Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
Knie zu zwingen. Diese hüpfenden Kugeln aus Licht, die Menschen in den Tod führten, waren seit mehr als einem Jahr in der Nähe von Vermillion nicht mehr gesehen worden. Und nun war eine davon Teil dieser Monstrosität.
Mit der Linken hielt Sorcha noch immer Yevah, und ihre Rechte barg das noch ungerichtete Pyet. Sie brauchte ein Ziel, bevor dieses Kartenhaus in sich zusammenfiel. Ihre Muskeln schmerzten, und ihr Rücken protestierte jaulend, während sie sich gegen ihre Handschuhe stemmte.
Zeigt es mir.
Ihre gemeinsame Sicht konzentrierte sich auf einen Strang des Zopfs und trennte ihn vom wirbelnden Chaos der beiden anderen ab. Sorcha ließ Yevah fallen, denn durch einen Schild hindurch ließ sich keine Runenenergie übertragen. Der Geist umgab sie gänzlich, und jetzt spürten sie beide die rohe Energie der Unlebenden. Sie versengte ihnen die Haut und zerrte ihnen am Haar. Anders als normale Sterbliche konnten Diakone diese Energie aushalten, aber nicht lange.
Sorcha und ihr Partner klammerten sich aneinander, um nicht weggerissen zu werden. Mithilfe von Merricks Sicht richtete Sorcha Pyet durch schmale Augen direkt auf den Rei-Strang des Geistes.
Leuchtendes Feuer umwirbelte ihren Handschuh und prallte auf die unlebende Kreatur, die sie zu Boden drückte. Alles wurde zu einem brausenden Tornado aus weißer Hitze und dunklem Wasser. Sorchas Augen und Ohren schienen explodieren zu wollen. Beharrlich hielt sie sich an ihrem jungen Partner fest, während der grimmige Geist auf sie einhämmerte.
Merrick rutschte aus und fiel, aber sie ließ nicht los und beschirmte ihn mit ihrem Körper. Sie hatte nicht vor, einen weiteren Sensiblen an einen unfreundlichen Geist zu verlieren. Ihre Lungen schienen kurz vor dem Versagen zu sein, ihre Augen brannten, und dann … und dann … verzog sich der Sturm, und sie blieben keuchend zurück. Pyet funkelte noch immer auf Sorchas Händen und war zu weiteren Taten bereit, während sie mühsam aufstand. Merrick lag da und starrte keuchend zu ihr empor. Eine solche erste Erfahrung im Kampf gegen Geister würde sich wohl schwer überbieten lassen.
Sorcha merkte, dass sie lächelte, und wischte sich die Stirn mit der Rechten, denn deren Handschuh hatte seine Tätigkeit bereits eingestellt, während der linke noch in weißem Feuer loderte. Sie zog eine Zigarre aus der Tasche und hob sie gemächlich an den Mund. Merrick bekam große Augen, als sie den Stumpen an dem kostbaren Talisman entzündete, der immer noch in den Feuern der Rune brannte. Sie grinste ihm zu, während er sie weiter sprachlos anstarrte. Der Rauch trieb an ihren Augen vorbei, und sie weidete sich an Merricks Entsetzen. Spöttisch lächelnd löschte sie mit einem kurzen Schütteln der Hand die Flammen aus. »Ah, weißes Feuer.« Sie deutete mit dem Kopf auf die brennende Zigarre. »Das bewahrt den Geschmack.«
An jedem normalen Tag hätte das Rauchen ihre Nerven beruhigt. Deshalb genoss sie ja Zigarren: als garantierte Wonne für eine Stunde, in der nur noch Rauch und Nichtstun zählten. Dieser Tag war jedoch alles andere als normal gewesen.
Da Merrick noch unter Schock stand, begann sie zu untersuchen, was vom Beschwörungskreis übrig geblieben war. Sie paffte genüsslich und betrachtete den Schaden. Nicht schön. Das wenige, was noch vom Kreis der Leichen vorhanden war, war fast bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. Es würde nicht lange dauern, sie zu begraben.
Hinter sich hörte sie Merrick aufstehen. Auch ohne sich umzudrehen, merkte sie, dass er eher aufgeputscht als verängstigt war, und das bereitete ihr Sorge. Die Verbindung sollte niemals so sein, gewiss nicht so schnell. Erst wenige Stunden bestand sie nun, und schon waren alle Regeln außer Kraft gesetzt. Trotzdem, es hatte keinen Sinn, darüber zu reden.
»Da hat sich jemand viel Mühe gemacht, diesen Geist zu erschaffen.« Sie zeichnete den Umriss des Musters nach, der immer noch schwach auf dem Boden zu erkennen war. »Jemand, der viel von Unlebenden versteht.«
»Kommt mal her.« Merrick, dessen neuer Umhang kurz zuvor noch smaragdgrün geglänzt hatte, nun aber vor lauter Flecken fast schwarz war, beugte sich über eine freie Stelle zwischen den Überresten und stocherte mit einem Stock herum, als hätte er etwas Abstoßendes oder Gefährliches gefunden.
Als Sorcha zu ihm trat, verstand sie, warum er das tat.
»Ein Wehrstein«, flüsterte sie und kaute grimmig an ihrer Zigarre. »Wann werden es die Leute begreifen?« Die kobaltblaue Kugel
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