Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
vor und nahm Raeds Hand wie in einer liebevollen Geste, aber gleichzeitig griff sie verzweifelt nach der Verbindung. Es sollte einfach sein, sie zu zerstören, da sie erst Tage zuvor geschaffen worden war – eine einfache Sache, die er nicht einmal spüren würde.
Ihre Macht riss an den Fäden von Mitgefühl und Bewusstsein, und Raed fiel mit einem Schmerzensschrei zu Boden. Sorcha sank neben dem sich krümmenden Prätendenten auf die Knie, und ihr war klar, dass er es wissen musste, aber die Verbindung – sie musste die Verbindung loswerden, oder er würde ihr nie verzeihen. Sie zerrte stärker daran.
Jetzt tat es auch ihr weh. Tausende kleine Flammen erwachten in ihren Muskeln und Sehnen, als ihr Körper auf die Macht reagierte. Es war, als würde ihr jemand Stacheldraht um die Knochen wickeln und daran ziehen. Undeutlich hörte Sorcha Merrick die Luft einsaugen, als auch er die Schmerzen spürte. Aber Raed würde es nie verstehen, er würde niemals …
Merricks eisige Mahnung bremste sie wie ein Schlag ins Gesicht.
Hört auf – hört sofort auf, Sorcha! Ihr reißt uns auseinander!
Seine Stimme – seine echte Stimme – bohrte sich in ihren Geist wie ein stählernes Messer und sie fiel mit einem Aufschrei zurück. Sorcha mochte gedacht haben, Merrick, der in ihren Verstand hineinbrüllte wie ein Besessener, sei bereits das Schlimmste gewesen, aber nein: Das Schlimmste war Raeds Miene.
Es hätte keine Rolle spielen sollen. Der Ausdruck von Verrat in seinen Augen, hart und glitzernd wie ein Schreckensstein, hätte für einen Diakon kein Jota Unterschied bedeuten sollen. Sie hatte in der Vergangenheit zahlreiche Menschen benutzt – die Arbeit des Ordens machte Härte manchmal erforderlich. Doch dies war etwas anderes. Ihr stockte der Atem in der trockenen Kehle, und sie ballte die Hände zu Fäusten.
Raed, sag mir, dass ich nicht ruiniert habe, was wir hatten.
»Was wir hatten?«, blaffte er, schüttelte energisch den Kopf und funkelte alle drei Diakone mit gleichem Nachdruck an. »Was habt ihr mit mir gemacht?«
»Es ist die Verbindung«, antwortete Merrick für seine Kollegin, die keine Worte fand. »Sorcha hat mit Euch eine Verbindung wie mit einem Diakon geschmiedet. Mit einem normalen Menschen sollte das nicht möglich sein, aber Ihr seid nicht normal …«
Sorcha schaltete auf Verteidigung und warf scharf ein: »Du wolltest, dass der Rossin gezügelt wird. Er ist gezügelt.«
Raed wandte sich fluchend ab und starrte ins Feuer. »Das mag für den Augenblick so sein, aber wenn du denkst, du kannst ihn als Waffe benutzen, stellst du möglicherweise fest, dass er gerissener ist als erwartet. Ich habe mit ihm in mir gelebt … ich kenne ihn besser als du.«
Er sprach mit solcher Verachtung, dass Sorcha versuchen musste, ihn zu erreichen. »Du verstehst nicht. Sie haben mich manipuliert, damit ich das tue«, erwiderte sie verzweifelt. »Ich glaube, bei der ganzen Sache ging es nur darum, dich hierherzubekommen: das Meeresungeheuer, das Kloster, selbst die Besessenheit der Kinder – all das war eine Inszenierung.«
»Warum haben sie uns dann im Tunnel töten wollen?«
»Sie hofften vermutlich, das würde mich dazu bringen, die Verbindung herzustellen – und sie hatten recht.«
»Aber der Rossin hätte dich töten können.« Raed sah sie mit zusammengezogenen Brauen an. »Wie konnten sie wissen, dass du so etwas tun würdest?«
Ihr Instinkt riet ihr, ihn zu umarmen, ihn zu küssen – aber über diesen Punkt waren sie weit hinaus. Sie erstarrte kurz. »Die müssen mich studiert haben.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie sie sonst …«
»Du hast keine Ahnung, womit du es zu tun hast, kleiner Rotschopf«, flüsterte Garil, »aber der junge Merrick weiß es. Genau wie ich – und wie alle Sensiblen …«
Das war es, was Aktive über Sensible tuschelten. Wenn Aktive ihre Runen paukten, fragten sie sich, was die Sensiblen in Runenkunde lernten. Während jeder die zehn Aktiven Runen genau sehen konnte, behielten die Sensiblen ihre Runen für sich und sprachen nicht darüber – nicht einmal mit ihren Partnern. Die meisten Aktiven taten die Fähigkeiten ihrer Partner als bloße Varianten ihrer eigenen, geringeren Sicht ab, aber Sorcha hatte immer mehr über den Riemen erfahren wollen. Er wurde viel seltener benutzt als die Handschuhe. Anders als bei ihnen war es nur für Sensible ungefährlich, einen Riemen zu berühren, solange sein Benutzer noch am Leben war.
»Wisst Ihr, warum sie
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