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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nicht um seine Pflicht, und es gibt keine Anzeichen, daß er sich seitdem geändert hätte.«
    Rathbone ballte die Faust, daß die Knöchel hervortraten. »Vor zwölf Jahren drohte seinem Land noch keine Zwangsvereinigung mit den übrigen deutschen Staaten! Er hatte doch bestimmt einen Rest Ehrgefühl und Patriotismus – und auch Sendungsbewußtsein! Verdammt noch mal, Monk, er war zum König geboren!«
    Monk hörte die Verzweiflung in Rathbones Stimme. Er sah sie in seinen Augen, an den roten Flecken auf seinen Wangen. Und er hatte nichts, womit er ihm hätte helfen können. Im Gegenteil! Alles, was er in Erfahrung gebracht hatte, machte es nur noch schlimmer.
    »Für die Frau, die er liebte, verzichtete er darauf«, sagte er klar und deutlich. »Und es gibt nichts – absolut nichts –, das darauf hindeuten könnte, daß er seinen Verzicht auf den Thron jemals bereut hat. Wenn sein Land ihn haben wollte, dann hätte es auch seine Frau akzeptieren müssen. Die Entscheidung lag bei seinem Volk, und offenbar war er felsenfest davon überzeugt, daß sie zu Giselas Gunsten ausfallen würde.«
    Rathbone starrte ihn an.
    Das Schweigen lastete so schwer auf dem Raum, daß man meinen konnte, die Uhr schlage die Sekunden. Das durch die Fenster gedämpfte Rattern des Verkehrs auf der Straße hörte sich an wie aus einer anderen Welt.
    »Was?« brachte Rathbone schließlich hervor. »Was soll das?
    Was sagen Sie mir da?«
    »Daß in meinen Augen vieles dafür spricht, daß nicht Friedrich als Opfer vorgesehen war, sondern Gisela«, erklärte Monk. Er wollte sich schon über die Gründe für seine Hypothese auslassen, sah Rathbone aber an, daß er bereits verstanden hatte.
    »Wer?« krächzte der Anwalt.
    »Vielleicht Zorah selbst. Sie ist eine leidenschaftliche Kämpferin für die Unabhängigkeit.« Rathbone wurde blaß.
    »Oder irgendein Mitglied der Unabhängigkeitsbewegung. Schlimmstenfalls…«
    »Schlimmstenfalls!« rief Rathbone mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Kann es denn noch schlimmer kommen, als daß es meine Mandantin war?«
    »Ja.« Monk konnte ihm die Wahrheit nicht vorenthalten. Rathbone starrte ihn ungläubig an.
    »Graf Lansdorff. Der Bruder der Königin. Er könnte in ihrem Auftrag gehandelt haben.«
    Rathbone wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort hervor. Er war kalkweiß.
    »Es tut mir leid«, murmelte Monk betreten, »aber das ist die Wahrheit. Sie können nicht kämpfen, ohne alles zu wissen. Wenn Giselas Anwalt etwas taugt, findet er es ohnehin heraus. Und wenn nicht, bindet sie es ihm auf die Nase.«
    Rathbone glotzte ihn immer noch an.
    Monk drosch ungeduldig mit der Faust auf den Tisch. »Und wie sie plaudern wird! Schließlich hat Ulrike sie rausgeworfen. Hätte Ulrike vor zwölf Jahren ihren Segen gegeben, dann wäre Gisela jetzt Kronprinzessin. Das hat sie bestimmt nicht vergessen. Zwischen den beiden herrschten klare Verhältnisse. Nur diesmal saß Gisela am längeren Hebel. Wenn die Felzburger Friedrich wiederhaben wollten, dann nur zu seinen Bedingungen – und das hieß mit seiner Frau.«
    »Wirklich? Glauben Sie, er hätte darauf bestanden?«
    »Sie etwa nicht?« fragte Monk zurück. »Auch wenn ihm so etwas nie in den Sinn gekommen wäre, was hätte denn die Welt gesagt, wenn er sie verlassen hätte? Überlegen Sie nur, was für ein häßliches Bild man dann abgibt: Ein Mann läßt nach zwölf Jahren Ehe völlig ohne Not seine Frau sitzen! Auf seine Pflicht kann er sich dann nicht mehr berufen, wo er doch ein mächtiger Mann ist.«
    »Es sei denn, Gisela ist tot«, vollendete Rathbone seinen Gedanken. »Ihre Logik leuchtet mir ein. Aber natürlich! Die Königin hatte tausend Gründe, sich Giselas Tod zu wünschen, aber keinen einzigen, um Friedrich zu eliminieren. O Gott! Und der Lord Chancellor hat mich gebeten, die Verteidigung mit der höchstmöglichen Diskretion zu führen!« Er brach in bitteres, fast schon hysterisches Gelächter aus.
    »Hören Sie auf!« fauchte Monk, den nun auch allmählich die Panik befiel. Zum zweitenmal in seinem Leben drohte er zu scheitern. Und Rathbone stand nicht nur ohne Argumente da, sondern verlor jetzt auch noch die Selbstbeherrschung. »Es ist nicht Ihre Aufgabe, die Königsfamilie von Felzburg zu verteidigen. Sie müssen lediglich Zorah schützen, so gut es Ihnen möglich ist…, nachdem Sie ihr das zugesagt haben.« Sein Ton verriet nur zu deutlich, was er von Rathbones Entscheidung hielt. »Ich nehme doch an, daß Sie getan haben, was Sie

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