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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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tauschte endlich die rote Bluse und den roten Rock, die sie schon den zweiten Tag trug, gegen Jeans und Pullover. Sie hatte Hunger, doch als sie den Kühlschrank öffnete, überkam sie die schiere Verzweiflung. Geordnete Leere im Nichts, pure japanische Ästhetik. Sie hatte keine Lust, sich erneut den Weihnachtshysterikern auszusetzen und kramte die Speisekarte eines nahen China-Imbisses aus einer Schublade. Telefonisch gab sie die Bestellung auf.
    Am Samstagabend war das Fernsehprogramm noch weniger zu ertragen als sonst. Die Hauptnachrichtensendungen waren längst vorüber, und auf allen Kanälen kamen entweder Talkshows oder Spielesendungen, bei denen man mit wenig Verstand viel Geld gewinnen konnte und die vermutlich deswegen so hohe Einschaltquoten hatten. Ein Spielfilm käme wohl erst nach Mitternacht und würde dann ständig durch Werbeblöcke unterbrochen werden. Pina reduzierte die Lautstärke und holte Zeichenpapier und Stifte. Doch sie war zu nervös und brachte einfach nicht die nötige Konzentration auf. Ihre Striche gefielen ihr nicht. Wieder griff sie zum Telefon, wieder vergebens. Was war mit Sedem passiert?
     
    *
     
    »Ich habe dich im Fernsehen gesehen, wie du mit einem anderen Mann gestritten hast. Man konnte aber nicht verstehen, um was es ging, Proteo. Du mußt lauter reden, wenn eine Kamera auf dich gerichtet ist«, sagte seine Mutter zur Begrüßung, als er kurz nach acht nach Hause kam.
    »Du?« fragte Laura, als sähe sie einen Außerirdischen. »Jetzt schon? Ich habe nicht damit gerechnet, dich vor Mitternacht zu sehen.«
    Wie die Hühner auf der Stange saß die weibliche Mehrheit der Familie auf dem Sofa und folgte gebannt den Fernsehnachrichten.
    Proteo hatte auf der Heimfahrt einen kurzen Abstecher nach Santa Croce gemacht, um im »Pettirosso« bei Emiliano noch ein Glas Wein zu trinken und durchzuatmen. Doch an Ruhe war selbst dort nicht zu denken. Seine Freunde aus dem Dorf, die einen halben Liter Weißwein nach dem anderen vernichteten, als gäbe es am nächsten Tag nichts mehr zu trinken, jubelten und applaudierten, als er eintrat. Alle wollten wissen, was genau passiert war. Aber Laurenti blieb zu ihrer Enttäuschung wortkarg, spendierte eine Karaffe Wein und verschwand bald wieder. Er konnte und wollte nicht reden. Er brauchte Stille, um darüber nachzudenken, was passiert war und wie es hatte geschehen können.
    Das einzige, das er in der Hand hatte, war eine Liste mit den Namen der Chauffeure und der anderen Personen, die sich während der Zeremonie um das Zelt herum aufgehalten hatten. Entdeckt wurde der Leichnam von einer älteren Frau, die nicht zu den geladenen Gästen gehörte und dem Festakt auf der Großleinwand folgte. Sie war in der Tat die einzige, die sich darüber wunderte, an einem Spätnachmittag im Dezember einen so kräftigen und gutgekleideten Mann wie Edvard auf dem Boden sitzen zu sehen, obwohl es bereits dunkel war. Ging es ihm nicht gut? Als sie ihn an der Schulter faßte, weil er auf ihre Worte nicht reagierte, kullerte er vor ihre Füße. Kein einziger Polizist hatte reagiert. Trostlos. Einige sagten zwar, daß sie Edvard gesehen, sich aber nichts dabei gedacht hätten. Als wäre es normal, daß ein Mann im feinen Anzug an einem Dezembernachmittag auf dem Boden sitzt und keinen Mucks macht.
    Laurenti hatte Alfieri angerufen, um die Kriminaltechniker anzufordern, doch er wurde zur Zentrale umgeleitet. So erfuhr er, daß sich der Forensiker vor genau einer halbenStunde in den Urlaub abgemeldet hatte. Doch die Männer in den fusselfreien weißen Overalls trafen rasch ein. Unter dem Kommando von Alfieris Stellvertreter erledigten sie routinemäßig ihre Pflicht. Aber was hätten sie finden sollen? Zu viele Menschen waren am Tatort herumgelaufen, als daß der geringste Hinweis zum Vorschein kommen konnte.
    Nachdem alle anderen sich erfolgreich verdrückt hatten, war Laurenti restlos bedient. Er rief seinen Kollegen von der Polizeidirektion Koper an, der am Tatort des Blutbades auf der Autobahn war und ihm die Lage schilderte. Pausin war entsetzt, Splittergranaten hatten die Insassen des Mercedes bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Die Männer im Begleitfahrzeug seien in Anbetracht der Geschwindigkeit glimpflich davongekommen, schwerverletzt zwar, aber außer Lebensgefahr. Andere Hinweise lagen noch nicht vor. Man befrage jetzt die Einwohner der anliegenden Gemeinden. Sie verabredeten sich für den Sonntag vormittag in Triest.
    Laurenti hatte die Nase voll. Ohne

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