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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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hinaus, dass ich mich frage, ob meine Urteilskraft beeinträchtigt ist.«
    Raed dachte darüber nach. Die Bestie in ihm erwachte nicht. Was immer hinter Nynnias süßem Gesicht lauerte, war kein Geist – machtvoll, ja, aber nicht von ihrer Art. »Sie hat Merrick das Leben gerettet.« Das war offenkundig, doch er hatte genug Erfahrung, um zu wissen, dass Lebensrettung nicht immer aus Liebe oder Sorge geschah.
    Sorcha schien nicht zu erkennen, wie ausweichend er ihr geantwortet hatte – vielleicht, weil sie zu sehr mit eigenen Sorgen beschäftigt war. Sie streichelte seine Fingerspitzen und nickte. »Ich hoffe es. Wir haben auch so schon genug Probleme.« Er wusste, dass sie nicht nur auf die Murashew anspielte. Sie gingen zur kleinen Kommandobrücke, und Raed spürte sein mulmiges Gefühl zurückkehren. Sorcha mochte es geschafft haben, ihn für gute zwei Tage davon abzulenken, aber als er nun in der mit ausgezeichneter Rundumsicht ausgestatteten Kabine stand, wurde er wieder nervös. Größtenteils, weil die Stadt Vermillion wie eine große, kunstvolle Landkarte vor ihnen ausgebreitet lag. Das Schwanken des Luftschiffs im Wind machte es nicht besser.
    Die winzige Kabine war mit zwei Stühlen ausgestattet. Merrick stand hinter dem der Kapitänin und kämpfte mit einem plötzlichen Windstoß, der das Luftschiff durchschüttelte. Der junge Mann grinste. »Es gibt ein paar – wie habt Ihr sie genannt, Kapitänin?«
    »Turbulenzen und Seitenwinde«, erwiderte Revele geistesabwesend, während sie die Hebel bediente, die in die glänzende Holzkonsole vor ihr eingelassen waren. Mit der anderen Hand hielt sie ein kleines Rad so mühelos, als wäre es ein Kinderspielzeug und nicht das einzige Gerät, um dieses gewaltige, zerbrechliche Gefährt zu navigieren.
    »Turbulenzen«, lachte Merrick. »Ist das nicht wie Euer Wellengang auf See, Raed?«
    »Nein«, brummte der. »Damit ist das überhaupt nicht zu vergleichen.« Sein Inneres war immer noch aufgewühlt von der unnatürlichen Bewegung des Schiffs, aber er hatte nicht vor, davon zu erzählen. Mit diesem Thema war er schon genug aufgezogen worden.
    Revele stieß ein leises Schnauben aus, drehte kräftig am Steuerrad und brachte die Nase des Schiffs in den Wind. Es war ein beneidenswertes Manöver; der Wehrsteinantrieb erlaubte dem Luftschiff, gegen die Launen des Wetters zu navigieren. Für einen Moment vergaß Raed seinen grollenden Magen, und sein Kapitänsverstand fragte sich, ob sich die gleichen Methoden bei richtigen Schiffen anwenden ließen. Sobald ihm dieser Gedanke gekommen war, wurde ihm klar, dass der Kaiser diese Möglichkeit erwogen haben musste. Welche Projekte der wendige Geist seines Verfolgers wohl in kleinen Marinestützpunkten konstruieren ließ? Die Vorstellung einer Kaiserlichen Marine, die Tempo und Manövrierfähigkeit von Luftschiffen hatte, ließ ihn schaudern.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, murmelte Sorcha leise und berührte ihn an der Hand; sie klang besorgt.
    Er schaute auf Vermillions Zentrum hinab. Die Stadt war sternförmig angelegt, und alle Speichen der Hauptstraßen führten auf den großen Platz und schließlich zum Palast, während die Nebenstraßen die Zwischenräume wie eine Kreuzschraffur füllten. »Dies ist die Stadt, in der mein Vater geboren wurde, jetzt ist es die Stadt meines Feindes. Wie sollte ich mich da fühlen?«
    »Besorgt?«, vermutete sie.
    Er drückte ihre Fingerspitzen und lachte. »Aufgeregt. Ich will mir die Sehenswürdigkeiten anschauen.« Beide Diakone sahen ihn entsetzt an, und er lachte. »Na gut, wenn ihr das für einen schlechten Plan haltet …«
    »Da ist die Werft.« Revele deutete aus dem Fenster auf der rechten Seite. Anders als der überwiegende Teil der Kaiserlichen Streitkräfte war die Luftflotte nicht in den sauberen, geraden Straßen des Zentrums beheimatet. Stattdessen waren die Luftschiffe und die für sie nötigen brennbaren Gase am Rand der großen Stadt untergebracht.
    Raed mochte noch nie in Vermillion gewesen sein, aber das bedeutete nicht, dass er mit der Stadt nicht vertraut war. Als sein Vater beschlossen hatte, seinen Thron nicht zurückerobern zu wollen, hatte sich alle Aufmerksamkeit seiner Ratgeber auf den Jungen Prätendenten konzentriert. Raed kannte jeden Winkel der Innenstadt auswendig, die vornehmen Häuser des Adels, die öffentlichen Brunnen, die Marktplätze, jede Statue an jeder Ecke und die Geschichte, die dazugehörte. Mit dem Stadtrand war er jedoch nicht so

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