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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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fortan dringender denn je an ihrer Seite brauchen.
    Olly selbst hatte ihre Gefühle wie immer strikt unter Kontrolle. Bleich, aber gefasst nahm sie die Beileidsbekundungen, aber auch die Glückwünsche ihrer Familie entgegen.
    »Olga Nikolajewna, jetzt bist du endlich Königin von Württemberg! Wenn das dein Vater erlebt hätte.« Mit glänzenden Augen hatte die Zarenmutter ihre Tochter auf beide Wangen geküsst.
    Einzig Eve ahnte, welch schrecklicher Gefühlswirrwarr in ihrer Herrin toben musste. Ihr war nicht einmal Zeit geblieben, um von Fürst Bariatinski und ihren Träumen von einem neuen Leben Abschied zu nehmen. Lediglich eine eilig hingeworfene Notiz übergab sie Eve, damit diese sie Bariatinski überbrachte.
    Mit regloser Miene las der Fürst die wenigen Zeilen, und einzig das Zucken unter seinem rechten Auge verriet Evelyn, dass er nicht so teilnahmslos war, wie es den Anschein hatte.
    »Richten Sie der Königin meine besten Wünsche aus«, sagte er steif, dann ließ er sie einfach stehen.
    Nachdem die Koffer gepackt waren, reisten Karl und Olly auf dem schnellsten Weg nach Stuttgart zurück.
    Evelyn und Gortschakow folgten in einer separaten Kutsche. Sie war sich noch nicht sicher, ob es sie beruhigte oder eher nervös machte, dass der Russe beschlossen hatte, ihnen in den kommenden stürmischen Tagen zur Seite zu stehen. Wenigstens wollte er keine »Problemgespräche« mit ihr führen, und so konnte Eve in Ruheihren Gedanken an verlorene Chancen nachhängen und traurig sein.
    Tags darauf leerte sich Bad Kissingen zusehends, und die Hoheiten, die es sich zuvor bei Champagner und Heilwasser hatten gutgehen lassen, reisten ebenfalls nach Stuttgart, um am 27 . Juni Karls und Olgas Inthronisierung beizuwohnen. Zu Weras überschwänglicher Freude kamen auch ihre Eltern sowie Sophie, Königin der Niederlande. Sie war eine der wenigen, die wahrhaft um Wilhelm trauerten.
    Am Tag der Thronbesteigung war auf den Straßen der Stadt kein Durchkommen mehr, Stuttgart wimmelte vor Zugereisten. Aus den Remstäler Weinbergen, aus Dörfern auf der Schwäbischen Alb, selbst vom Bodensee her waren die Menschen angereist, um Karl und Olly in ihrer offenen Kutsche zu huldigen. Das Volk jubelte seinem schönen, wenn auch nicht mehr ganz jungen Königspaar aus voller Kehle zu, und auch in den Sälen des Schlosses ließ man die neuen Regenten hochleben.
    Karl und Olly selbst erlebten den großen Moment wie in einem Trancezustand – für ein tieferes Wahrnehmen, für ein Verständnis ihrer neuen Position gar, blieb ihnen erst einmal keine Zeit.
    *
    Dass Tante und Onkel so beschäftigt waren, gefiel Wera nicht, ihr wäre es lieber gewesen, noch ein bisschen Zeit mit Olly verbringen zu können. Gerade jetzt, wo ihr Abschied doch unmittelbar bevorstand. Erstaunt stellte sie fest, dass der Gedanke an die Trennung sie schmerzte. Konnte es sein, dass sie Stuttgart und seine Menschen doch liebgewonnen hatte? Nun, für manche Stuttgarter wie Margitta und Lutz traf dies unzweifelhaft zu. Vielleicht war es am besten, sich heimlich und unbemerkt fortzuschleichen? Abschiede waren nichts für sie, so viel hatte sie schon herausgefunden.
    Am Tag nach der Inthronisierung fragte sie ihre Eltern nach dem genauenReisetermin. Kosty und Sanny wanden sich wie Aale in einem Korb. Schließlich eröffneten sie ihr die Wahrheit: An eine Rückkehr Weras nach Russland war gar nicht gedacht worden.
    Wera war maßlos enttäuscht. Ihr Schrei gellte minutenlang durchs ganze Schloss, danach verstummte sie für den Rest des Tages. Als Sophies Sohn Willem Alexander eine dumme Bemerkung über Eugen von Montenegro machte, zettelte sie die schlimmste Rauferei an, die es je im Stuttgarter Schloss gegeben hatte. Willem, selbst ein ausgewiesener Rüpel, trug ein blaues Auge davon, seine Prachtuniform – die erste seines Lebens – wies ausgerechnet am Hosenlatz einen langen Riss auf. Weras Arm war gezerrt und ihr Knie aufgeschlagen. Danach herrschte zwischen den Streithähnen feindselige Stille. Die Erwachsenen machten tadelnde Bemerkungen, weitere Strafen blieben jedoch aus, zu sehr war jeder mit sich selbst beschäftigt.
    Ihren Eltern begegnete Wera danach mit aufgesetzter Höflichkeit, suchte aber nicht weiter ihre Nähe. Falls Kosty und Sanny die Distanziertheit der Tochter überhaupt wahrnahmen, schienen sie nicht darunter zu leiden.
    Die Einzige, die in diesen bewegten Tagen, an denen es vor Fremden und Gästen am Hof nur so wimmelte, Zeit für Wera hatte, war

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