Die russische Gräfin
ihre Augen waren voller Lachen. Sie tanzten, als wären sie allein in diesem riesigen Saal. Evelyn flirtete unverschämt offen, und er weidete sich daran. Die Nacht würde viel zu kurz sein.
Als er Klaus erblickte, widerte dessen Miene ihn fast an, so griesgrämig sah er drein. Wie sollte ein derart jämmerlicher Mann eine Frau wie Evelyn halten, die vor Freude und Witz sprühte?
Als er eine Stunde später erneut mit ihr tanzte, sah er, daß Klaus ein ernstes Gespräch mit einem, wie Evelyn ihm erklärte, preußischen Adeligen führte.
»Er sieht aus wie ein Soldat«, brummte Monk.
Sie zuckte die Schultern. »Das ist er auch. Fast alle preußischen Adeligen sind in der Armee. Das ist bei ihnen praktisch ein Muß. Sie sind schrecklich steif und förmlich und verstehen kein bißchen Spaß.«
»Kennst du viele von dieser Sorte?«
Sie zog eine Schnute. »Zu viele. Klaus lädt sie oft ein, zu uns nach Hause und sogar in unser Chalet in den Bergen.«
»Aber dir liegt nicht an ihnen.«
»Ich kann sie nicht ausstehen! Aber Klaus glaubt, daß wir uns in nicht allzu ferner Zukunft mit den Preußen verbinden werden und es darum das beste ist, sie jetzt zu unseren Freunden zu machen und uns einen Vorsprung zu sichern, bevor alle anderen sich bei ihnen einschmeicheln.«
So zynisch hatte Monk sie noch nie erlebt. Für einen Moment erstarb sogar ihr Lachen, und schon kamen Monk die Lichter um sie herum greller, die Geräusche lauter vor. Doch einen Augenblick später war das Lachen wieder in ihr Gesicht zurückgekehrt.
Klaus’ Werben um die Preußen ging Monk nicht mehr aus dem Kopf. Dieser Mann war für die Vereinigung. Erhoffte er sich von einer erzwungenen Einheit einen Machtzuwachs für sich selbst? Friedrichs Heimkehr hätte das in Frage gestellt. Hatte etwa Klaus Friedrich ermordet, um das zu verhindern? Es war nicht von der Hand zu weisen. Je länger Monk darüber nachdachte, desto plausibler erschien ihm diese Theorie.
Aber Rathbone war damit nicht geholfen. Andererseits gab von den Möglichkeiten, die Monk bisher durchgespielt hatte, keine einzige Anlaß zu Hoffnung. Der einzige Mensch, der Zorah zu mögen schien, war Königin Ulrike. Ihre eigenartige Bemerkung fiel ihm wieder ein.
Um Mitternacht trank er Champagner. Dann plätscherte die Musik schon wieder weiter, und seine Füße bewegten sich fast von selbst im Takt. Da Evelyn nicht da war, forderte er die nächstbeste Frau zum Tanz und wirbelte alsbald mit ihr übers Parkett.
Es war fast ein Uhr, als er Evelyn wiederentdeckte. Unauffällig lenkte er seine Partnerin in ihre Nähe, so daß sie bei der nächsten Gelegenheit tauschen konnten. Evelyn wiederum hatte sich nicht minder geschickt von ihrem Mann entfernt. Lachend bedankte sie sich bei ihrem Partner und nahm Monks Einladung an.
Sie gingen in der Musik förmlich auf und ließen sich von ihr tragen wie Schaum von den Wellen. Er sog den Duft ihrer Haare in sich ein, spürte ihre warme Haut, und während sie auseinanderwirbelten und wieder zusammenkamen, sah er das Glühen auf ihren Wangen und das Lachen in ihren Augen.
Als sie schließlich – er wußte nicht mehr, wie viele Tänze später – erschöpft innehielten, befanden sie sich am Rande einer Gruppe neu hinzugekommener Gäste, von denen einige auch schon ein wenig getanzt hatten, während andere bereits Champagner tranken. Überall brachen sich die Lichter in den Gläsern und in Diamanten in Haaren, an Ohren und an Hälsen.
Plötzlich wurde Monk ganz warm ums Herz. Er mochte diesen unabhängigen Zwergstaat mit seinen Eigenheiten, seiner putzigen Hauptstadt und seiner festen Entschlossenheit, so zu bleiben, wie er war. Vielleicht war die Vereinigung mit den übrigen deutschen Ländern zu einer großen Nation wirklich das einzige Vernünftige, aber wenn sie tatsächlich vollzogen wurde, würde etwas Unwiederbringliches verlorengehen. Monk trauerte schon jetzt darum. Wie schlimm mußte dann erst der Verlust für diejenigen sein, denen dieser Staat Heimat und Erbe war.
»Der Gedanke, daß die Preußen hier einmarschieren und die Macht übernehmen, muß doch schrecklich für dich sein!« sagte er impulsiv zu Evelyn. »Felzburg ist dann nur noch eine Provinzstadt von vielen, und wird von Berlin, München oder einer anderen großen Reichshauptstadt aus verwaltet. Jetzt kann ich verstehen, warum ihr kämpfen wollt, obwohl ihr kaum eine Chance habt.«
»Ich nicht«, erwiderte sie mit einem Anflug von Ärger. »Das wäre nur viel Aufwand und Leiden
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