Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
geschwängert worden, welche MTA hat sich wen geangelt? Torsten holte eine neue Flasche Wein.
»Wie findest du es eigentlich, jetzt für eine GmbH zu arbeiten?« fragte Torsten, als er mit dem Wein zurückkam.
»Klinik ist Klinik«, meinte ich.
»Typischer Doktorstandpunkt. Natürlich, die Patienten sind die gleichen, ihre Leiden sind die gleichen, deine Nachtdienste sind die gleichen. Aber vergiß nicht – du arbeitest jetzt für ein freies Wirtschaftsunternehmen.«
»Wenn ich Bredow höre, arbeite ich für ein Unternehmen am Rand der Pleite.«
Torsten meinte, er hätte schon ein paar Ideen, wie man eine Menge Geld mit der Klinik verdienen könnte.
»Wunderbar: Die Humana-Klinik als Zentrum des internationalen Organhandels! Im Pathologiekeller verhökert Karl Hornhäute an Augenärzte und Knochen an die Unfallchirurgen, oben verscheuern die Gynäkologen Embryos und Plazentas, wir bieten Herzen und was sonst noch so an inneren Organen gefragt ist! Kommt zwar zur Zeit in jedem zweiten TV-Krimi vor, ist aber nicht so leicht zu organisieren, geschweige denn geheimzuhalten.«
Von der warmen Sommernacht und vom Alkohol beflügelt, wetteiferten wir um die beste Idee, mit dem Krankenhaus Geld zu machen. Als Torsten vorschlug, in der Nuklearmedizin kleine Atombomben für die Dritte Welt zu basteln, war auch für mich Zeit, ins Bett zu gehen.
Zuletzt stellte Torsten die interessante Frage, wem eigentlich die Humana-GmbH gehört, Bredow sei doch nur der Kassenwart. Ich hatte mich das nie gefragt.
»Weißt du es, Torsten?«
»Nicht wirklich. Ich will es auch gar nicht genau wissen. Ich kann dir nur sagen, daß mir einige der Leute in diesem Bridgeclub, mit dem Dohmke hier ab und zu anrollt, überhaupt nicht gefallen.«
Torsten ist nett, spielte aber schon in der Klinik gerne den Geheimnisvollen, und außerdem hatten wir beide genug Alkohol intus. Ich stolperte vorsichtig über das Kopfsteinpflaster hinüber zu unserer Scheune. Celine schlief schon fest.
Am Sonntag morgen stand ich ganz leise auf. Kein Problem mit Celine, die morgens erst einen weiten Weg aus dem Reich des Schlafes zurück ins Leben finden muß. Celine sammelt Muscheln. Ich hatte ihr erzählt, daß man natürlich auch im Spreewald Muscheln finden könne, und in der Stadt eine Tüte mit Südseemuscheln gekauft, die ich jetzt am Ufer, wo die Kähne angekettet sind, unter den Sand mischte.
Das Sonntagsfrühstück hatte Torsten als Überraschung arrangiert. Ein Spreewaldkahn wartete mit gedecktem Frühstückstisch, frischen Brötchen aus der hoteleigenen Bäckerei und Kaffee in Thermoskannen. Ohne uns mit Geschwätz zu belästigen, stakte der Schiffer seinen Kahn durch die ruhigen Spreearme und Wälder, die trotz der schon hoch am Himmel stehenden Sonne etwas von verzauberten Märchenwäldern hatten. Tanzende Elfen hätten nicht wirklich überrascht. Celine trug einen Strohhut, eine Wanddekoration aus dem Hotel, und schien einem Monet oder einem Renoir entsprungen. Wir fühlten uns wohl.
Zurück in unserem Zimmer konnten wir noch einen schönen Mittagsschlaf machen. Auf das Mittagessen hatten wir nach dem reichlichen Frühstück verzichtet, vor der Rückfahrt nach Berlin brachten wir uns mit einem kräftigen Espresso wieder in Schwung. Celine gönnte sich dazu einen Apfelstrudel mit heißer Vanillesauce, abends würde sie mir dafür Vorwürfe machen.
Gegen fünf hatten wir unsere Fahrräder wieder auf dem Dach und die Klamotten im Kofferraum, um halb sechs kam unsere Heimfahrt erst einmal zum Stillstand. Bereits zwischen Mittenwalde und Ragow standen wir im Stau.
Celine zog die Knie an und drehte sich zu mir, den Rücken gegen die Beifahrertür gelehnt.
»Ist irgend etwas los in der Klinik?«
»Was meinst du?«
»Weil du sonst praktisch nie über die Klinik redest, besonders nicht am Wochenende, und schon gar nicht, wenn ich dabei bin. In dieser Beziehung bist du gewöhnlich ziemlich höflich.«
»Woher willst du wissen, worüber ich rede, wenn du nicht dabei bist?«
Immerhin hat Celine Mathematik studiert, sie liebt es nicht, wenn an ihrer Logik etwas nicht stimmt.
»Lenk nicht ab. Was läuft quer in der Klinik?«
Über das Autoradio wurde jetzt erstmals vor dem Stau gewarnt, in dem wir standen, und eine Ausweichempfehlung gegeben. Schönen Dank!
Ich hatte einen Fehler gemacht. Ich hätte Celine irgendeine Geschichte aus der Klinik erzählen sollen, vielleicht von Frau Schön und ihrem Gallenstein, aber mein kleiner Ablenkungsversuch war
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