Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
Augenblick trennten Covenant und Jeremiah sich. Ihr Sohn kam näher und blieb kaum eine Armlänge von ihr entfernt stehen. Sein Lächeln mochte beruhigend gemeint sein, aber das hektische Zucken in seinem Augenwinkel erweckte den Eindruck, als sei er fieberhaft aufgeregt oder ängstlich. Sein schlammiger Blick schien im Wind undeutlich zu werden, irgendwie an Definition zu verlieren, als die Luft an ihm vorüberpfiff.
Gleichzeitig stellte Covenant sich Linden und Jeremiah zugewandt direkt hinter Linden. Wie ihr Sohn hätte er nur den Arm auszustrecken brauchen, um sie berühren zu können.
Ich kann es nicht schaffen ...
Jeremiah sah an ihr vorbei zu Covenant hinüber und quittierte mit einem Nicken, was er sah. Sein Lächeln verschwand schlagartig, wurde durch einen Ausdruck höchster Konzentration ersetzt. Sein Mund bewegte sich, als spreche er, obwohl er keinen Laut von sich gab. Covenant und er blieben noch immer gegenüber Lindens Gesundheitssinn abgeschottet. Die geballte Besorgtheit und Frustration ihrer Gefährten spürte sie deutlicher als die Gegenwart Covenants oder Jeremiahs. Nur gewöhnlicher Gesichtssinn bestätigte ihr, dass ihr Sohn und sein Gefährte tatsächlich in ihrer Nähe standen.
Ich kann es nicht ...
Die Meister zogen ihren Kordon enger, als wollten sie intervenieren, sobald sie irgendein Anzeichen von Lindens Macht erkannten ... oder falls ihre Freunde sich einzumischen versuchten. Langsam, wie aufeinander abgestimmt begannen Jeremiah und Covenant, die dabei die Finger spreizten, ihre Arme zu heben. Einen Augenblick lang schienen Jeremiahs Hände durch Lindens Schultern hindurch direkt auf Covenant zu zeigen. Aber ihre Arme hoben sich gemeinsam weiter, bis sie zuletzt einen Bogen über Lindens Kopf bildeten.
... die Gefahren, die für dich vorbereitet sind.
Ohne Vorwarnung sagte Anele plötzlich: »Ich habe gesagt, dass ich die Urbösen nicht länger fürchte! Hört denn niemand auf mich?«
Linden wurde auf etwas Schwarzes im Norden, stromaufwärts am Flussufer, am Rand ihres Gesichtsfelds aufmerksam. Sie wandte sich ihm instinktiv zu, blinzelte mit zusammengekniffenen Augen in den Wind. Dort war erstaunlich schnell ein geschlossener schwarzer Keil aus Urbösen erschienen. Sie hätten aus irgendeinem anderen Raum-Zeit-Kontinuum hierher versetzt worden sein können, aber Linden wusste, dass sie sich nur versteckt hatten, bis sie gesehen werden wollten. Ihr Lehrenkundiger schwang einen eisernen Herrscherstab, sein von Vitriol triefendes Zepter; die gesamte Formation schäumte von bitterer, korrosiver Macht. Und der Keil schien riesengroß zu sein ... Alle Urbösen, die Esmer und sie hierher mitgebracht hatten, mussten sich durch irgendeine neue Deutung ihres Wyrds vereint zusammengeschlossen haben. Unter ihnen blitzten viele Dutzend glühender Klingen auf: grausam wie Lava und ebenso tödlich.
Sie stürmten Hals über Kopf auf den Kordon aus Meistern zu. In wenigen Sekunden würden sie dicht genug heran sein, um angreifen zu können. Trotzdem war Linden sofort der Überzeugung, dieser Angriff richte sich nicht gegen die Haruchai. Handir und seine Blutsverwandten standen nur zufällig im Weg.
Die Keilspitze zielte genau auf sie ... oder auf Covenant und Jeremiah. Die Waffe des Lehrenkundigen spuckte scharf beißende Theurgie und Verderben, als die Wesen herangestürmt kamen. Sie hatten Handschellen hergestellt ...
Linden starrte sie zwei, drei Herzschläge lang vor Schock gelähmt an, bis ihr auffiel, dass keine Wegwahrer unter ihnen waren. Sie sah überhaupt nirgends einen Wegwahrer. Offenbar hatten die alten Diener des Landes es abgelehnt, sich an diesem Unternehmen ihrer schwarzen Verwandten zu beteiligen. Auch wenn sie nicht mit den Urbösen gemeinsame Sache machen wollten, hatten sie andererseits beschlossen, nicht zu intervenieren.
Was ging hier vor sich? Wenn ihre Handschellen für Covenant bestimmt waren, wenn die Urbösen vertrauenswürdig waren, dann war er es nicht. Wenn. Wenn. Wenn. Wenn ihr die Dämondim-Brut doch nur hätte sagen können, wie sie ihren Sohn erreichen konnte.
Liand und Bhapa schrien Warnungen. Jeremiah ließ sichtbar verzweifelt die Arme sinken. Hinter Lindens Rücken knurrte Covenant: »Hölle und Teufel! « Dann rief er den Meistern zu: » Haltet sie auf! Wir sind verraten worden!«
Die Haruchai hatten sich bereits herumgeworfen, um sich dem Keil entgegenzustellen. Auf Covenants Befehl hin setzten sie sich in Bewegung, um die Urbösen abzufangen. Sie
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