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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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in den vergangenen Jahren die Probleme bei Großfusionen ins Auge gefallen. Wie konnten diese Manager eigentlich so felsenfest von grenzenlosem Wachstum überzeugt sein? Und wie sehr mußten sie sich überschätzen, wenn sie glaubten, auch noch die aufgeblähten Strukturen zu beherrschen, die sie mit dem Geld ihrer Gesellschafter schufen, wo doch bereits die vorhergehenden Unternehmen unter ihrer Ägide schon genug Probleme angehäuft hatten. Sedem setzte, im Gegensatz zu den meisten Anlegern, nach ausführlicher Analyse meist auf den Mißerfolg solcher Unternehmenszusammenführungen – und bekam oft recht. Die beiden letzten Jahre brachten ihm ordentlich Rendite. Und er hatte gegen den Dow Jones gewettet, der im laufenden Jahr schwer an Boden verlor. Nach Sedems Einschätzung war sein Einbruch absehbar, weil die amerikanische Wirtschaft zu sehr auf Illusionen und Verschuldung gebaut war und die Druckmaschinen ständig neue Dollars in den Markt pumpten, um die unvermeidbare Krise soweit wie möglich ans Ende der Amtszeit des Präsidenten zu schieben. Ein Glücksspiel!
    Aus den zweihunderttausend Euro, die Duke ihm zur Verfügung gestellt hatte, waren in weniger als achtzehn Monaten vierzehn Millionen geworden. Zweimal seine Glückszahl. Und wenn er um halb sechs Uhr morgens mit Duke zusammen frühstückte, legte er ihm manchmal den Auszug des Kontos vor, auf dem er das Budget konservativ angelegt hatte. Auf die Fragen seines Vaters, was er wirklich mit dem Geld machte, antwortete er jedoch nie. Vor allem hatte er sich rasch vom hausinternen Netzwerk abhängen lassen, als er dahinterkam, daß Duke seine Daten ausspionierte. Eine junge Firma aus Ljubljana übernahm die Neuinstallation seines eigenen Netzes, das Sedem ohne viel Aufhebens selbst finanzierte.
    »Übertragen Sie bitte vierhundertsiebzigtausend auf Sedem Seven Continents«, lautete seine Anweisung an seinen persönlichen Bankbetreuer, mit dem er zweimal täglich telefonierte. Dann unterbrach er ganz gegen seine Angewohnheit rasch das Gespräch, als er die Nummer auf dem Display seines Mobiltelefons erkannte. Diesen Anruf hatte er dringend erwartet.
     
    *
     
    »Sedem? Ich bin’s, Pina.« Sie hatte lange gezögert, ihren Retter anzurufen und sich bei ihm zu bedanken. Diese merkwürdige Begegnung hatte sie zutiefst verunsichert. Der junge Mann und seine weiche Stimme waren ihr sympathisch, und wie selbstverständlich und zuversichtlich er mit seiner Behinderung umging, fand sie beeindruckend.
    Sedem lachte fröhlich. »Was macht Ihr Fuß? Doktor Černik sagte mir, daß Sie Glück hatten und die Knochenhaut unverletzt ist. Und genäht hat er die Wunde sogar selbst. Sieben Stiche. Meine Glückszahl. Sehen Sie, wie gut das paßt? Jetzt müssen wir nur das Ergebnis des Tollwuttests abwarten.«
    »Es tut noch ordentlich weh«, sagte Pina. Sie staunte, daß der Arzt so freigiebig mit ihren Daten umgegangen war, aber andererseits verwunderte es auch nicht, wenn sich ihr Retter nach ihrem Befinden erkundigte. »Ich wollte mich nur bedanken, für Ihre Hilfe, für Ihre Freundlichkeit. Bitte sagen Sie auch Ihrem Vater …«
    »Ach was. Keine Ursache. Mich hat es gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Wenn auch unter zugegebenermaßen merkwürdigen Umständen: Ich im Damensattel, Sie mit blutender Ferse.« Sedem lachte. »Zwei, die nicht gehen können, sitzen wie im Märchen auf einer weißen Stute.«
    »Ja, das war wirklich komisch.« Die Stimme des jungen Mannes heiterte Pina auf.
    »Wann kommen Sie mich besuchen? So oft habe ich nicht Gesellschaft hier oben auf dem Hügel.«
    »Ich weiß noch nicht.« Pina druckste verlegen herum. Andererseits wollte sie ihr Rennrad wiederhaben, das noch auf dem Anwesen stand.
    »Kommen Sie zum Abendessen, ich lasse Sie abholen. Unsere Köchin wird einen köstlichen Braten mit Wildkräutern zubereiten. Sie ist zwar kein Genie, aber Schweinebraten im Holzofen kann sie besser als jeder Sternechef. So etwas haben Sie lange nicht mehr gegessen.« Sedems Stimme klang, als wäre er von seinem eigenen Einfall begeistert. »Wo soll ich den Fahrer hinschicken?«
    »Aber ich bin doch krankgeschrieben.« Ihre Worte klangen wenig überzeugend. Und der junge Mann am anderen Ende der Leitung ließ ihr keine Sekunde Zeit, weitere Ausflüchte zu finden. Hatte der Arzt nicht gesagt, daß er über einen noch festeren Willen verfügte als sein im Geschäftsleben äußerst erfolgreicher Vater? Andererseits hatte sie wirklich nichts Besseres zu tun. An

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