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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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hinzukriegen.«
    Mit einem Seufzer legte er sich beide Riemen über die Augen und band sie hinterm Kopf zusammen. Raed sträubten sich die Nackenhaare, und angesichts seiner Übelkeit bereute er die letzte Mahlzeit. Die Macht der Anderwelt ließ die Luft winterlich werden, und das Feuer im Kamin sank zuckend in sich zusammen, als hätte es nicht genug Brennstoff. Raeds kurze Atemstöße wölkten weiß auf, obwohl er kaum einen Schritt vom glimmenden Feuer entfernt war.
    Garils Hände umklammerten die Armlehnen seines Stuhls, und der mit zwei Riemen beschwerte Kopf schnellte gegen die Rückenlehne. Aus einer Rune im oberen Leder schlugen blaue Funken, die den Umriss der Rune nachzeichneten – obwohl der Prätendent nicht hätte sagen können, welche es war.
    Die Kälte war jetzt auch ein Duft, der ihm in die Nase stach wie morgens nach frischem Schneefall, und jeder Atemzug brannte. Dann spürte Raed, wie Sorcha sich unter seinen Händen bewegte. Ihr Körper fühlte sich ganz anders an als noch vor wenigen Stunden, irgendwie … unmenschlich. Ihr Leib bewegte sich, als regte sich etwas darin. Das rief kein Verlangen in Raed hervor – er wollte vielmehr aufspringen und fliehen. Aber ein Blick auf Garil zeigte ihm, wie vergleichsweise klein sein Problem war.
    Schweiß strömte unter den Riemen hervor, und der Mund des Alten war zu einer Maske der Qual verzogen, wie sie nicht einmal der schlachtenerprobte Prätendent je gesehen hatte. Welcher Macht der Diakon sich auch bediente – sie setzte ihm zu. Merrick bewegte sich, aber lethargisch, als erwachte er aus einem entspannten Nickerchen. Er drehte den Kopf und stieß einen langen, leisen Atemzug aus.
    Sorcha hatte nicht so viel Glück. Plötzlich begann sie heftig zu zucken, was den Prätendenten nahezu unvorbereitet traf. Sie drückte den Rücken durch und wand sich in seinem Griff wie ein wildes Tier. Er musste alle Kraft aufbieten und konnte nicht auf blaue Flecken achten, die er ihr vielleicht zufügte.
    »Haltet sie gut fest«, rief der alte Diakon am Feuer. Seine Finger wurden rot, wo sie sich in die Armlehnen des Stuhls gruben. »Bei den Knochen, haltet sie gut fest.«
    Es war wie der Versuch, eine zappelnde Schlange aus der westlichen Wildnis festzuhalten. Sorcha war schweißnass und doch eiskalt. Raed brüllte, stützte sich – entschlossen, sie vor Schaden zu bewahren – so fest auf sie, wie er konnte, und kämpfte mit jedem Muskel seines Körpers gegen den ihren.
    Sorcha riss die Augen auf, und sie waren nicht mehr blau – sie hatten überhaupt keine Farbe mehr. Hinter diesen Abgründen konnte er die Anderwelt sehen: einen saugenden Mahlstrom, in dem sich Gestalten bewegten; das höchste Ziel für den Geist und das gefährlichste aller Reiche. Dorthinein hatten Merrick und Sorcha sich gestürzt, um nicht entdeckt zu werden. Das machte sie entweder zu Helden oder zu Narren. Dem Reich seiner Geburt so nahe, bewegte sich der Rossin in ihm und kam ein Stück vor, um zu wittern.
    Das wäre der Gipfel aller Albträume gewesen. »Komm zurück«, rief Raed. »Beim Blut – komm zurück, Sorcha.«
    Er wusste nicht, ob seine Stimme etwas bewirkte, aber für einen Moment war alles still. Er schaute ungehindert in die Anderwelt, und sie schaute zurück. Dort drüben waren Gespenster, Geister und die Geistherren – die ultimative Antwort auf alles, was er sich je gefragt hatte. Raed hatte nie solche Angst gehabt und konnte doch nicht wegschauen.
    Und dann … dann verschwand die Kälte, und Sorchas Augen wurden wieder blau, als ginge eine Jalousie vor einem schrecklichen Anblick herunter. Er betrachtete prüfend ihr Gesicht, um zu sehen, ob eine Spur der Geisterwelt zurückgeblieben war, aber als sie lächelte, wusste er, dass sie es war – unzweifelhaft, unwiderruflich Diakonin Sorcha Faris.
    »Ich wünschte, ich hätte Zeit, die Situation zu genießen« – sie lachte schwach –, »aber …« Angesichts ihrer gezückten Braue stieß er ein erleichtertes Lachen aus und rollte von ihr herunter. Neben ihr reckte Merrick die Glieder. Der Blick, den er Raed zuwarf, war verwirrt, fast wütend, und der Prätendent wunderte sich darüber, denn er fand, er hatte seine Sache ausgesprochen gut gemacht.
    »Wie war es?«, fragte Raed, als er Sorcha auf die Beine half.
    Sie sah ihn schief an. »Wie sah es denn aus?« Ihre Stimme war rau, als hätte sie geschrien, obwohl er nicht den geringsten Laut von ihr gehört hatte.
    »Schlimm.«
    »Damit ist genug gesagt.« Sorcha

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