Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
der ich die Heckscheibe ersetzt hatte. Wenn ich oder Margret wirklich beobachtet und verfolgt werden, dann gibt es einen potenten Gegner mit Interessen, die er mit einigem Aufwand schützen will. Ich beschloß, vorsichtiger als bisher zu sein und Celine in Zukunft aus der Geschichte herauszuhalten. Heute abend würde ich wohl nicht sehr in Gefahr sein, ich wollte mich nur vor dem Fernseher lümmeln, um mich ein paar Stunden später mit schlechtem Gewissen über die vertane Zeit ins Bett zu trollen.
Es kam anders. Nein, meine Wohnung war nicht erneut verwüstet worden, aber vor ihr saß ein Häufchen Unglück auf der Treppe. Margret. Sie sah noch schlechter aus als gestern abend, und ihr Flüstern war kaum zu verstehen.
»Es ist schlimmer, als du denkst, Felix!«
»Sieht so aus. Aber, weißt du, es ist nie so schlimm, wie man denkt. Komm erst einmal mit rein.«
Weise Sprüche sind bekanntlich meine Spezialität. Immerhin, ich war erleichtert, Margret schien keinen Koffer dabeizuhaben. Sie wollte wohl wirklich nur mit mir reden.
»Kann ich dir etwas anbieten?«
Margret ging auf meinen Balkon und beschäftigte sich damit, vertrocknete Blüten aus meinen Fuchsien und Tausendschönchen herauszuknipsen, die, in letzter Zeit vernachlässigt, mindestens ebenso traurig wie Margret aussahen.
»Hast du vielleicht einen Tee?«
»Hab ich. Irgend etwas dazu?« Margret stand in der Tür.
»Vielleicht ein neues Leben für mich!«
»Tee geht schneller. Ich mach dir einen.«
Margret beschäftigte sich weiter mit meiner Balkonbepflanzung, ich mit dem Tee. Ihre Bemerkung über ein neues Leben beunruhigte mich. Sie meinte hoffentlich nicht, daß ich Verantwortung für ihr Leben übernehmen sollte. Das kann ich kaum für mein eigenes.
Es war relativ kühl, ich brachte den Tee in mein Wohn-Arbeits-Herumflegelzimmer und für mich das Bier, das ich für meinen Fernsehabend bereitgestellt hatte. Margret zog die Schuhe aus und setzte sich auf meine Couch, die Füße angezogen und mit meiner Patchworkdecke, einem Weihnachtsgeschenk von Celine, über den Knien. Sie hatte offensichtlich Schwierigkeiten, einen Anfang für unser Gespräch zu finden. Also begann ich.
»Ich war heute mittag in der Blutbank. Ich wollte mich entschuldigen, daß ich dich gestern abend so überfallen habe.«
»Das war nicht so schlimm, Felix. Weißt du, was wirklich schlimm war? Dein fehlendes Vertrauen. Schließlich haben wir uns einmal geliebt, und ich dachte, wir wären immer noch Freunde.«
Im Prinzip hatte sie recht. Wir waren seinerzeit mit dem üblichen, aber in unserem Fall fast ernstgemeinten Wir-bleibentrotzdem-Freunde auseinandergegangen.
»Ich denke auch, daß wir Freunde sind. Aber wozu sind Freunde da, wenn du mit deinen Problemen nicht zu mir kommst?«
»Deshalb bin ich jetzt bei dir. Ich brauche dich.«
Sie nahm meine Hand und begann, sie wie gedankenverloren zu streicheln. Mein Mitleid ist ziemlich leicht zu wecken, ebenso meine Sexualität. Vielleicht irrte ich, aber wenn mich etwas wütend macht, ist es das Gefühl, manipuliert zu werden. Ich entzog ihr die Hand.
»Wozu brauchst du mich heute, Margret? Hast du Probleme mit den Unterhaltskosten für dein neues Auto?«
Margrets Haltung versteifte sich.
»Das ist nicht fair.«
»Nicht fair? Ein Cabrio für deine zusätzliche Tätigkeit in der Blutbank – ist es das, was du unter fair verstehst?« Ich kam langsam in Fahrt. »Meinst du nicht, daß ein Cabrio ein bißchen sehr großzügig ist für neue Etiketten auf ein paar Blutkonserven? Geht es nicht um ein wenig mehr? Könnte es sein, daß ihr einen schwunghaften Handel mit der Industrie aufgezogen habt?«
Margret gab mir wieder diesen »Blödmann!«-Blick wie heute morgen, eher traurig als zornig.
»Du kommst dir bestimmt ganz toll vor. Superdetektiv verfolgt MTA durch das nächtliche Berlin. Kannst stolz auf dich sein.«
»Ich habe dir gestern abend nicht aufgelauert. Ich mußte vor meiner Heimfahrt noch eine tote Ratte entsorgen, die sich auf meinem Sitz breitgemacht hatte. Deshalb war ich noch in deiner Straße, als du abgerauscht bist. Und dann hatten wir plötzlich den gleichen Weg, wenigstens bis zum Roseneck. Und ich war neugierig. Natürlich habe ich mich über dein funkelnagelneues Auto gewundert. Hat es auch Ledersitze, Armaturenbrett aus echtem Holz?«
»Schön, Felix, es stimmt. Ab und zu wird auch eine Konserve verkauft. Bist du nun zufrieden? Wenn das Haltbarkeitsdatum fast abgelaufen ist und wir das Blut in der
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