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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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»Olly – Eugen ist tot. Gestorben an einer Brustfellentzündung.«
    *
    Als Wera in Düsseldorf ankam, war es bereits später Abend. Sie winkte eine der bereitstehenden Droschken heran. Nur noch wenige Minuten, dann würde sie Eugen wiedersehen! Nun, so kurz vor dem großen Moment, überfielen sie plötzlich Zweifel an ihrer spontanen Reise. Hatte sie zu viel in seinen Brief hineininterpretiert? Was, wenn ihr Mann gar nicht da war, sondern bei einem auswärtigen Manöver? Oder er war da, aber von ihrem Erscheinen alles andere als angetan? So etwas kannte sie ja …
    Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die vor Aufregung trockenen Lippen. Dann klemmte sie ihren kleinen Handspiegel so zwischen das Rückenpolster und die Frontwand der Kutsche, dass sie sich zumindest ausschnittweise darin betrachten konnte. Während der langen Zugfahrt war das breite Haarband verrutscht, welches ihre krause Lockenpracht bändigen sollte. Ihr Wangen- und Lippenrot hatte sich ebenfalls in nichts aufgelöst, sie sah blass aus. Außerdem musste sie dringend Wasser lassen. Hunger hatte sie auch, hatte sie doch seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. »Trocken Brot macht Wangen rot« – kein Wunder, dass ihr ausgerechnet jetzt dieser Spruch durch den Sinn ging! Eilig zückte sie das kleine Döschen mit Rouge und begann, frische Farbe auf Wangen und Lippen aufzutragen. Ein Zurück gab es nun nicht mehr. Aber wenigstens konnte sie sich für Eugen so hübsch wie möglich machen.
    Nachknapp zwanzig Minuten hielt die Droschke vor dem Haupteingang der Kaserne. Wera packte Kamm, Bürste und Wangenrot in ihre Tasche und bezahlte den Fahrer. Mit zusammengekniffenen Augen schaute sie sich Eugens Quartier an. Aus dem Bodennebel, der so dick wie eine Daunendecke war, ragten ein paar Baracken heraus. Auch konnte Wera mehrere kleinere Gebäude erkennen und dazu Stallungen – an die große Garnisonsstadt Ludwigsburg kam diese preußische Kaserne jedoch nicht heran. Sie musste Eugen wirklich fragen, was er hier so attraktiv fand. Bei den Ulanen in Württemberg wäre er so viel besser aufgehoben.
    »Herzogin Wera von Württemberg«, stellte sie sich vor, als sie am Wächterhäuschen angekommen war. »Ich wünsche meinen Mann zu sehen. Er ist Stabsoffizier –«
    »Ich weiß Bescheid, gnädige Frau, Sie müssen nicht weitersprechen«, wurde sie von einem der zwei Wärter, einem jungen Soldaten mit hohläugigem Blick und schütterem Haar, unterbrochen. Sein Kamerad riss währenddessen das schwere Eisentor auf und deutete auf die Tür des Wärterhäuschens.
    »Wenn Sie bitte einen Augenblick hier Platz nehmen mögen. Wir haben Weisung, unseren Kommandeur von Ihrer Ankunft in Kenntnis zu setzen, er möchte dabei sein, wenn Sie …« Der Mann biss sich auf die Unterlippe und starrte auf den Boden.
    Wera trat von einem Bein aufs andere. Allmählich wurde der Druck auf ihre Blase unangenehm. Und nun sollte sie auch noch unnötig warten? Was glaubte der Bursche eigentlich, wen er vor sich hatte? Überhaupt – was waren das für Sitten in diesem preußischen Regiment?
    »Also wirklich, ich habe die lange Fahrt doch nicht auf mich genommen, um hier auf Ihren Kommandeur zu warten! Ich möchte meinen Mann sehen, und das auf der Stelle.«
    Die beiden Wärter tauschten einen Blick, der eine raunte seinem Kameraden etwas zu, woraufhin dieser nickte. Er räusperte sich und wandte sich erneut an Wera: »Folgen Sie mir bitte!«
    Wera nickte gnädig.
    Sieüberquerten einen quadratischen und penibel sauberen Innenhof. Mehrere Soldaten kamen ihnen entgegen, alle schauten Wera mit einer Mischung aus Verwunderung und Neugier an. Wahrscheinlich kam es nicht alle Tage vor, dass eine Dame hier auftauchte!
    Aus der Nähe betrachtet machte die Kaserne doch keinen ganz schlechten Eindruck, befand Wera, die Mühe hatte, mit dem jungen Soldaten Schritt zu halten. Nachdem sie jedoch mit solchem Nachdruck verlangt hatte, zu Eugen vorgelassen zu werden, wollte sie nun nicht um ein gemäßigteres Tempo bitten. Als sie schließlich vor einem kleinen Gebäude am Rande des Geländes innehielten, war sie völlig außer Atem.
    Der junge Soldat schaute sie fast angstvoll an, dann öffnete er mit einer tiefen Verbeugung die Tür für sie.
    »Ich warte hier draußen.«
    Wera nickte ihm knapp zu und trat ein.
    Mit steifen Schritten, wie eine Marionette, die an zu straffen Fäden geführt wurde, ging sie auf ihren Mann zu.
    Eugen …
    Ihre Gedärme krampften sich zusammen, vergessen

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