Die russische Herzogin
gefunden sind«, sagte er an Olly und Wera gewandt.
Evelyn, die wie gelähmt dasaß und vor sich hin starrte, flüsterte rau: »Wenn ich mir vorstelle, die Männer hätten die Kapelle gestürmt …«
»Das hätte schrecklich für uns alle ausgehen können«, schluchzte Freifrau von Roeder. »Gott sei Dank hat Herzog Eugen uns in Schutz genommen.«
Olly kämpfte so sehr mit ihren Tränen, dass sie zu keinen Worten fähig war. Wenn Wera etwas passiert wäre, hätte sie sich das nie verziehen.
»Herzog Eugen hat durch sein mutiges Eingreifen das Schlimmste verhindert, aber darauf verlasse ich mich kein zweites Mal«, sagte Karl. »Gendarmerie, die Landjäger, unsere Hofwache – ich lasse sofort eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen. Und Eugen muss eine detaillierte Beschreibung abgeben, damit wir die Attentäter schnell fassen.« Er biss sich auf die Unterlippe. »Wer hat sie geschickt? Welcher wirre Kopf steckt hinter dieser ganzen Sache? Die Hintermänner müssen wir kriegen, das ist die wahre Aufgabe!«
»Eine sehr schwere Aufgabe. Menschen, die einen unergründlichen Hass auf uns Romanows haben, hat es schon immer gegeben«, sagte Olly traurig.
Nachdem sich Karl entschuldigt hatte, schickte sie auch die Hofdamen davon. Als sie schließlich mit Wera alleine war, nahm sie ihre Tochter in den Arm.
»Wehe, es wagt jemand, dir etwas anzutun. Eigenhändig würde ich die Waffe erheben!«
»Ach liebste Olly, du und eine Waffe.« Wera lachte. »Ehrlich gesagt hatte ich gar keine richtige Angst. Erst als sich Evelyn und die Freifrau so ängstigten, wurde auch mir ein wenig mulmig.«
Olly nickte. »Eine tapfere Romanow!« Ihr Blick verlor sich im Raum, als sie sagte:
»Eigenartig,wie sich die Geschichte wiederholt. Heute stand dir Eugen zur Seite, so wie einst vor vielen Jahren sein Großvater meinem Vater zur Seite stand, damals, als die Dekabristen den Aufstand probten. Es scheint tatsächlich so, als hätten wir Romanows Eugen und seiner Familie einiges zu verdanken …«
*
»Und du hast wirklich geglaubt, du würdest so einfach davonkommen? Dass mit solchen Männern nicht zu spaßen ist, weiß doch jedes Kind«, zischte Wily kopfschüttelnd. Gott sei Dank war die Weinstube am späten Nachmittag nur spärlich besucht. Mithörer waren das Letzte, was er brauchte.
Eugen saß in sich zusammengesunken da, vor sich ein unberührtes Glas Wein und einen Teller Suppe. Dass es seinem Freund nicht nur den Appetit, sondern auch gleich den Durst verschlagen hatte, wunderte Wily nicht. Was Eugen erlebt hatte, war wirklich unglaublich.
Endlich schaute sein Gegenüber auf. In seinen Augen stand pure Verzweiflung.
»Nie hätte ich gedacht, dass die Burschen es wagen würden, so massiv gegen mich anzugehen. Immerhin bin ich der Herzog von Württemberg! Außerdem wollte ich das Geld zurückzahlen, wirklich. Aber die Würfel lieben mich nicht mehr. Und die Karten ebenfalls nicht. So eine Pechsträhne kenne ich gar nicht.«
»Pechsträhne! An dieser bist du allein schuld, sonst niemand.«
»Als ob ich das nicht wüsste!«, entgegnete Eugen kleinlaut. »Aber heißt es nicht: Pech im Spiel, Glück in der Liebe?« Sein Grinsen wirkte in dem kreidebleichen Gesicht wie eine Fratze.
»Glück in der Liebe …« Wily winkte ab. »Diese verflixte Tänzerin zieht dir das letzte Hemd aus, und du Trottel merkst es nicht einmal.« Als Eugen ihm gebeichtet hatte, welche Unsummen er für Schmuck und Kleidung für die Tänzerin in den letzten Monaten ausgegeben hatte, war Wily fast schlecht geworden. So viel Geld für eine Frau? Er glaubte kaum, dass seine Mutter – und sie war immerhineine hochwohlgeborene Prinzessin – mehr Geld zur Verfügung hatte als die Beträge, die Eugen genannt hatte. Und nun hatte er seinem Liebchen auch noch eine Wohnung gekauft!
»Etty hat noch nie etwas von mir gefordert, aber die paar Groschen, die sie und ihre Kolleginnen am Theater verdienen, reichen doch vorne und hinten nicht für ein gutes Leben. Und vom Applaus allein wird auch niemand satt. Verstehst du denn nicht, ich wollte ihr etwas bieten. Sie verwöhnen mit ein bisschen Luxus und –«
»Luxus! Wenn du ein luxuriöses Leben führen willst, dann such dir eine Frau, die das entsprechende Geld dafür hat. Und nicht so ein armes Würmchen vom Theater«, sagte Wily heftig. »Verstehst du denn nicht – du hast einfach nicht die Mittel, dir eine solch teure Geliebte leisten zu können!«
Eugen presste die Lippen zusammen und sagte
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