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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Kleidung ab; dabei spürte sie einen dumpfen Schmerz in der rechten Handfläche, von der leichte Blutspuren an Rock und Bluse zurückblieben. Als sie ihre Hand betrachtete, sah sie geronnenes Blut um die halbmondförmige Schnittwunde in ihrer Handfläche: ein kleines Zeichen ihrer Verwundbarkeit. Dort hatte sie sich verletzt, als sie mit den Schlüsseln in der Faust auf das Armaturenbrett geschlagen hatte.
    Wenn sie versagt, muss ich ihren Platz einnehmen.
    Aus der auf dem Fußboden verstreuten Kleidung wählte sie bequeme Jeans, eine warme rote Flanellbluse, die Jeremiah schon oft gesehen hatte und vielleicht wiedererkennen würde, und ein Paar fester Stiefel. Bald war sie ganz ähnlich wie in jener Nacht gekleidet, in der sie Covenant in den Wald hinter der Haven-Farm gefolgt war, um Joan zu retten. Auf ihren Mantel verzichtete sie. Er konnte sie nicht vor dem heftiger werdenden Sturm schützen. Sie ließ ihn liegen und ging nach unten, um die Notrufnummer 911 zu wählen. Mit klarer, deutlicher Stimme forderte sie die Telefonistin auf, Sheriff Lytton eine Nachricht zu übermitteln. Roger hat meinen Sohn entführt. Er hat eine weitere Geisel, Sandy Eastwall. Sie finden ihn auf der Haven-Farm.
    Seit sie zu rennen aufgehört hatte, fürchtete sie nicht mehr, was Lytton tun könnte. Er hatte Joan aus Gehässigkeit, nicht aus Bösartigkeit geschadet, weil Julius Berenford – ebenso wie Linden selbst – ihm nach der Ermordung Covenants das Gefühl vermittelt hatte, ihm seien die Hände gebunden. Wenn so viele Menschenleben auf dem Spiel standen, würde er zurückhaltender agieren. Und sie brauchte seine Hilfe. Allein konnte sie nichts gegen Rogers Pistole oder seinen Wahnsinn ausrichten.
    Es gab weitere Leute, die sie hätte anrufen können, darunter auch Sam Diadem und Ernie Dubroff. Megan Roman hätte um eine Chance gebettelt, Wiedergutmachung zu üben. Aber Linden wollte keine weiteren Unbeteiligten in Lebensgefahr bringen. Sie verließ das Haus, wie sie es vorgefunden hatte, ging die Stufen hinunter und überquerte den Rasen, um zu ihrem Auto zu gelangen.
    Der Wind schien mit jeder Minute stärker zu werden; sie musste sich schräg dagegenlehnen, um voranzukommen. Zwischen den Baumkronen flammte lautloses Wetterleuchten über den bewölkten Nachthimmel. Einen Sturm dieser Art hatte sie noch nie erlebt; er schien Naturgesetze außer Kraft zu setzen, mit jedem Wetterleuchten Realitäten zu verändern. Als sie dann im Wagen saß, war sie vage überrascht, dass der Motor noch lief, dass die Straße vor ihr nicht aufgewölbt oder von tiefen Rissen durchzogen war. Fast rechnete sie damit, die Wucht des Sturms und der Blitze würde Bäume auf die Straße stürzen lassen.
    Ihr Wagen erzitterte bei jeder schweren Bö, als könnte er im nächsten Augenblick in seine Bestandteile zerfallen, aber er ackerte stur weiter. Einige Straßenblocks später gelangte sie auf die Main Street, die durch das Stadtzentrum führte. Die ganze Stadt wirkte wie ausgestorben. An den Kreuzungen warteten keine anderen Wagen; nirgends waren andere Autos unterwegs. Alle Einwohner hatten sich in ihren Häusern verkrochen wie bedrohte Tiere in ihren Höhlen. Falls Sheriff Lytton und seine Deputies unterwegs waren, sah Linden keine Spur von ihnen.
    Sie fuhr allein am Gebäude der Telefongesellschaft, dem einzigen Kaufhaus der Stadt und dem Gerichtsgebäude mit dem County Court vorbei. Die schiere Intensität des Sturms schien die Straßenlampen trüber brennen zu lassen, ihre Leuchtkraft irgendwie zu verringern. Für einen Augenblick hob das Wetterleuchten das Gerichtsgebäude aus den Wirren der Nacht hervor und warf seinen grellen Schein über die alten Säulen, die das Vordach trugen. In der blendend weißen Helligkeit glotzten die Riesenhäupter auf den Säulen wie Ghule.
    Dort drinnen war Thomas Covenants Ehe geschieden worden. Das Verfahren hatte ihn beinahe die Haven-Farm gekostet.
    Und Linden hatte dort drinnen Jeremiah adoptiert.
    Wie viel Vorsprung hatte Roger jetzt noch? Wie viel mehr konnte er anrichten, bevor sie ihn einholte?
    Sie umklammerte das Lenkrad, zwang den Wagen weiter vorwärts. Schweiß ließ ihre verletzte Handfläche brennen.
    Plötzlich flammten sämtliche Straßenlampen vor ihr gleißend hell auf und erloschen dann. Die Mitternacht schien vom Himmel zu fallen und sich über die gesamte Stadt auszubreiten, als überall die Lichter ausgingen. Irgendwo musste ein Blitz in eine Umspannstation eingeschlagen haben, oder ein Baum

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