Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
Klinik nicht mehr verwenden können, wird es weiterverkauft. Aber es bleibt sauberes, gründlich ausgetestetes Blut.«
»Ab und zu eine Konserve? Wieviel Konserven pro Monat sind das? Ich lasse mich nicht gerne für dumm verkaufen. Vielleicht wäre ein bißchen mehr Wahrheit kein schlechter Anfang für ein neues Leben.«
Für die Pharmaindustrie ist Blut ein Rohstoff, wie Erdöl in der Petrochemie. Die moderne Medizin hat einen kaum stillbaren Bedarf an Konzentraten aus bestimmten Blutbestandteilen, die zu ansehnlichen Preisen verkauft werden.
Schließlich gab Margret zu, daß es um mehr als ein paar Konserven ab und zu ging. Es war die gleiche Argumentation wie neulich: Schon die erste Lieferung im Sommerblutloch sei mehr Blut gewesen, als die Klinik selbst hatte verwenden können. Geschäftemacher Boris hatte dann die Idee mit dem Weiterverkauf und Verwaltungsleiter Bredow wegen des Kliniketats nicht nein gesagt.
»Wissen diese Firmen, daß sie kein deutsches Blut kaufen?«
»Das weiß ich nicht. Ich mache nur die Testung. Um den Rest hast sich Knut gekümmert. Und für ihn habe ich es gemacht.«
»Ich weiß, die russische Spende. Und jetzt machst du es für ein Cabrio.«
Margret zog die Knie etwas weiter an und wickelte sich in meine Patchworkdecke. Auch mit der schützenden Decke sah sie immer noch sehr verletzlich aus.
»Ich hatte noch nie ein fabrikneues Auto.«
Sie strich über meine Decke, als wäre das die Sonderausstattung mit Ledersitzen und echtem Holz am Armaturenbrett. »Herzlichen Glückwunsch, Margret. Was hast du noch aus dem Rußlandgeschäft herausgeholt? Ein Golf Cabrio mit Sonderausstattung kann doch nicht alles für deine treuen Dienste sein! Vielleicht ein wenig Schmuck, ein paar Diamanten aus Sibirien? Ein kleiner Zobel für unsere kalten Winter? Oder hast du lieber eine antike Ikone auf Gold genommen? Ist ein schöner Wandschmuck und eine solide Wertanlage für die Zukunft.«
Ich steigerte mich in eine bemerkenswerte Selbstgerechtigkeit. Wir waren einmal ein Paar gewesen, ich hatte ihr vertraut. Und nichts enttäuscht mehr, als wenn unsere Freunde nicht so sind, wie wir sie sehen wollen. Vielleicht aber war es auch immer noch verletzte Eitelkeit, daß sie es gewesen war, die damals Schluß mit mir gemacht hatte. Ich fuhr unbeirrt fort.
»Hast du dir überlegt, wer zum Schluß für alles zahlt? Für dein neues Auto und was weiß ich noch wofür? Ich will es dir sagen: Es sind nicht Herr Dohmke oder dein Freund Boris. Es ist auch nicht die Pharmaindustrie, die euch deutsche Preise für russisches Blut zahlt. Es sind du und ich und mehr noch die vielen kleinen Angestellten und Arbeiter, die über ihre Krankenkassenbeiträge solche Geschäfte finanzieren. Und dafür dürfen sie noch für jeden Tag in unserem großartigen Krankenhaus zuzahlen.«
Margret sah mich an, eine Träne in ihrem grünblau umrandeten Auge.
»Felix, hast du schon einmal daran gedacht, dich in Marmor meißeln zu lassen? Vielleicht mit einem angestrahlten Heiligenschein über dem Kopf? Ich habe dir gestern die Wahrheit gesagt. Ich habe bei der Sache mit dem Blut mitgemacht, weil mich Knut Bredow darum gebeten hat. Für ihn und für die Klinik.
»Und jetzt, wo dein Freund und unser aller Verwaltungsdirektor Knut Bredow tot ist, meinte Dohmke, daß vielleicht ein paar großzügige Geschenke an dich angebracht seien, um dich bei der Stange und das Geschäft am Laufen zu halten?«
»Wenn es dich beruhigt, Felix, außer meinem dekorativen Veilchen war der Golf alles, womit Dohmke mich bei der Stange halten wollte.«
Margret kramte ein ziemlich verknülltes Taschentuch aus ihrer Handtasche, die Träne in ihrem Veilchenauge hatte reichlich Gesellschaft bekommen.
»Sie kamen neulich abend, zu viert. Dohmke, Boris und zwei ihrer Schlägertypen. Ich war schon im Bett. Ich hatte nicht mehr daran gedacht, daß Boris noch einen Schlüssel zu meiner Wohnung hatte. Plötzlich standen die vier in der Tür zu meinem Schlafzimmer. Dohmke war der Wortführer. Er habe mit mir zu sprechen. Mit den beiden Gorillas war mir klar, daß Widerspruch nichts nutzen würde. Also zog ich mir etwas über und traf die Herrschaften in meinem Wohnzimmer. Um zu sehen, was passieren würde, sagte ich, ich müsse erst einmal telefonieren. ›Oh, unsere kleine Margret will vielleicht ihren neuen alten Freund anrufen. Oder ihren Rechtsanwalt. Natürlich, Margret, telefoniere erst einmal‹, sagte Boris, und dann sagte er etwas auf russisch zu einem
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