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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Geist aus der Seele eines Kindes auszutreiben, konnte sie dessen Psyche zerstören, doch wenn es ein kleiner Geist wäre, ließe sich vielleicht mit ihm fertigwerden.
    Aber eins nach dem anderen. »Was auch passiert« – sie warf dem Prätendenten einen Blick über die Schulter zu –, »rührt Euch nicht von der Stelle, es sei denn, Ihr werdet angegriffen.«
    Er wollte schon eine neunmalkluge Bemerkung machen, besann sich aber eines Besseren, als er ihren strengen Blick sah. Sorcha warf den Kopf zurück und aktivierte Shayst. Beim Auflodern des grünen Feuers wurden die Augen des Mädchens unglaublich groß und glitzerten wie dunkle Juwelen. Sorcha spürte die Präsenz der Anderwelt als eiskalten Luftzug auf der Haut.
    »Zeit für dich zu gehen«, knurrte Sorcha. Der Gestank wallte heftig durch den Raum und füllte ihre Nase und ihre geschärften Sinne in widerwärtigen Wellen. Hinter sich hörte sie Raed einen Fluch unterdrücken. Jedes Gramm Luft befahl ihrem Hirn, wegzulaufen und vor dem Grauen des Geists zu fliehen. Aber Ausbildung und Erfahrung waren eine starke Verteidigung gegen diesen Ansturm.
    Mit einer Drehung des Handgelenks hob sie einen Handschuh, in dem grünes, kaum gezähmtes Licht brannte, in Richtung des Mädchens. Die Reaktion folgte sofort. Staub stob ringsum auf, und die Luft war plötzlich voll wirbelndem Schmutz. Steinchen prallten von ihrer Haut ab, aber sonst gab es nicht viel, was der Geist als Waffe benutzen konnte. Bis auf eines.
    Der gusseiserne Riesentopf wackelte an seinem Platz, als der Poltergeist durch die Kehle des Mädchens schrie. Der Wind wurde lauter, die Mauern schienen wie Segel zu schwellen, und der Gestank setzte Sorchas Magen zu wie die schlimmste Seekrankheit. Und der Topf, der Topf, den sie und Raed nur mit vereinten Kräften hatten tragen können, schwang sich im Griff des Geists aufwärts, flog auf Sorcha zu und überschlug sich in der Luft.
    Sie hatte gehofft, es sei ein kleiner Poltergeist, war aber auf das Schlimmste vorbereitet. Als der Topf auf sie zuwirbelte, schloss sie die rechte Faust um Shayst und rief mit der anderen Hand Aydien. Der Topf krachte in den blauen Schild, den sie heraufbeschworen hatte, und prallte davon ab wie das Spielzeug eines wütenden Kindes. Die Wärme der Rune erfüllte den Raum und vertrieb die bittere Kälte, die den Geist umgab – eine unlebende Kreatur, die sie inzwischen als Poltergeist mindestens sechster Stufe identifiziert hatte.
    Die kleine Anai kämpfte in ihren Ketten wie ein Hund, dem ein anderer zusetzte. Speichel flog aus ihrem knurrenden Mund, während sich in ihren Augen Dunkelheit spiegelte und ein abgrundtiefer Hass auf Sorcha brannte.
    Die Diakonin hatte keine Wahl. Schnellstmöglich schloss sie die Faust um Aydien und beschwor erneut Shayst, und das grüne Licht blitzte aus ihrer linken Hand. Abrupt und unversöhnlich entriss sie dem Geist die Macht, doch wenn sie ihm nicht sehr rasch seine Kraft raubte, würde er seine Zentren aktivieren. Das Einströmen der Anderwelt war so schön und beglückend wie immer und ließ ihren Puls rasen und ihr Blut durch die Adern schießen.
    »Bei den Alten«, flüsterte Raed und ging dorthin, wo der dicke, gusseiserne Topf umgekippt auf dem Boden lag. »Er ist zerbeult!«
    Der Zustand des Kochgeräts war Sorchas geringste Sorge. Anai war zur Seite gesackt, und wirres Kupferhaar fiel über ihr schlaffes, bewusstloses Gesicht.
    »Aber Ihr habt das Ding aus ihr herausgeholt?«
    Langsam schüttelte die Diakonin den Kopf. »Nein. Es gibt einen guten Grund, warum wir immer zu zweit arbeiten. Ohne Merrick ist das unmöglich. Um den Geist auszumerzen, müsste ich sehen, wo er sich versteckt.«
    »Dann kommt er zurück?« Der Prätendent klang traurig. Er konnte zweifellos verstehen, was das Mädchen durchmachte.
    »Leider ja.« Sorcha bückte sich, wischte Anai mit einem Zipfel ihres Hemds den Speichel vom Mund und schob ihr das Haar hinters Ohr. »Sie muss ungemein stark sein, um derart lange gegen einen so mächtigen Poltergeist durchzuhalten. Wenn sie überlebt, würde sie eine gute Diakonin abgeben.«
    »Was?«
    »Poltergeister fühlen sich zu talentierten Kindern hingezogen. Wenn der Orden solche Kinder findet, kommen sie oft zu ihrem Schutz in die Abtei – die meisten werden später Diakone.« Sie schaute im Dämmerlicht zu ihm auf und konnte ein Zittern in der Stimme nicht unterdrücken. »So bin ich Mitglied des Ordens geworden.«
    »Aber wenn sie so mächtig ist, warum hat die

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