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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Knochen, sie musste lächeln, und mit einiger Mühe schaffte sie das auch. »Ich komme, Botschafter«, rief sie fröhlich.
    Es kam ihr vollkommen falsch vor, an Raed vorbeizugehen, aber Sorcha drehte den Kopf nach links und fing seinen Blick auf; sie hoffte, dass er spüren oder sehen konnte, wie sehr es sie schmerzte, ihm den Rücken zuzukehren.
    »Warte hier«, formte sie mit den Lippen, und ihr Herz raste dabei.
Bitte stirb nicht, bevor ich dich warnen kann.
    Er blieb, wo er war, und dann sah sie ihn nicht mehr. Sorcha hörte kaum den Seneschall, der sie anmeldete, sah kaum den Hof. Einzig Merrick neben sich zu spüren, ließ sie weitergehen.
    »Alles wird gut«, murmelte er. »Er ist hier, und er lebt. Wir haben Zeit.«
    Sorcha holte Luft, und das fühlte sich an wie der erste Atemzug. Ihr Partner hatte recht. Sie befanden sich auf fremdem Terrain, und sie sollte sich besser auf den Hof ringsum konzentrieren.
    Ein verstohlener Blick nach rechts sagte ihr, dass Merrick bereits verzaubert war. Es war vermutlich eine Augenweide. Die Menschen von Chioma mit ihren hohen Wangenknochen und ihrer glänzenden, dunklen Haut waren noch beeindruckender, wenn sie in Hofkleidung auftraten. Diener standen in den Ecken und schlugen die Luft mit Fächern aus Pfauenfedern, während ein anderer Diener eine gebogene Flöte spielte und den Raum mit einer seltsam melancholischen Melodie erfüllte. Auf dem Podest befand sich eine Reihe schöner Frauen – die atemberaubendste Ansammlung leicht bekleideter Damen, die Sorcha je gesehen hatte.
    Die Frauen des Kaiserlichen Hofs waren auch schön, besaßen aber eher verborgene Reize. Und plötzlich begriff die Diakonin: Diese erlesenen Frauen, die schläfrig herabsahen, als seien sie sich ihres Platzes in der Welt sicher, gehörten zum Harem des Prinzen.
    Sie brauchte einen Moment, um den Mann zu bemerken, der zwischen ihnen fast verborgen war. Auf dem Podest stand ein aus dunklem Holz geschnitzter Thron, und darauf saß der außergewöhnlichste Mann, den sie je gesehen – oder nicht gesehen hatte.
    Er trug ein tiefdunkles Blau und war so vollständig verhüllt, dass sie nicht hätte sagen können, ob er groß oder klein war, dünn oder dick. Das eigentlich Seltsame aber war die Tatsache, dass sie absolut nichts von seinem Gesicht erkennen konnte. Der Prinz von Chioma trug einen merkwürdigen Kopfschmuck mit einem breiten Silberband über der Stirn, von dem Reihen um Reihen kleiner, weißer Glasperlen herabhingen. Sie glänzten und tanzten und waren sehr hübsch; aber sie verwehrten auch jedem, sein Gesicht zu sehen.
    Sorcha warf Merrick einen Blick zu, und er zuckte kaum merklich die Achseln. Anscheinend war dieser ausgewiesene Kenner der chiomesischen Kultur genauso verblüfft. Er hatte ihr gesagt, der Prinz sei eine rätselhafte Gestalt, aber offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass er
so
rätselhaft sein würde.
    Bandele machte eine tiefe Verbeugung, die an die Ehrerbietung vor dem Kaiser grenzte. »Eure Majestät, dies sind die Diakone aus Vermillion, die uns sicheres Geleit gegeben haben. Ich stelle die Diakone Faris und Chambers vor.«
    »Willkommen in Orinthal.« Die Stimme hinter dem perlenbesetzten Kopfschmuck war tief, weich und bemerkenswert jung. »Es ist lange her, seit ein Diakon aus der Mutterabtei sich so weit nach Süden gewagt hat.«
    Sorcha und Merrick deutete eine Verbeugung an, aber es war der Sensible, der antwortete. »Eure Majestät, es war schon lange mein Traum, Chioma zu besuchen.«
    Der Prinz nickte, die einzige Geste, die Sorcha sicher hinter dieser seltsamen Maske ausmachen konnte. »Ich selbst habe mir schon lange gewünscht, die Kaiserliche Stadt zu sehen. Aber vielleicht kann ich an meiner Stelle meine Tochter schicken.« Es war ein äußerst höfliches und behutsames Vortasten, gesprochen in vollkommen ruhigem Tonfall. »Was meint Ihr, Diakonin Faris – soll meine Tochter Vermillion sehen?« Der Prinz bewegte sich, und die Kristallperlen schwangen herum, als er den Kopf in ihre Richtung drehte.
    Sorcha, die es gewohnt war, dass ihr Partner diese heiklen Gespräche übernahm, war unvorbereitet. »Ich … das kann ich wirklich nicht beurteilen, Euer Majestät. Ich weiß, dass er Anträge vieler Damen aus dem ganzen Reich erhalten hat.«
    Das Aufstöhnen der Menge deutete an, dass dies wohl nicht die beste Wortwahl gewesen war. Sorcha fühlte sich zunehmend entmutigt und verärgert. Sie hatte schon früher vor Prinzen gestanden, sogar vor dem Kaiser,

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