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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Schlepzig im unteren Spreewald, was für den Berliner eine kaum verständliche Bezeichnung ist, liegt der untere Spreewald doch oben, das heißt nördlich des oberen Spreewaldes. Im Gegensatz zum oberen Spreewald mit seinen Großparkplätzen und vollgestopften Touristenkähnen ist Schlepzig noch sehr beliebt bei den Störchen, die hier in großer Zahl zum Sommerquartier einfallen.
    Und Schlepzig hat ein ausgesprochen hübsches kleines Hotel, es heißt »Zum grünen Strand der Spree« und gehört Torsten Römer. Torsten Römer hat früher als Röntgendoktor bei uns in der Klinik gearbeitet, aber rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt. Jetzt ist er Hotelbesitzer und lebt glücklich und zufrieden mit seiner Familie im Spreewald.
    Torsten empfing uns herzlich und half, die Fahrräder vom Autodach herunterzuholen. Wir bekamen ein nettes Zimmer in der ehemaligen Scheune mit Blick auf das Moor. Durch etwas gemeinsame Aktivität im Bett halfen Celine und ich uns gegenseitig in einen entspannenden Spätmittagsschlaf. Am Nachmittag radelten wir durch die Landschaft.
    Obwohl es seit langem mein erstes klinikfreies Wochenende war, hielt sich das Wetter erstaunlich gut. Bei den Fischteichen suchten Hunderte von riesigen Libellen durch irrwitzige Flugmanöver ihre zukünftigen Partner zu beeindrucken, nicht anders Hunderte von Fröschen durch mehr oder weniger melodisches Quaken.
    Selbst das für den Abend angekündigte Regentief hatte sich irgendwo über der Oder vertrödelt. Torsten hatte im Innenhof den Grill angeworfen, Grillduft aktivierte unsere Speicheldrüsen, und trotz der vielen Mücken, die wir als Tribut an eine halbwegs intakte Umwelt akzeptierten, wurde es ein schöner Sommerabend.
    Nach dem Essen setzte sich Torsten zu uns und wollte den aktuellen Klatsch aus der Klinik wissen. Es stellte sich aber schnell heraus, daß er besser informiert war als ich, sein Hotel ist ein beliebtes Wochenendziel auch bei anderen Ärzten aus der Klinik. Professor Dohmke, hört man, kommt öfter mit seinem Bridgeclub zum Wochenendturnier.
    »Hast du schon eine Karte bekommen vom fleißigen Schreiber aus Amerika?«
    »Ich weiß nicht einmal, ob er schon in New York ist. Ich habe mich nur gewundert, wie schnell er plötzlich verschwunden war. Wir bekommen natürlich keinen Ersatz und dürfen seine Arbeit auch noch mitmachen.«
    »Man muß sich entscheiden«, Torsten zog sich einen zweiten Stuhl heran, legte seine Beine darauf und schaute in den Nachthimmel, »Karriere oder das Leben leben. Ich habe mich für Leben leben entschieden. Wie managt Marlies ihre Station ohne Schreiber?«
    Auch Celine studierte jetzt intensiv den Nachthimmel. Sie hegte den chronischen Verdacht einer Affäre zwischen Marlies und mir, was nur eingeschränkt stimmte.
    »Marlies ist die Hauptleidtragende von Schreibers US-Trip. Sie darf sich mit einem übereifrigen AIPIer herumschlagen, mit dem ich auch schon meine Freude hatte.«
    »Licensed to kill?«
    Ich nickte. Torsten schenkte uns nach, der Wein war gut und von angenehmer Frische. Aus dem Hotel kam gelegentlich ein kollektives Stöhnen, im Fernsehen wurde Italien gegen Rumänien übertragen. Da stöhnten die wahren Fußballfans, während ich mich als Sportchauvinist mit der mageren Fußballkost deutscher Herkunft begnügte.
    »Kassenwart Bredow«, meinte Torsten, »wird bald geschnallt haben, daß die Klinik noch mehr sparen kann, wenn er euch alle rausschmeißt und nur noch mit AIPlern arbeitet.«
    »Und nach uns wird er die kostenintensiven Patienten abschaffen, die Tumorpatienten zum Beispiel oder die Kinder. Die schlucken einen Haufen teurer Medikamente zum gleichen Pflegesatz wie ein harmloser Blinddarm.«
    Celine, immer bereit, an das Gute im Menschen zu glauben, hatte einen logischen Einwand.
    »Warum darf Schreiber dann zur Weiterbildung nach Amerika, wenn deinen Bossen nichts an der ärztlichen Qualität eurer Klinik liegt?«
    »Dafür kriegt sie einen Punkt, Felix!«
    »Vielleicht hat Schreiber hochgestellte Freunde in der Klinik«, entgegnete ich.
    Wieder bewies Torsten seine immer noch guten Kenntnisse über die Klinik.
    »Das müßten aber ziemlich neue Freundschaften sein.«
    Celine bekam bald genug von unserem Was-macht-denn-eigentlich ...? und verabschiedete sich ins Bett. Nun ging es erst richtig los mit unserem Kliniktratsch. Bredow, Dohmke, Kindel ... Die Chirurgen, die Gynäkologen, die Radiologen ... Natürlich auch Wichtigeres: Welche Schwester ist von welchem Doktor in letzter Zeit

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