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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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einheimische Orden einen dunkleren Weg eingeschlagen – einen Weg, der Geister zu seinem Vorteil benutzte. Es war, milde ausgedrückt, furchteinflößend: Seine Vorgesetzten wollten diesen Gedanken noch nicht einmal in den Köpfen ihrer Diakone wissen. Kein Wunder, dass die Stimmen
versteckt und geheim
gesagt hatten.
    »Merrick?« Die Stimme seiner Partnerin ließ ihn zusammenfahren. Sorcha stand zwischen den Regalen, ihr Haar feucht, die Lider halb geschlossen vom Schlaf. Selbst im Schlummer übermittelte die Verbindung ihr seine Furcht und Verwirrung. »Ist alles in Ordnung mit Euch?« Während sie sich schnell das Haar rieb, steckte ihr Partner das Tagebuch unter seinen Umhang und schloss mit einem Klicken das Fach. Bei so viel Staub wusste er, dass diese Bücher längst vergessen waren.
    Merrick drehte sich um und lächelte. »Ja … ich bin nur müde.«
    »Dann solltet Ihr schlafen.« Sie seufzte. »Dummer Junge.« Sie sagte es mit solcher Zuneigung, dass er keinen Anstoß daran nehmen konnte.
    Für einen Moment dachte er daran, ihr von dem Tagebuch zu erzählen, aber sie hatte so viel zu bedenken, dass es ihm nicht klug erschien, nun von Geschichte anzufangen. Er würde diese Nacht trotzdem nicht gut schlafen, egal, was seine Partnerin sagte.
    Die Mannschaft der
Süßer Mond
fischte am nächsten Morgen ihren nackten Kapitän aus dem Fluss. Raed lag keuchend auf dem Deck, im Mund den Geschmack von Blut und schmutzigem Wasser. Seine Leute standen in einem ernsten Kreis um ihn herum. Er ballte die Fäuste, als er sich auf ähnliche Szenen besann. Die waren viele Jahre her, aber die Erinnerungen waren immer noch schmerzhaft lebendig.
    »Kapitän?« Tangyres Stimme war leise, und ihre Hand lag sanft auf seiner Schulter.
    Raed schloss die Augen und versuchte zu retten, was von seiner Menschlichkeit noch übrig war, versuchte die Fetzen zusammenzusetzen, die der Rossin ihm gelassen hatte. Der Geistherr war wie ein Blutegel – erst wenn er sich satt getrunken hatte, fiel er ab. Raed hatte viel zu lange im Schatten dieses Parasiten gelebt, aber es wurde nicht einfacher.
    Schließlich nahm er seine verbliebene Kraft zusammen und stemmte sich hoch. Jeder Muskel und jede Sehne seines Körpers schmerzten.
    Tangyre legte eine Decke über ihn und half ihm auf die Beine, bellte jedoch die Mannschaft an: »Wir müssen immer noch nach Orinthal. Aber zack, zack!«
    Raed stützte sich mit schweren Gliedern auf Tangyre und ließ sich in die kleine Kabine führen und ins Bett des Kapitäns legen. Schweigend wusch Tangyre das Flusswasser von ihm ab, untersuchte die Schnittwunden und Prellungen und setzte sich schließlich, um sie mit Salbe zu bestreichen. Ihre Finger waren stark und sicher, aber als sie endlich sprach, war ihre Stimme sanft. »All das hat eine Frau getan?«
    »Schön wär’s«, flüsterte der Junge Prätendent. »Sie muss von einem Geist besessen gewesen sein. Das ist alles das Werk des Rossin.« Für Raed waren die Belange seines Körpers in weiter Ferne.
    Seine Freundin hütete sich, weitere Fragen zu stellen – manche Antworten blieben am besten unbekannt.
    Raed wiederholte im Kopf immer wieder Fraines Namen und beschwor Bilder von ihrem lockengerahmten Gesicht und ihren großen, blauen Augen herauf. Sie waren schwer fassbar, denn wie immer hatte der Rossin ihn mit bruchstückhaften Bildern der vergangenen Nacht zurückgelassen. Auch wenn er nicht derjenige gewesen sein mochte, der tötete, so war es doch sein Fleisch gewesen – in verwandelter Form zwar, aber dennoch sein Fleisch. Aufblitzende Bilder von einer Frau, ihr weißer Rock in der Dunkelheit zwischen den Gräsern schimmernd. Blicke auf einen Bauern vor seinem Haus, die Sichel in der Hand. Dann nichts als Raserei und das Gefühl von dickem Blut im Mund. Widergespiegelte Gefühle, die nicht seine waren: Hunger und Entzücken.
    Raed rollte sich auf die Seite und würgte. Tangyre, die Bescheid wusste, hielt einen Topf bereit und rieb ihm den Rücken, während er sich erbrach – aber da war kein Blut, das es loszuwerden galt. Das hatte der Rossin genommen. Es war nur sein eigenes ehrliches Abendessen vom Vortag, das wieder zum Vorschein kam.
    Der Junge Prätendent sackte wieder aufs Bett.
    »Das wart nicht Ihr, Raed. Vergesst das nicht.« Tangyre räumte den besudelten Topf fort und reichte ihm ein Glas Wasser. »Es war diese Kreatur, der Fluch – nicht Ihr.«
    Er bewegte einige Male die Lippen, bevor er sprechen konnte. Seine Kehle fühlte sich rau

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