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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ehrfürchtig, als sie, Olly und ihre Hofdamen an einem der nächsten Tage doch noch durch die Eremitage schlenderten. »Warum habe ich früher nicht bemerkt, wie schön es hier ist?« Ein Museumsbummel war auf alle Fälle besser als nichts, befand sie. Aber morgen – da würde sie sich von einem echten Spaziergang nicht mehr abhalten lassen!
    Olly lachte. »Als Kind warst du solch ein unberechenbarer Wirbelwind. Wo du dich aufhieltest, ging etwas zu Bruch. Ich bezweifle daher, dass deine Eltern dich auch nur ein einziges Mal in die Eremitage mitgenommen haben.«
    Am späten Nachmittag traf sich die Familie wie an jedem Tag zum Teetrinken im Salon. Auch Iwan Bariatinski und weitere Freunde des Hauses waren anwesend.
    Nun, da Wera wenigstens etwas Bewegung bekommen hatte, war ihr wieder wohler zumute. Die Bilder und Skulpturen hatten sie irgendwann nicht mehr interessiert, dennoch hätte sie noch stundenlang durch die langen Gänge des Museums laufen können.
    Hungrig nahm sie sich von den kandierten Früchten ebenso wie von den Nüssen. Sie ließ sich die kleinen süßen Teigtaschen schmecken und lutschte die braunen Zuckerstücke, während der dickflüssigeschwarze Tee heiß ihre Kehle hinabrann. Der Samowar zischte und blubberte dazu.
    »Unsere schwäbische Kaffeerunde in allen Ehren, aber eine solche Teezeremonie werde ich in Stuttgart auch einführen, meine Gäste werden begeistert sein«, verkündete sie. »Ich muss mir dringend einen Samowar zulegen. Hatten wir solche gemütlichen Teezeremonien eigentlich auch schon, als ich ein kleines Kind war? Ich kann mich gar nicht daran erinnern«, wandte sie sich dann an ihre Mutter.
    Sanny nickte gequält. »Leider war es uns nicht möglich, dich daran teilhaben zu lassen. Es gab gewisse Probleme mit deiner … Koordination. Deine Arme und Beine waren so unruhig, dass du ständig eine Karaffe mit dem Ellenbogen vom Tisch fegtest oder andere Katastrophen verursachtest. Glaub mir, wir haben wirklich alles versucht, um deine … Wildheit zu zähmen. Aber selbst die Ärzte waren ratlos.«
    Wera hielt den Atem an. Kam nun die Entschuldigung, auf die sie seit so vielen Jahren wartete? »Wir haben einen Fehler gemacht, als wir dich weggaben, kannst du uns verzeihen?«  – wie oft hatte sie sich vorgestellt, dass ihre Eltern in Stuttgart auftauchten und reuevoll diesen Satz sagten!
    Doch Sanny winkte dem Dienstmädchen und ließ Tee nachschenken. »Ich habe unsere beste Hofschneiderin für heute Nachmittag hergebeten. Wie wäre es, wenn wir uns alle neue Roben schneidern lassen?«, sagte sie und lächelte spröde.
    Traurig schaute Wera ihre Mutter an. War das wirklich alles, was man ihr schuldete? Durfte sie nicht mehr als diese Oberflächlichkeit erwarten? Noch während Enttäuschung über das Verhalten ihrer Mutter sie durchflutete, spürte sie eine andere Empfindung: große Dankbarkeit gegenüber ihrem Schicksal, das sie nach Stuttgart zu Olly und Karl geführt hatte. Mit welch unendlicher Geduld hatte ihre Adoptivmutter versucht, ihr die Welt zu erklären. Hingebungsvoll und beharrlich zugleich hatten sie, Karl und Evelyn darum gekämpft, Wera unter der Dunstglocke aus Kümmernis, Geistesabwesenheit und Angst hervorzulocken, unter der sie ihre frühe Kindheit verbracht hatte.
    Weralächelte Olly an. »Kommst du mit, wenn ich einen Samowar kaufen gehe? Im Anschluss daran können wir durch den Michaelspark spazieren. Wenn ich nicht bald ein bisschen frische Luft schnappe, werde ich verrückt.«
    Sascha, der sich bisher aus dem Gespräch herausgehalten und stattdessen schläfrig am Kamin gesessen hatte, setzte sich auf.
    »Vielleicht solltet ihr noch eine Weile mit diesen Einkäufen warten. Und mit anderen Ausflügen in die Stadt ebenso. Es ist derzeit nicht gut, sich länger als nötig auf den Straßen aufzuhalten.«
    Seine Frau Cerise nickte. »Ich lasse ein paar Hoflieferanten kommen, damit sie euch eine Auswahl an schönen Samowaren zeigen. Dafür braucht ihr weiß Gott keine unnötigen Risiken auf euch zu nehmen.«
    Irritiert schaute Olly ihren Bruder an. »Risiken? Ich verstehe nicht …«
    »Was soll denn gefährlich daran sein, ein paar Geschäfte aufzusuchen?«, fragte Wera lachend. »Unsere Hofdamen sind doch auch ständig unterwegs, erst gestern kam Clothilde mit herrlichen Wolltüchern aus einer Weberei zurück.«
    Sascha seufzte. »Um euer Gefolge braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, normale Bürger und einfache Adlige können nach wie vor ihrer Wege

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