Die Rueckkehr
Müdigkeit langsam aber sicher Besitz von mir ergriff. Die Nacht war anstrengend gewesen.
Als Matt gegen acht Uhr nach Hause gekommen war, hatten Sam und ich noch immer auf der schäbigen Matratze in seinem Zimmer gesessen und geredet. Ich wusste nun, dass sie nach seiner Verwandlung Parkerville erst einmal verlassen hatten und bei David, Sams anderem Bruder, in Los Angeles untergetaucht waren. Doch lange hatten sie dort nicht bleiben können. David hatte einen ziemlich misstrauischen Mitbewohner.
Aus diesem Grund waren sie also bereits nach kurzer Zeit wieder zurückgekehrt und hatten eine ganze Weile im leerstehenden Haus von Xanders Familie gelebt, so lange bis Mrs. und Mr. Carter von ihrer Flucht vor Benjamin Butler nach Hause gekommen waren und ihren eigenen Sohn und Neffen vor die Tür gesetzt hatten. Sie waren so nah und doch so fern gewesen!
Und nun waren sie also in New York, hatten Matt kennengelernt und lebten in dieser ziemlich karg eingerichteten Bleibe.
Ich dachte unvermittelt an das wunderschöne alte Gehöft der Hudsons. Es war bis auf die Grundmauern abgebrannt. Schrecklich.
Was ich jedoch nicht aus Sam herausbekommen konnte, war, wohin er ab und zu verschwand.
Hatte er doch ein dunkles Geheimnis?
Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, fielen mir auch schon die Augen zu. Mein Kopf sackte nach hinten und wenige Augenblicke später schlief ich bereits tief und fest.
"Wenn du jetzt auch noch vorhast, deine Vorlesungen nicht mehr zu besuchen, solltest du das College vielleicht gleich abbrechen."
Ich erwachte schlagartig.
Vanessa stand mit verschränkten Armen vor meinem Bett und blitzte mich an.
Mein Blick fiel auf die kleine Uhr auf meinem Nachttisch. Es war kurz nach fünf.
"Ich… sag mal, geht dir gut?" Verschlafen setzte ich mich auf. Langsam wurde ich wütend."Pumpst dir hier auf wie ein Maikäfer! Du bist nicht meine Mutter."
"Aber vielleicht sollte ich mal mit ihr reden! Manfred bräuchte auch mal neues Futter. Aber es ist ja jetzt alles egal: Sam ist schließlich wieder da", ätzte sie.
Ich warf einen Blick auf den leuchtend roten Käfig, aus dem mich der pausbackige Hamster anklagend ansah.
"Ich habe ihm gestern Abend das letzte Mals was gegeben", murmelte ich schuldbewusst und stand auf.
"Brauchst du nicht, hab ich gemacht. Gern geschehen."
"Können wir… bitte reden. Ich verstehe nicht wirklich, was du gerade für einen Film fährst." Müde fuhr ich mir über die Augen. Ich war noch immer nicht ganz wach.
"Ach Lily, ich möchte doch nur nicht, dass… du noch mal so enttäuscht wirst." Seufzend ließ sie sich auf den leeren Stuhl neben meinem Bett fallen. Mit einem Mal wirkte sie gar nicht mehr wütend.
"Du warst so fertig, als Sam verschwunden ist. Ich verstehe das ja auch, aber wenn er wieder verschwinden sollte…"
"Er verschwindet nicht!", widersprach ich sofort, allerdings war ich mir dessen leider selber gar nicht so sicher.
Sie schüttelte den Kopf. "Er ist… anders. Xander hat es mir erzählt. Er taucht immer wieder ab. Vielleicht… tötet er Menschen!"
Wir hatten nicht darüber gesprochen, trotzdem spürte ich den Drang in mir, ihr erneut zu widersprechen.
"Ich möchte nur, dass du vorsichtig bist."
"Das bin ich. Ganz sicher." Ich beugte mich zu ihr hinunter, und wir umarmten uns fest. "Aber ich brauche dich dabei, Van. Ich kann es nicht ertragen, wenn wir streiten."
"Ich auch nicht."
"Alles wieder gut?"
Sie nickte.
"Dann lass uns jetzt was essen gehen, ich bin am Verhungern."
Es war spät, als wir endlich wieder den Campus erreichten. Ich hatte gar nicht so lange wegbleiben wollen. Doch dann hatten wir Philipp und ein paar andere Kommilitonen getroffen und mein schlechtes Gewissen hatte sich laut und vernehmlich gemeldet. Ich war es Vanessa einfach schuldig, mich auch nur einen Abend lang mal ganz normal zu benehmen. Sie sollte Spaß haben und so saßen wir eine gefühlte Ewigkeit in der neuen Kneipe an der Ecke und die Jungs bestellten eine Runde nach der anderen.
Unauffällig schielte ich immer wieder auf mein Handy. Doch das Display blieb leer.
Sam meldete sich nicht.
Ich spürte ein Gefühl der Enttäuschung in mir aufsteigen. Vermisste er mich denn gar nicht? Wo war er?
"Und dann hat Mr. Jackson seinen Globus genommen und laut und deutlich gesagt: 'Aber Mr. Franklin, Wien liegt in Österreich und nicht in Spanien'". Philipps lautes Lachen drang an mein Ohr. Er lief direkt neben mir und berührte beim Gehen immer wieder wie
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