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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Giselas Schwächung ausnutzen und die Rechnung begleichen zu können. Das ist der wahrscheinlichste Grund, aber er ist häßlich und sehr, sehr dumm.«
    »Wollen Sie damit sagen, Friedrich sei eben doch infolge dieses Unfalls gestorben?« rief sie erregt. »Und um das herauszufinden, sind Sie drei Wochen lang durch halb Europa gereist? Ich nehme doch an, Sie haben das alles mit Zorahs Geld bezahlt.«
    »Natürlich habe ich mit Zorahs Geld gezahlt«, entgegnete Monk. »Schließlich bin ich in ihrem Auftrag gefahren. Aber ich kann nur das herausfinden, was tatsächlich der Fall ist. Ihnen geht es ja auch nicht anders, Hester. Oder heilen Sie jeden Patienten?« Er fühlte sich verletzt und wurde entsprechend lauter. »Verzichten Sie auf Ihren Lohn, wenn einer stirbt? Vielleicht sollten Sie den Leuten hier ihr Geld zurückgeben, weil ihr Sohn nicht mehr laufen kann.«
    »Das ist doch lächerlich!« Sie wandte sich frustriert ab.
    »Wenn Sie nicht vernünftiger mit mir reden können, sollten Sie besser gehen!« Sie wirbelte wieder herum. »Oder, nein!« Sie holte tief Luft und senkte die Stimme. »Was wir voneinander denken, ist doch völlig unerheblich. Später können wir noch genug streiten. Jetzt geht es um Oliver. Wenn dieser Fall vor Gericht kommt und er nichts zu Zorahs Verteidigung vorbringen kann, nicht einmal eine Entschuldigung, dann hat das schlimme Folgen für seinen Ruf und seine Laufbahn. Ich weiß nicht, ob Sie die jüngsten Zeitungsberichte gelesen haben – wahrscheinlich eher nicht –, aber sie stehen alle hinter Gisela und stellen Zorah als böse Hexe hin, der es nicht reicht, einer unschuldigen und vom Schicksal getroffenen Frau den Rest zu geben, sondern die auch noch an den Grundfesten der Gesellschaft rüttelt.«
    Sie trat wieder auf ihn zu, ohne darauf zu achten, daß ihr weiter Rock gegen die Stühle stieß. »Einige munkeln sogar, sie würde sich ständig fremdländische Liebhaber nehmen und mit ihnen die grausigsten Dinge treiben, die man lieber nicht aussprechen sollte.«
    Er hätte es sich denken können, aber irgendwie hatte er es dann doch verdrängt. Bislang hatte er sich nur auf die politischen Aspekte konzentriert. Natürlich mußten jetzt die wildesten Spekulationen über Zorahs Leben und Motive ins Kraut schießen. Eifersucht auf eine Rivalin bot sich da als erstes an. Er wollte Hester schon anfahren, daß nun mal niemand so etwas verhindern könne, doch dann verbiß er sich jeden Kommentar, als er ihre Verwundbarkeit, aber auch Hoffnung in ihren Zügen sah. Zur eigenen Überraschung empfand er ihre Gefühle nach, als wären es seine eigenen. Das Ganze hatte nichts mit ihrem Leben zu tun, und doch ging es ihr so nahe. Mit Leib und Seele kämpfte sie gegen das Rathbone drohende Unheil an und würde mit der gleichen Leidenschaft alles tun, um den Schaden zu begrenzen, falls er sich tatsächlich getäuscht hatte.
    »Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß Friedrich ermordet wurde«, gab Monk widerstrebend zu. »Nicht von der bedauernswerten Gisela, aber von einer der politischen Parteien.« Er konnte sich nicht verkneifen, hinzuzufügen:
    »Vielleicht sogar vom Bruder der Königin.«
    Sie zuckte zusammen, weigerte sich jedoch, aufzugeben.
    »Können wir beweisen, daß er ermordet wurde?« Sie sprach in der Mehrzahl, als sei sie genauso am Fall beteiligt wie Monk und Rathbone. »Es könnte uns weiterhelfen. Schließlich ließe sich aufzeigen, daß Zorah zu Recht von einem Verbrechen ausgegangen ist und die Wahrheit nur dank ihrer Anschuldigung ans Licht gebracht wurde, auch wenn sie sich in der Person geirrt hat. Wenn sie geschwiegen hätte, wäre der Mord an ihrem Prinzen für immer unaufgedeckt geblieben. Ein himmelschreiendes Unrecht wäre das gewesen!«
    Der Anblick ihres erregten Gesichts schnitt ihm ins Herz.
    »Glauben Sie wirklich, die Leute ziehen es vor, daß alle Welt erfährt, daß der Prinz von einem Mitglied der königlichen Familie, wenn nicht sogar auf Anstiftung der Königin ermordet wurde?« entgegnete er bitter. »Wenn Sie meinen, daß Zorah dafür Dank ernten wird, sind Sie noch einfältiger, als ich gedacht habe!«
    »Die eigenen Leute werden es ihr vielleicht nicht alle danken«, sagte Hester kleinlaut, um dann doch gleich wieder frischen Mut zu schöpfen. »Aber einige doch. Außerdem sind die Geschworenen Engländer. Wir halten Mord immer noch für ein Verbrechen, vor allem wenn er an einem verletzten und hilflosen Menschen verübt wird. Und wir bewundern

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