Die Ruinen von Gorlan
Jahres Horace allerdings auch dann nach unten, wenn Horace selbst den Oberkörper senkte. Das machte die Übung noch schwerer. Stöhnend beendete er die ersten paar Liegestützen und begann die nächsten.
»Hör auf zu jammern, Wickelkind!«, schrie Alda ihn an. Dann ging er zu Horaces Bett.
»Hast du das Bett heute Morgen überhaupt gemacht?« , schrie er. Horace, der gegen den Druck von Jeromes Fuß ankämpfte, konnte als Antwort lediglich grunzen.
»Was? Was?« Alda beugte sich vor, sodass sein Gesicht nur Zentimeter entfernt war. »Was war das, Wurm? Sprich lauter!«
»Ja … Sir«, keuchte Horace. Alda schüttelte übertrieben den Kopf.
»Nein, Sir, denke ich!«, sagte er und erhob sich wieder. »Sieh dir dieses Bett an. Es ist ein Saustall!«
Natürlich war die Decke dort, wo Horace gelegen hatte, etwas verknittert. Aber es hätte nur ein oder zwei Sekunden gedauert, sie geradezuziehen. Grinsend ging Bryn auf Aldas Plan ein. Er trat vor und stieß das Bett mit dem Fuß um, sodass Matratze, Decken und Kissen auf den Boden fielen. Alda machte mit und stieß die Decken quer durchs Zimmer.
»Mach dein Bett noch einmal!«, schrie er. Mit funkelnden Augen drehte er sich zum nächsten Bett in der Reihe und stieß es ebenfalls um. »Mach sie gleich alle noch einmal!« Bryn und er kippten alle zwanzig Betten um und verteilten Decken, Kissen und Matratzen im ganzen Raum. Horace, der sich immer noch mit den Liegestützen abmühte, biss die Zähne zusammen. Schweiß lief in seine Augen, brannte und ließ seine Sicht verschwimmen.
»Weinst du etwa, Wickelkind?«, hörte er Jerome schreien. »Geh doch nach Hause und wein dich bei Mami aus!«
Sein Fuß stieß heftig gegen Horaces Rücken.
»Das Wickelkind hat doch keine Mami«, sagte Alda. »Das Wickelkind ist eine Waisenbrut. Mami ist mit einem Seemann davongelaufen.«
Jerome beugte sich wieder zu ihm. »Stimmt das, Wickelkind?« , zischte er. »Ist Mami davongelaufen und hat dich verlassen?«
»Meine Mutter ist tot«, fuhr Horace sie an. Wütend wollte er sich erheben, doch Jerome stellte den Fuß in seinen Nacken und stieß sein Gesicht gegen die harten Dielenbretter. Horace gab den Widerstand auf.
»Wie traurig«, sagte Alda und die beiden anderen lachten. »Jetzt räum diesen Saustall hier auf, du Wurm, oder wir jagen dich noch einmal den Parcours entlang!«
Horace lag erschöpft da, während die drei älteren Jungen lachend den Saal verließen und beim Hinausgehen noch die Schränke umkippten und die Habseligkeiten seiner Zimmergenossen auf dem Boden verstreuten. Horace schloss die Augen, in denen Tränen brannten.
»Ich hasse diesen Ort«, sagte er mit dumpfer Stimme.
E s wird Zeit, dass du lernst, mit den Waffen umzugehen, die du benutzen wirst«, verkündete Walt.
Sie hatten bereits lange vor Sonnenaufgang gefrühstückt und Will war seinem Lehrmeister in den Wald gefolgt. Die erste halbe Stunde hatte der Waldläufer Will gezeigt, wie man unbemerkt von einem Schatten zum nächsten gelangte. Will wusste bereits einiges, doch er musste noch viel lernen, um das Können eines Waldläufers zu erreichen. Dennoch war Walt von seinen Fortschritten angetan. Der Junge war sehr lernbegierig – besonders wenn es um praktische Übungen wie diese ging.
Etwas anders verhielt es sich bei den weniger aufregenden Dingen wie Kartenlesen oder Zeichnen. Will neigte dazu, Einzelheiten, die er als unwichtig ansah, einfach auszulassen, bis Walt ihn mit einiger Schärfe darauf hinwies. »Du würdest diese Aufgaben sicher wesentlich ernster nehmen, wenn du vorhättest, eine Route für einen königlichen Reitertrupp zu planen. Da könnte es sich nämlich als äußerst ärgerlich erweisen, wenn du zu erwähnen vergisst, dass da ein Fluss den Weg versperrt.«
Jetzt hielten sie in einer Lichtung an und Walt legte ein langes Bündel, das er unter seinem Umhang verborgen getragen hatte, auf den Boden.
Will betrachtete es zweifelnd. Als Walt von Waffen sprach, hatte Will sich Schwerter, Kampfäxte und Streitkolben vorgestellt – die Waffen von Rittern. Es schien nicht so, als ob sie in diesem Bündel enthalten sein könnten.
»Welche Art von Waffen? Haben wir Schwerter?«, fragte Will neugierig.
»Grundsätzlich ist die Waffe eines Waldläufers seine Fähigkeit, unentdeckt zu bleiben«, erklärte Walt. »Aber wenn dies nicht ausreicht, kann es sein, dass du kämpfen musst.«
»Dann haben wir also ein Schwert?«, fragte Will hoffnungsvoll.
Walt kniete sich nieder und
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