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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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gefunden, der in Richtung Raupach reisen wollte, und war allein losgeritten. Selbst im Schutz des Waldes an ihrer Seite fühlte sie sich nicht sicher. Das Pferd war schnell und ausgeruht, ihr Messer scharf, die Straßen menschenleer. Und dennoch war in diesen unsicheren Zeiten eine Frau nicht gern allein auf den Straßen unterwegs. Nach einer Stunde erst begegnete ihr ein Händler mit seinem Karren, der stumm an ihr vorbeiritt. Auf dem Weg nach Raupach würde sie von der Dunkelheit überrascht werden. Aber wo die Nacht verbringen? Am besten im Wald, hellwach wie die Eulen, neben einem guten, warmen Feuer.
    Regen setzte ein, fiel aus fetten, schwarzen Wolken, und sie fror. Dann, bevor die Dämmerung kam, stießen von einem Seitenweg zwei Menschen auf die Straße. Es waren ein Mann und eine Frau. Er war in einen kostbaren fliederfarbenen Mantel gekleidet, und lange, braune Locken fielen über seine schmalen Schultern. Die Frau an seiner Seite auf einem zierlichen Zelter steckte in einem weißen Umhang mit einer goldenen Schließe, und ihre dunklen Haare lugten unter einer Haube hervor.
    »Gott mit Euch«, rief der Mann, »wohin so alleine?«
    »Nach Raupach«, gab Rosalie zurück. Der Fremde hatte ein freundliches Gesicht, das Gesicht eines Menschen, der gerne lacht. Seine Begleiterin hielt die Augen gesenkt.
    Er nickte. »Wir sind auf dem Weg zum Rhein. Um es genauer zu sagen, auf dem Weg zum Kaiser, der dort hofhält.«
    Er lenkte sein Pferd näher und lächelte. »Ist es nicht gefährlich für eine Frau so alleine auf der Straße? Wollt Ihr nicht mit uns reisen? Eine Stunde von hier gibt es ein anständiges Gasthaus.«
    Rosalie zögerte. Sie hatte kein Geld. Er schien ihre Bedenken zu erraten.
    »Wenn es Euch nichts ausmacht, lade ich Euch zu einem guten Essen ein und einem Zimmer für die Nacht.« Ein verschmitztes Lächeln stand in seinem Gesicht, das ihr humorvoll und offen erschien. Seine Frau hob die Augen und sah Rosalie an. Ein kindliches Antlitz, scheu und verschreckt wie ein Reh.
    »Ich bin Maler«, sagte er, »habe für den Herzog gearbeitet, aber der braucht sein Geld für den Krieg und hat mich entlassen. Das ist Aline, meine Frau.«
    Aline kam näher. »Kommt ruhig mit uns«, sagte sie freundlich. Und so ritten sie gemeinsam weiter. Aline blieb schweigsam. Der Maler, Mathäus mit Namen, war um so redseliger. Er sprach von seinen Auftraggebern, reichen Kaufleuten und dem Herzog. Er erzählte, daß er seine Kunst in Italien erlernt habe, in Bologna und Rom, und während er so plauderte, erreichten sie das Gasthaus. Es war ein windschiefes Bauwerk aus Stroh und Holz, die Fensterläden hingen aus den Angeln, und manche Schindel vom letzten Sturm lag noch auf der Straße. Ein männlicher Gast erleichterte sich gerade gegen die gekalkte Mauer, und Hühner stoben über den Hof. Ein Schild knarrte im Wind. ›Zum Wilden Eber‹ stand in ungelenken Schriftzügen darauf, und der Eber, der darunter abgebildet war, entlockte dem Maler ein herablassendes Lächeln.
    In der verräucherten Stube waren nur wenige Gäste. Zwei herzogliche Soldaten hingen schläfrig an einem Tisch. Ein Geistlicher saß daneben und verspeiste eine Pastete, und hinten vor dem Fenster saß eine Gruppe würfelspielender Männer. Der Wirt, ein schmieriger, fetter Kerl mit nackten Armen wie Baumstämmen, die er in die Hüfte gestemmt hatte, grinste die Ankömmlinge an.
    »Wir brauchen zwei Zimmer für die Nacht«, sagte Mathäus, »eins für mich und mein Weib und eins für diese junge Dame hier.«
    Der Wirt nickte. »Ich habe nur eine Schlafkammer für alle, Herr. Aber die junge Dame kann in einer Abseite daneben schlafen. Macht vier Hohlpfennige mehr.«
    Sie ließen sich an einem der Tische nieder. Die Soldaten waren eingeschlafen, und ihr Schnarchen tönte durch die Stube. Der Geistliche schielte zu ihnen herüber, während er in seiner Pastete stocherte und ihm die ölige Sauce übers Kinn lief. Der Wirt brachte Bier und Branntwein und warmes Brot.
    »Ihr braucht wirklich nichts zu zahlen«, raunte Mathäus leise Rosalie zu, »ich bin nicht arm, bei Gott nicht.«
    Aline kicherte und zerbrach das Brot mit zierlichen Fingern. »Vielleicht braucht Euer Herr ein Madonnenbild oder einen Flügelaltar«, bemerkte sie spitz, »mein Mann versteht sich darauf.«
    Der Wirt kam mit der Kräuterpastete. Dann scheuchte er einen Mann mit einer Fiedel aus der Küche in die Gaststube und trug ihm auf zu spielen. »Die Herrschaften werden ein wenig gute

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