Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
die Blutkonserven geht.«
Margret studierte weiterhin die Zimmerdecke.
»Dohmke hat dich unterschätzt.«
»Hat er das? Jedenfalls hat er mir heute durch die Blume eine kräftige Gehaltserhöhung angeboten.«
»Das ist ihre Taktik. Erst Geld, dann Drohungen. Dann immer neue Wünsche an deine Kooperationsbereitschaft. So war das auch bei Knut.«
Einen Moment saßen wir schweigend da. Ein Stilleben mit einem Toten. Ich zuckte zusammen, als Margret wieder sprach.
»Ich habe nicht gesagt, daß er Knut in den Tod getrieben hat.
Er hat ihn umgebracht. Er oder Boris oder ihre Leute. Es war Mord.«
Ich verstand, daß sie ihre Tat irgendwie rechtfertigen mußte, und sei es auch nur sich selbst gegenüber.
»Woher willst du das wissen?«
»Du, du selbst hast es mir gesagt.«
Ich wußte nicht, was sie meinte.
»Erinnerst du dich? Du hast mir erzählt, wie du ihn gefunden hast in dieser Nacht. Ich werde deine Worte nie vergessen. Du hast mir gesagt, was ich Dohmke bestellen soll: ›Und wenn er fragt, warum er das glauben soll, dann sag ihm, weil ich keine Lust habe, mich eines Tages wie dein Freund Bredow mit den Händen in den Hosentaschen an meinem Gürtel aufgehängt zu finden.‹ Genau das hast du gesagt.«
Es stimmte.
»Findest du es nicht etwas eigenartig, daß jemand die Hände in die Hosentaschen steckt, wenn er sich erhängt?«
Es war mir etwas seltsam erschienen, richtig. Ich hatte noch überlegt, ihm wenigstens die Hände aus den Taschen zu holen.
»Das ist die Art, wie die russische Mafia Leute umbringt, die ihr Geld veruntreut haben.«
»Mit den Händen in den Hosentaschen?«
»Ja, Boris hat mir das früher einmal erzählt. Es ist wie bei den Pfadfindern oder beim Ku-Klux-Klan. Männer brauchen immer eine Geheimsprache. Will die Mafia jemandem drohen, legen sie ihm eine tote Ratte vor die Tür oder ins Auto. Wenn sie einen Verräter umbringen, schneiden sie ihm das Glied ab und stecken es ihm in den Mund. Wenn einer ihrer Leute sich selbst mit Geld bedient hat, schneiden sie ihm die Hände ab. Es sei denn, es soll nach Selbstmord aussehen. Dann stecken sie ihrem Opfer nur die Hände in die Hosentaschen.«
Ich muß etwas ungläubig geschaut haben.
»Keine Angst, Felix, Irrtum ausgeschlossen. Dohmke hat es mir vorhin selbst bestätigt.«
Sie erzählte. Dohmke war heute abend hier aufgekreuzt, um sie zur Räson zu bringen, wie er sich ausgedrückt hatte. Sie solle ja nicht auf irgendwelche dummen Gedanken kommen. Sonst würden sie es mit ihr genauso machen wie mit Bredow.
»Warum sollten sie Bredow umgebracht haben?«
»Weil er aussteigen wollte. Er hatte genug. Natürlich war er ursprünglich froh, als sie ihn nach der Katastrophe mit den Optionsscheinen aus der Klemme geholfen haben. Danach hatte er keine wirkliche Wahl mehr. Plötzlich war er nur noch der Buchhalter ihrer genialen Geldwaschmaschine. Und Angst bekam er, als er merkte, daß sich jemand an seinem Computer zu schaffen gemacht hatte«, Margret nahm noch einen Schluck von dem Pfefferminztee und starrte in die Tasse. »Wir wollten weg, weit weg. Er hat eine kleine Rente für uns in die Schweiz überwiesen, und das hat ihn das Leben gekostet.«
Obwohl mir Bredow leid zu tun begann, war ich erleichtert. Das neuerliche Loch in Bredows Buchhaltung klärte sich auf. Die drei Millionen in der Schweiz! Keine schlechte Altersrente.
»Wie haben sie das gemerkt?«
Ich meinte, fast einen Anflug von Lächeln auf Margrets erstarrtem Gesicht wahrzunehmen.
»Sie haben gar nichts gemerkt. Knut hat das sehr geschickt gemacht. Und sie hätten es wahrscheinlich auch erst lange nach unserem Verschwinden herausbekommen. Es war einfach Pech. Wie gesagt, das meiste Geld hat Knut in Zürich angelegt. Ein paar hunderttausend Mark hatte er aber auf eine Bank auf den Cayman Islands überwiesen, sozusagen als Startkapital, da wollten wir als erstes hin. Aber die Bank auf den Cayman Islands gehört der russischen Mafia, Freunden von Boris! Ist das nicht verrückt? Die haben sich dafür interessiert, woher die Überweisung kam. Damit konnte niemand rechnen, aber das tun diese Mafiabanken immer. Die gehen davon aus, daß es sich bei solchen Überweisungen in der Regel um Schwarzgeld handelt, und schauen, ob nicht eine kleine Erpressung drin ist. Trotz Knuts Vorsicht konnten sie die Überweisung bis in die Klinik zurückverfolgen und haben sich bei Boris erkundigt. Das war's.«
Arme Margret. Statt mit ihrem Geliebten den karibischen Sonnenuntergang zu
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