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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Markthalle? Ich stecke mitten in diversen Projekten! Der König –«
    » Der König, von dem Sie sprechen, ist tot. Die Projekte, von denen Sie reden, sind es größtenteils auch. Unser König heißt Karl I., und er gewichtet viele Dinge anders als sein Vater. Dass die Armen ein Dach über dem Kopf haben, ist ihm wichtiger als noch ein Prunkbau und noch ein paar Blumenrabatten mehr. Aber das muss Sie wirklich nicht mehr kümmern.« Ihr Lächeln wurde noch künstlicher. »Sie sind entlassen!«
    Hackländer funkelte sie an. Seine bösen Gedanken waren für Olly deutlich auf seiner Stirn zu lesen, seine Verwünschungen klangen laut in ihren Ohren. Sie wartete nur auf seine Widerworte. Oh, wie sie darauf wartete! Jede Erwiderung, jedes Wort hatte sie sich zurechtgelegt. Jahrelang hatte sie auf diesen Moment gewartet.
    Doch Friedrich Hackländer, Tausendsassa, Dichter, Dramaturg, Friedrich Hackländer, Karls ehemaliger Sekretär und nun auch ehemaliger Leiter der Garten- und Bauamtsdirektion, war ein kluger Kopf und wusste, welche Stunde geschlagen hatte. Flehen? Überredungsversuche? Genauso gut hätte er mit einer der nackten Statuen, die er auf Wunsch von König Wilhelm für die Wilhelma aus Italien importiert hatte, diskutieren können. Stattdessen machte er einen übertrieben tiefen Diener und verabschiedete sich mit einem Nicken.
    Olly schaute dem Mann nach. Irgendwie hatte sie sich von diesem letzten Zusammentreffen, dem ersten, das nach ihren Vorstellungen ablief, mehr erwartet. Da hielt sie endlich die Fäden in der Hand und –
    »Das haben Sie gut gemacht, Eure Hoheit«, sagte Gräfin Taube, die wie Evelyn mit einem Stapel Briefe an einem der Nebensekretäre saß.
    Olly runzelte die Stirn. »Bei Ihren Worten komme ich mir vor wieeine gelehrige Schülerin. Apropos, wo ist eigentlich Wera? Ihr Unterricht müsste doch für heute beendet sein. Täusche ich mich oder hat Madame Trupow nicht erneut um einen freien Nachmittag gebeten?«
    »Ja, sie hat vorhin das Haus verlassen«, sagte Eve.
    Abrupt warf Olly ihren Stift zur Seite.
    »Es kann nicht angehen, dass Weras Gouvernante nur noch die Stelldicheins mit ihrem Verehrer im Kopf hat. Dieses verliebte Getue ist ja nicht mit anzusehen!« Herrisch nickte sie in Richtung ihrer zwei Hofdamen. »Und? Ich weiß immer noch nicht, wo das Kind ist.«
    »Wera ist mit Lutz von Basten in der Stadtbücherei«, antwortete Evelyn in neutralem Ton. »Sie will sich unbedingt Bücher über die Flora und Fauna Württembergs ausleihen.«
    Zum ersten Mal an diesem Tag entspannte sich Ollys Miene, der Anflug eines Lächelns erschien. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte Wera Bücher zum Feuermachen verwandt, nun war sie eine eifrige Leserin. Und sie würde bei ihnen bleiben. Die Gefahr, dass Kosty seine Tochter mitnahm, war wieder einmal vorübergegangen.
    »Was gibt’s denn noch?«, fragte sie lustlos, als sie Eves Blick auf sich ruhen spürte. Warum konnte man sie nicht einfach eine Weile zur Besinnung kommen lassen?
    »Verzeihen Sie, Hoheit, aber war es nicht ein wenig übereilt, Herrn Hackländer zu entlassen? Er hinterlässt mehrere unvollendete Projekte, wovon man sich auf jeder Fahrt durch die Stadt –«
    »Und wenn schon«, unterbrach Olly Evelyns Kommentar unwirsch. »Wie wäre es, wenn du mir einen Überblick über die anliegenden Aufgaben gibst, anstatt mich zu kritisieren?«, fuhr sie barscher fort, als sie wollte.
    Evelyn hob leicht die Augenbrauen. Nach kurzem Sortieren lieferte sie die gewünschten Informationen in gewohnt versierter Manier.
    »Hier ist noch ein Schreiben vom Vorstand des Württembergischen Sanitätsvereins, man bietet Ihnen das Protektorat an.«
    »Wieschön! Bitte schreibe zurück, dass ich mich sehr geehrt fühle und dankend annehme«, sagte Olly. Das wohlige Gefühl von Genugtuung, welches ihr zuvor im Gespräch mit Hackländer versagt geblieben war, floss nun endlich durch sie hindurch und wärmte sie von innen. Als Königin würden ihr viel mehr Gelder als bisher zur Verfügung stehen, sie würde ihre Unternehmungen nicht mehr allein aus ihrer Privatschatulle finanzieren müssen. Ein kostspieliges Protektorat? Kein Problem mehr! Ein neues Dach für die Nikolauspflege? Endlich würde es wahr werden. Und als Nächstes würde sie veranlassen, dass die Olga-Heilanstalt endlich ausgebaut wurde, es konnte nicht angehen, dass dort die Krankenbetten wegen Überfüllung auf den Fluren standen. Ja, Württembergs Armen standen gute Zeiten bevor, nun, da

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