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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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herauf, als sie die Mauerkrone erreichten, und kalte Luft strich über sie hinweg. Bald würde es schneien, aber die Kälte hatte den Zorn der Menge unten nicht abkühlen können.
    Alle Bürger der Stadt schienen auf den Hügel gestiegen zu sein. Viele trugen brennende Fackeln und riefen zur Priorin hinauf. Die meisten Worte vermischten sich zu einem primitiven Knurren, aber viele schrien, Aulis solle zu ihnen herunterkommen. Sie blickte mit zornig geschürzten Lippen herab und sah nicht so aus, als wollte sie dieser Forderung entsprechen.
    »Ich habe noch nie gesehen, wie eine Menge einen Menschen in Stücke gerissen hat.« Raed setzte einen Fuß auf die Zinnen und senkte den Kopf. »Wie viele Stadtbewohner sind aufgrund Eurer Unfähigkeit gestorben, das zu beschützen, was Ihr beschützen solltet?«
    Merrick konnte verstehen, dass der Prätendent eine Abneigung gegen Menschen hatte, die für den Kaiser arbeiteten, aber er verteidigte instinktiv die alte Priorin. »Die Ereignisse der letzten Woche haben uns alle überrascht. Das gab es noch nie. Priorin Aulis kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden.«
    »Passt auf!« Sorcha stieß gegen Merrick, als der gerade diplomatisch in Fahrt kam. Gemeinsam krachten sie gegen die steinerne Brüstung und taumelten weiter, als genau dort, wo er gestanden hatte, Feuer ausbrach.
    Er vernahm schwach Raeds schockierten Fluch, während Sorcha ihm auf die Beine half. Ein Teil der Zinnen war jetzt ein Flammennest, beinahe wie eine Art Geisterangriff … und doch hatte er im Vorfeld nichts gespürt.
    Raed stellte sich schützend vor Priorin Aulis. »Felstaadfeuer.« Sie lief auf die Diakone zu. »Der Alkohol hier ist ein tödliches Zeug. Er gibt ausgezeichnete Wurfgeschosse ab.«
    Sie hörten weitere Brandsätze gegen die Mauer knallen, doch der erste war am besten gezielt gewesen. Vorsichtig riskierte Merrick einen Blick über den Rand. Die Einheimischen wirkten gut bewaffnet und zündeten im Fackellicht Stofffetzen in kleinen Tongefäßen an. Die meisten davon schleuderten sie ans Tor, warfen aber auch eine beträchtliche Anzahl dorthin, wo sie die Priorin zuletzt gesehen hatten.
    »Mal sehen, wie ihnen Chityre gefällt«, knurrte Aulis und zerrte ihre Handschuhe aus dem Gürtel.
    »Was?« Sorcha packte die Arme ihrer Vorgesetzten, damit die die Handschuhe nicht überstreifen konnte. »Ihr dürft die Runen nicht gegen Zivilisten einsetzen!«
    Wenn sie die Macht des Ordens gegen die Einheimischen wandten, konnte das die ganze Arbeit der Mutterabtei ruinieren. Diakonin und Priorin verharrten im einfallenden Dunkel in gespannter Reglosigkeit. Merrick wusste, worum es seiner Partnerin ging: Die Macht sollte nie gegen Menschen eingesetzt werden, nur gegen Unlebende. Die schreckliche Lage musste Aulis halb wahnsinnig gemacht haben, sonst hätte sie diese Möglichkeit sicher nicht in Betracht gezogen. Sorchas Finger blieben fest um die Handgelenke der Priorin geschlossen.
    Jetzt erklangen Schüsse. Wohlhabendere Städter hatten oft Waffen für die Jagd und zum Schutz. Merrick hatte gehofft, Ulrich wäre eine arme Stadt. Das Knallen der Kugeln hallte von den Mauern wider, während Aulis und Sorcha ihre stumme Machtprobe ausfochten. Wenn es einer von ihnen gelang, ihre Handschuhe in die Finger zu bekommen, würden Kugeln die geringste Sorge sein.
    Merrick wurde mit überraschender Gelassenheit klar, dass er sein Zentrum Sorcha geben würde, wenn es dazu käme. Dann würden sie eine Priorin in deren eigenem Zuständigkeitsbereich bekämpfen. Eine weitere Premiere für den Orden, eine, die seine Fundamente erschüttern würde. Merrick hielt den Atem an.
    »Ehrwürdige Aulis«, zischte Sorcha ohne jede Unterwürfigkeit, »lasst mich das erledigen.« Ein langer Moment verstrich, und Merrick war sich nicht sicher, wovor er größere Angst hatte: vor den beiden Frauen oder vor dem Mob, der draußen nach Blut schrie.
    Schließlich stieß Aulis einen rauen Seufzer aus und nickte knapp. Sorcha erhob sich vorsichtig und streifte sich die Handschuhe über.
    Merrick, der immer noch auf der Brustwehr kauerte, berührte sie am Bein. Die plötzlich ausdruckslose Miene seiner Partnerin machte ihm Angst. »Sorcha?« Er hoffte, sie mit dieser Anrede wieder zurückholen zu können.
    Sie sah ihn an, und in ihren strahlend blauen Augen lag wieder der gleiche Glanz wie damals, als sie auf der Treppe in der Burg seines Vaters gestanden hatte, kurz bevor das Chaos ausgebrochen war.
    »Vertraut mir«, sagte

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