortseingang gesehen hatte. Er lag unbeweglich. Das einzige, was er tun konnte, war, sich auf den Schmerz zu konzentrieren. Um neun Uhr stand er auf, zog sich mit Mühe an und ging die Treppe hinunter. Das Mädchen in der Rezeption grüßte. Er legte den Schlüssel auf den Tresen und nickte.
In der Apotheke bekam er seine Tabletten und nahm die erste Dosis schon dort. Dann kehrte er ins Hotel zurück. Das Mädchen gab ihm seinen Schlüssel.
»Geht es Ihnen nicht gut?« fragte sie.
»Nein«, antwortete er. »Ich habe starke Schmerzen. Aber das wird vorbeigehen.«
»Sie haben nicht gefrühstückt. Wollen Sie etwas auf Ihr Zimmer gebracht bekommen?«
»Nur Kaffee. Und ein paar zusätzliche Kissen.«
Er wartete, bis sie mit einem Tablett und den Kissen hereingekommen war.
»Rufen Sie an, wenn Sie etwas brauchen.«
»Gestern waren Sie traurig«, meinte er. »Ich hoffe, daß es Ihnen jetzt bessergeht.«
Sie schien über seine Bemerkung nicht verwundert zu sein. »Ja, ich habe gemerkt, daß Sie dort in der Tür standen«, sagte sie. »Es war nur eine vorübergehende Schwäche, sonst nichts.«
Sie verließ das Zimmer. Stefan legte sich aufs Bett und fragte sich, was eine »vorübergehende Schwäche« bedeutete. Er mußte auch daran denken, daß er nicht wußte, wie sie hieß. Er nahm noch eine Tablette.
Nach einer Weile begannen die Schmerzen nachzulassen. Er las auf der Schachtel, was sie ihm verschrieben hatte. »Do-leron«. Die Verpackung hatte ein rotes Warndreieck. Er spürte, daß er schläfrig wurde. Aber er dachte auch, daß es kaum eine größere Freude im Leben gab, als wenn ein starker Schmerz nachließ.
Er nickte ein und träumte wieder von der Meute wilder Hunde. Erst gegen nachmittag bemerkte er, daß die Schmerzen ganz verschwunden waren. Nicht nur gedämpft durch die Tabletten. Obwohl er den ganzen Tag lang nichts gegessen hatte, fühlte er sich nicht hungrig. Kurz nach vier klingelte sein Handy. Es war Erik Johansson.
»Wie ist es gelaufen?« fragte Stefan.
»Was?«
»Beim Pokern in Funäsdalen.«
Erik Johansson lachte. »Ich habe neunzehn Kronen gewonnen. In vier Stunden. Aber ich dachte, du wolltest von dir hören lassen.«
»Ich bin krank.«
»Ernsthaft?«
»Nur leichte Schmerzen. Ich habe Elsa Berggren getroffen.«
»Und hatte sie dir etwas zu erzählen?«
»Eigentlich nicht. Aber sie hat behauptet, Herbert Molin schon seit langem zu kennen.«
»Hat sie irgendwelche Ideen, warum er ermordet worden ist?«
»Für sie ist es völlig unbegreiflich.«
»Das habe ich mir gedacht. Kommst du morgen vorbei? Ich habe vergessen zu fragen, wie lange du bleibst.«
»Ich fahre morgen. Aber ich komme.«
»Gegen neun würde mir gut passen.«
Stefan schaltete sein Handy aus.
Er zog sich an und ging hinunter in die Rezeption. Legte den
Schlüssel auf den Tresen und öffnete die Hoteltür. Der Schnee war verschwunden. Er machte einen Spaziergang durch die Ortschaft. Ging in Agardhs Farbenhandel und kaufte EinmalRasierer.
Am Abend zuvor hatte er sich vorgenommen, einen Besuch bei Abraham Andersson zu machen. Jetzt fragte er sich, ob er dem gewachsen wäre. Es war dunkel. Ob er hinfinden würde? Aber Abraham hatte gesagt, daß es einen Wegweiser nach Dunkärret gab. Er ging zurück zum Hotel und setzte sich in den Wagen. Ich fahre, dachte er. Morgen früh schaue ich kurz bei Erik Johansson vorbei. Anschließend fahre ich nach Öster-sund und rede mit Giuseppe Larsson. Dann mache ich mich auf den Weg nach Hause. In der Nacht bin ich wieder in Boras.
Bevor er Sveg verließ, hielt er an einer Tankstelle und tankte. Als er bezahlen wollte, sah er ein Gestell mit Taschenlampen neben der Kasse. Er kaufte eine und legte sie ins Handschuhfach.
Dann fuhr er in Richtung Linsell. Seine Aufmerksamkeit war die ganze Zeit darauf gerichtet, ob die Schmerzen wiederkamen. Aber im Moment ließen sie ihn in Ruhe. Er fuhr langsam und hielt nach Anzeichen von Tieren an den Straßenrändern Ausschau. Als er die Abzweigung zu Herbert Molins Haus erreichte, verringerte er die Geschwindigkeit noch mehr. Einen kurzen Augenblick überlegte er, ob er hineinfahren sollte. Aber er hatte dort nichts zu tun. Er fuhr weiter und fragte sich, was für Pläne Veronica Molin und ihr Bruder mit dem Haus haben mochten. Wer würde ein Haus kaufen wollen, in dem ein Mann brutal getötet worden war? Der Mord würde in der Gegend noch lange lebendig bleiben.
Er fuhr an Dravagen vorüber und von dort in Richtung Glöte. Dann
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