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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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oder Spuk.
    Dann fiel sein Blick auf zwei Gestalten am Ende des Raums. Eine Frau klammerte sich an einen Mann, der an ein Abtropfbrett gefesselt war. Das war kein unvertrautes Bild; menschliches Blut war ein wertvolles Gut. Doch nicht das Blut war es, was dem Rossin an der Schwelle zu weiterer Nahrung zu denken gab.
    Der Geistherr in seiner großen Katzengestalt knurrte langsam und leise. Er erkannte die schäumende Energie in diesem Raum. Einer von seiner Art war hier, einer, der nicht an eine Gestalt gefesselt war wie der Rossin. Das Fell auf seinen dunklen Schultern sträubte sich, und sein Schwanz begann zu peitschen.
    Die grauhaarige Menschenfrau nahm den Kelch mit Fokiblut, wirbelte rasch damit herum und spritzte einen breiten roten Kreis um sich her. Dieses uralte Muster hätte ihn nicht aufgehalten. Er hätte sie trotzdem in Stücke reißen können, und doch, und doch …
    Es sah ihn an. Einer von denen am Ende des Saals war mehr, als er zu sein schien. Er wusste, wie er hieß und woher er kam, er kannte seine Natur: uralter Feind und für Geist und Geistherren gleichermaßen hochgefährlich. Es gab jetzt nur noch so wenige, und doch blickte ihn hier einer mit machtvollem Blick an. Der Rossin kannte keine Furcht in der Anderwelt, aber hier befand er sich in körperlicher Gestalt, gefangen vom Fluch. Kein jämmerlicher Mensch konnte ihn berühren, aber er war immer noch erheblich schwächer, als er es in voller, ungebundener Form gewesen wäre. Das Wesen lächelte vom Ende des Saals. Sie wussten beide, wer von ihnen diesmal die Oberhand besaß. Unbändiger Hass breitete sich wie ein bitterer Geschmack tief im Rachen der Bestie aus. Sie wollte töten, wollte zerfetzen und konnte doch die Schwelle nicht überschreiten.
    Nicht du. Nicht jetzt,
dachte er in schrecklichem Zorn.
    Stattdessen tat der Rossin, was er nie zuvor in diesem Reich getan hatte. Er floh.
    Arbeite nie mit Kindern oder Tieren. Das war es, was die Theaterleute sagten, und jetzt begann Sorcha zu verstehen, was sie damit meinten. Der Rossin mochte kein echtes Tier sein, aber er erwies sich als genauso unberechenbar. Sie hatte ihr Vertrauen in einen Geistherren gesetzt, und jetzt hatte sie die Konsequenzen zu tragen.
    »Unheilige Knochen«, knurrte sie, als der gewaltige Leib des Rossin zu der männlichen Gestalt des Kapitäns zusammenschrumpfte. Wieder warf sie ihren Umhang über den zitternden, nackten Raed, nahm das Bündel von ihrem Rücken und warf es ihm vor die Füße. Diesmal waren sie besser vorbereitet.
    Ihr Herz hämmerte wie verrückt, und ihr ganzer Körper kribbelte. Die Zähmung des Rossin war berauschend und verrückt gewesen, jeder Moment ein Sieg über Zerstörung und Tod. Die Bestie war prachtvoll, eine Naturgewalt, der sich keiner der abtrünnigen Diakone hatte widersetzen können. Sorcha kannte keinen Diakon, der von sich behaupten konnte, in die Augen des Rossin geblickt und überlebt zu haben.
    Von daher war es eine Ironie, dass sie stattdessen wohl von zwei Diakonen getötet werden würde. Aulis hielt die blutverschmierte Schale mit einem wahnsinnigen Grinsen in der Hand. Jeder Anschein von Vernunft war verschwunden; an die Stelle der kühlen Priorin war eine rotgewandete Irre getreten.
    »Danke, dass Ihr uns gebracht habt, was wir wollten«, zischte sie und schleuderte die Schale in die hinterste Ecke des Raums. »Das Blut des Prätendenten wird die Beschwörung vollenden.« Ein seltsamer dreieckiger Stein hing um ihren Hals, und Sorcha erkannte ihn sofort als einen Foki – es war derjenige, der die Poltergeister anzog. Es würde nicht einfach werden, ihn Aulis abzunehmen.
    Die Diakonin wog die Chancen ab. Zu ihrer Linken rappelte Raed sich mühsam hoch und schüttelte den Kopf wie jemand, der eine Gehirnerschütterung hat. Merrick hinter Aulis sah grau aus. Obwohl er noch lebte, war er dem Tod so nah, dass es keinen Unterschied machte. Nynnia, die Närrin mit den großen Rehaugen, spähte hinter dem Abtropfbrett hervor. Von dort war keine Hilfe zu erwarten. Und jetzt kamen die beiden verbliebenen Aktiven auf Sorcha zu. Als wäre das noch nicht genug, summte die Luft vor Energie, was ihre Haut kribbeln und ihr Haar vom Kopf abstehen ließ. Eine Beschwörung, eine höllische Beschwörung war im Gange.
    Sorcha trat vorsichtig einen Schritt zurück und behielt die Aktiven im Auge, die auf sie zukamen, während sie einen raschen Blick nach oben warf. Dort konnte sie im Deckengewölbe sehen, wie die Anderwelt der lebenden Welt

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