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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
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Kesi
oder dunkles Wasser, weil sich kein Sonnenlicht auf den Pfützen spiegelte, die sich hier sammelten. Das hatte etwas mit der Erde zu tun, wie Sorcha in der Abtei-Bibliothek gelesen hatte. Woran es auch lag: Es waren grässliche kleine Flecken.
    Merrick zeigte zur anderen Seite des Wassers, wo niedrige Büsche sich einen kleinen Hang hinabzogen. »Es ist kein Geist, aber dort lauert etwas … etwas, das Schmerzen leidet.«
    Sorcha schnaubte. Alles litt ständig Schmerzen oder Qualen. Sie hatte Kolya beigebracht, sich nicht auf jedes verletzte Kätzchen oder jede zerquetschte Pflanze einzulassen, und es sah so aus, als müsste sie das auch Merrick vermitteln.
    »Falls Ihr es nicht bemerkt habt: Wir müssen uns beeilen. Diese Schiffe legen ab, ob wir da sind oder nicht …« Sie hob den Blick und merkte, dass ihr neuer Partner die Straße bereits verlassen hatte und durch den leichten Schnee in die Richtung stapfte, in die er gedeutet hatte.
    »Halsstarrig«, murmelte sie. »Hastler musste mir einen Halsstarrigen zuteilen.« Sie zog ihren Pelzumhang enger um die Schultern und folgte ihm. Er war mindestens fünfzehn Schritte voraus und gab sich nicht einmal die Mühe, sich umzuschauen. Eigentlich behandelte er sie so, wie sie ihn in der Abtei behandelt hatte. Der Ausdruck »Größenwahn« war für diesen Burschen wie geschaffen. Sie hätte viel lieber einen Sensiblen niedrigeren Rangs gehabt als einen, der wusste, dass er gut war.
    »Falls ich nasse Stiefel bekomme, reitet Ihr den restlichen Weg auf dem Packmaultier«, fauchte sie ihn an. Merrick war stehen geblieben und zerrte Büsche beiseite. Was er von der Straße aus gespürt hatte, war wahrscheinlich dort hineingekrochen, um zu sterben. Ihre einzige Befriedigung war, dass er genug Schnee aufwirbelte, um auch ziemlich nass zu werden.
    Als sie endlich zu ihm aufschloss, stemmte Sorcha ihre Hände, die noch in den Handschuhen steckten, in die Hüften und starrte auf ihren neuen Partner hinab, der im Unterholz stöberte. »Ich trage keine …«
    Sie verstummte unvermittelt, als endlich etwas zum Vorschein kam, das sie für gebleichtes Holz hielt, in die Reste eines roten Rocks gewickelt. Es handelte sich allerdings um ein Menschenbein.
    Wortlos bückte sie sich und half ihrem Partner, das Buschwerk wegzuziehen; Kälte und Entsetzen stiegen in ihr auf. Was sie für Bewuchs am Wasser gehalten hatte, war absichtlich dorthin gelegt worden, um das Grauen zu verdecken.
    Schließlich traten sie heftig atmend zurück. Jetzt versperrte nichts mehr die Sicht. Wie viele Leichen hier lagen, ließ sich schwer zählen, aber alle waren in schrecklichen Verrenkungen erstarrt. Merrick schlug sich eine Faust vor den Mund und wandte sich ab.
    Sorcha holte tief Luft. Viele der Toten waren Frauen und Kinder. Die Leichenteile lagen jedoch nicht willkürlich da, sondern waren zu einem Muster arrangiert: Gliedmaßen wie Feuerholz, Köpfe, die nach oben schauten und einen inneren Kreis um etwas bildeten, das wie die verbrannten Überreste eines Wagens aussah. Anscheinend eine Sippe, wahrscheinlich Kesselflicker, die von Dorf zu Dorf zogen, Gegenstände reparierten und Stoff und dergleichen verkauften. Was auch immer sie auf der Straße getroffen hatten, war ihrer aller Tod gewesen.
    Es war ein schrecklicher, makaberer Anblick und sicher nicht für die Augen von Sterblichen bestimmt.
    Merrick, das musste man ihm lassen, erbrach sein Frühstück nicht. Er drehte sich um und trat neben sie. Sorcha spürte, wie sein Zentrum sich öffnete, ohne dass er seine Wahrnehmungen mit ihr teilte. Wenn jemand verstehen konnte, was er sah, dann er selbst.
    »Sie sind nicht hier«, murmelte er. »Die Seelen sind alle fort. So viel Schmerz und Angst hätten schreckliche Male im Äther hinterlassen sollen – aber da ist nichts.«
    »Wie habt Ihr dann …«
    Merrick räusperte sich. »Ein Mädchen ist nicht sofort gestorben. Ihr wurde die Seele genommen, aber ihr Schmerz hat ein zartes Wispern hinterlassen.«
    Es musste wirklich leise gewesen sein.
    »Habt Ihr je so etwas gesehen?«, fragte er bewegt. »Ich habe die Lehrbücher gelesen, aber …«
    »So etwas nicht.« Sie zeigte auf die am nächsten liegenden Leichen. »Menschen haben das nicht angerichtet. Denkt kurz nach! Geister können normalerweise nur durch Menschen töten. Diese Wunden aber wurden nicht von Sterblichen geschlagen. Etwas Unlebendes hat diesen Kreis geformt.«
    Merrick nickte. »Wir sollten sie zumindest bestatten. Ihre
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