Die Ruhe Des Staerkeren
klingeln, bis die Ansage der Telefongesellschaft kam, daß der Teilnehmer nicht erreichbar war. Wo Pina bloß steckte?
»In einer Stunde sind wir auch mit denen durch«, sagte der Forensiker gelassen. »Eines nach dem anderen.«
»Und Waffen habt ihr nicht gefunden?«
»Du kriegst den Hals auch nie voll.« Alfieri schüttelte den Kopf und gähnte lange. »Ich bin schon seit sechs Uhr im Labor.« Er wollte die Arbeit so rasch wie möglich erledigen, damit er am Samstag nach dem Staatsakt, mit dem Ende seines Bereitschaftsdienstes, sofort seine Frau, die Skier und die gepackten Koffer abholen konnte, um in die Berge zu fahren.
»Nimm ein bißchen von dem Zeug da, wenn du dich schwach fühlst«, sagte Laurenti und klopfte ihm auf die Schulter.
»Die Inspektorin hat gestern eine abgeliefert.«
»Was abgeliefert?«
»Eine Handfeuerwaffe. Sie befindet sich im Moment in der Ballistik. Aber das hat damit wohl nichts zu tun.«
»Halt mich mit allem auf dem laufenden. Die Zeit drängt.«
»Bring mir bloß nicht noch mehr Arbeit, Laurenti«, sagte Alfieri und wandte sich wieder seinen Aufzeichnungen zu. »Ich fahr über Weihnachten nach Cortina.«
»Du schwimmst wohl im Geld. Nimm am besten den Stoff gleich mit. Dort oben hast du keine Absatzprobleme. Dann kannst du wenigstens den Aperitif bezahlen.«
Die Dezembersonne zeichnete harte Schatten auf den Asphalt, als Laurenti mit dem Mobiltelefon am Ohr auf den Corso Italia einbog und dabei mit seiner Assistentin telefonierte. Er warf einen Blick in den Rückspiegel und sah plötzlich Blaulicht hinter sich flackern. Er fuhr rechts ran, um einen Streifenwagen der Carabinieri vorbeizulassen, doch anstatt weiterzufahren, stellte dieser sich direkt vor ihn. Die beiden Beamten stiegen aus und gingen auf ihn zu.
»Marietta«, Laurenti dachte nicht im geringsten daran, seine Anweisungen zu unterbrechen, »ich möchte, daß das Gelände observiert wird, auf dem Manfredis Wohnwagensteht. Unmöglich, daß der Mann die zwei Kilo Kokain selbst finanziert hat. Irgend jemand wird das Zeug holen wollen. Die Kollegen sollen sich beeilen.«
»Der Typ ist heute auf der Titelseite der Tageszeitung.«
»Also Videoüberwachung und das ganze Brimborium. Schärfe ihnen ein, daß sie unsichtbar sein müssen. Sonst klappt das nicht. Und außerdem wirst du wieder einmal einen Strafzettel annullieren müssen.«
Der Carabiniere klopfte bereits ungeduldig an das Seitenfenster, bis Laurenti auflegte und die Scheibe herunterließ. Laurenti kannte ihn gut. Es war der Sizilianer, der seit zwanzig Jahren in Triest und Umgebung sein Unwesen trieb und immer so tat, als kennte er ihn nicht. Er war das Klischee der Carabinieri-Witze schlechthin und wurde von seinen Kollegen von der Polizia di Stato alles andere als ernst genommen. Vor allem machte er sich bei ihnen dadurch beliebt, daß er mindestens einmal die Woche direkt vor der Questura eine Verkehrskontrolle aufbaute und die Autofahrer in der Via del Teatro Romano stoppte, wobei er auch keine Ausnahme für die Kollegen der Polizei machte, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Manch einer soll ihm bereits Prügel angedroht haben.
»Maresciallo Saltamerenda, schon gefrühstückt«, sagte Laurenti. »Wie immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort.« Ohne die Aufforderung abzuwarten, zog Laurenti seine Dokumente hervor und reichte ihm den Dienstausweis sowie die Papiere seines Wagens, als dessen Halter das Innenministerium eingetragen war. »Aber beeilen Sie sich, ich bin im Dienst.«
»Sie wissen, weshalb ich Sie angehalten habe?« fragte Saltamerenda mit vorgerecktem Brustkorb und tat, als sähe er solche Dokumente zum ersten Mal. Seine Uniformjacke spannte an allen Knöpfen. »Telefonieren im Auto. Fünf Punkte Abzug. Fünfhundertvierundneunzig Euro Buße und bis zu drei Monate Führerscheinentzug.«
»Nur im Wiederholungsfall. Und für den Dienstführerschein gilt das sowieso nicht. Sagen Sie, Saltamerenda, wie lange kennen wir uns jetzt? Und Sie tun immer noch so, als hätten Sie eine Erscheinung.«
»Jedes Mal ist ein erstes Mal, Commissario«, sagte der Mann, als wäre er der unkorrumpierbare Teil seiner Truppe, aus deren Reihe man erst kürzlich drei seiner Kollegen verhaftet hatte, weil sie von Fernfahrern Geld gefordert hatten. Entweder sie zahlten, oder man nahm ihre Fahrzeuge bis auf die letzte Schraube auseinander.
»Also, machen Sie schon, ich muß dringend ins Präsidium.«
Er zog das Blaulicht heraus und stellte es auf das Dach
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