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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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in uns verloren – sie haben sich gegen uns gewandt! Warum wohl halten wir die Tore geschlossen? Nicht wegen der Unlebenden!«
    Merrick konzentrierte sein Zentrum auf die Priorin und spürte ihren Zorn merkwürdig heftig aufflammen. Aulis räusperte sich und fasste sich wieder ein wenig, bevor sie erneut Platz nahm. Viele Ordensmitglieder waren etwas überheblich; es war eine traurige Tatsache, dass Macht oft mit Arroganz einherging.
    Die Zigarre in Sorchas Fingerspitzen hielt inne, als auch sie sich auf die erzürnte Priorin konzentrierte. »Und was ist dann geschehen?«, fragte sie leise. Durch die Verbindung spürte Merrick, wie ihr Zentrum nach ihm griff. Das war seltsam tröstlich, aber auch beängstigend, denn einerseits vertraute sie ihm offenkundig, andererseits fürchtete sie, in Gefahr zu sein. Ihr erschien die Lage also genauso verzweifelt wie ihm.
    »Die Morgenandacht.« Aulis hatte die Hände ineinander verschlungen und konnte niemandem in die Augen sehen. »Es kam zur Morgenandacht.«
    »In welcher Gestalt?« Sorchas Stimme war flach und ausdruckslos, aber Merrick bemerkte ihre Anspannung und sah sie die Finger unbewusst nach den Handschuhen neben sich ausstrecken.
    »In keiner, die ich kenne.«
    Merrick spürte seinen Mund trocken werden. Der Geist am Straßenrand, der von den Leichen der Kesselflicker heraufbeschworen worden war, hatte auch eine bis dahin unbekannte Gestalt gehabt. Der Diakon leckte sich die Lippen. »Konnten die Sensiblen ihn identifizieren?«
    »Dazu hatten sie keine Zeit«, erwiderte Aulis knapp. »Sie verbrannten als Erste. Ihr habt ja in der Mitte der Halle gesehen, was von ihnen übrig geblieben ist.«
    »Sensible werden angegriffen, und zwar von unlebenden Wesen, die wir nie zuvor gesehen haben …« Sorcha atmete tief und langsam ein.
    »Und vergesst die nicht, die Wasser überqueren können.« Raed spannte die Kiefermuskeln unter seinem Bart an. »Ich nehme an, Priorin, Ihr habt einen Plan, um dies alles zu überstehen?«
    Ihre Augen huschten zu Merrick und Sorcha in der steinernen Fensteröffnung. Der Blick war beinahe beschämt.
    »Ihr beliebt zu scherzen!« Raed fuhr hoch und trat den Stuhl weg. »Diese beiden? Die hab ich eigenhändig aus dem Meer fischen müssen.«
    Merrick legte den Arm fest um die Schulter seiner Partnerin, weil er fürchtete, sie würde zehn Sorten Rache in den Prätendenten prügeln. Aber seltsamerweise versuchte sie nichts dergleichen. Sie war angespannt, sah Raed aber nicht einmal an.
    Draußen im Innenhof lief der verkrüppelte Laienbruder los, als am Tor wieder die Glocke erklang. Durch sein Zentrum konnte Merrick nichts Unlebendes spüren, sondern etwas sehr Menschliches und sehr Wütendes.
    Alle drei Ordensmitglieder sprangen auf und spürten jenseits der Mauern lodernden Zorn. Sie rannten zur Tür, und Raed rief ihnen nach: »Was ist denn?«
    Da die Frauen ihn nicht aufklären würden, rief Merrick ihm zu, was sie zu dritt gespürt hatten. »Die Einheimischen sind am Tor, und sie sind sehr unglücklich.«
    Auf der Treppe fragte Sorcha die Priorin, wie viele ihrer Laienbrüder und Aktiven bereit seien, das Kloster zu verteidigen. Eine weitere Premiere für den Orden, dachte Merrick traurig.
    »Wir haben fünf unverletzte Aktive und vielleicht sieben Laienbrüder, alle im Hospital.«
    »Dafür ist keine Zeit.« Sorcha lief vorneweg, und er sah sie die Handschuhe bereits halten. Merrick musste sich in Erinnerung rufen, dass sie eine erfahrene Diakonin war, die dank ihrer Versetzung zur Kaisergarde jahrelang mit Menschenmengen zu tun gehabt hatte – zumindest hoffte er das.
    Er und Raed folgten der Priorin und Sorcha. Der zu Tode verängstigte Laienbruder kam ihnen mit wehendem Haar und weit aufgerissenen Augen kreidebleich entgegengerannt. »Priorin, Priorin!« Ein dünner Speichelfaden rann ihm übers Kinn. Der arme Mann war in diesem entlegenen Winkel der Welt vermutlich ein sehr ruhiges Leben gewöhnt, und der Schock mochte ihn umbringen. »Ich habe das Tor geschlossen, wie Ihr mir gesagt habt … aber sie wollen mit Euch reden. Sie rufen so laut!«
    Das taten sie allerdings, und ihre Drohungen und durcheinandergewürfelten Worte ergaben ein animalisches Brüllen. Der Laienbruder hatte die riesigen Eichentore und den dicken Eisenriegel schließen können – das Fallgitter war also wahrscheinlich noch sicher.
    »Schnell.« Die Priorin raffte ihre Kutte an den Knien und kletterte höchst unelegant die Mauern zur Brustwehr empor. Nacht zog

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