Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
einen Gamma-Status im System. Wir brauchen Dohmkes Zugriffsberechtigung.«
»Seine Frau heißt, glaube ich, Karin.«
»Männer sind zwar nicht sonderlich einfallsreich, aber das wird nicht reichen, schätze ich.«
Es stimmte, Karin reichte nicht. Karin war auch der Name der Frau oder Tochter oder Geliebten eines anderen unserer Stationsärzte und eröffnete uns ebenfalls nur eine Gamma-Berechtigung im System.
»Und was machen wir nun?«
»Du jedenfalls könntest uns einen Kaffee besorgen.«
Als ich mit dem Kaffee zurückkam, war Celine bereits als Alpha-User im System unterwegs. Als Frau ersparte sie mir die ausführliche Schilderung, wie pfiffig sie die Systemsicherung ausgetrickst hatte, sie hatte mich im entscheidenden Moment zum Kaffeeholen geschickt. Celine hat fraglos ausgesprochene Alpha-Qualitäten.
Wir konnten uns nun die aktuelle und geplante Belegung der Chirurgie, der Gynäkologie und aller anderen Abteilungen unseres Hauses anschauen. Wir kannten die Planung für die Operationssäle und die verfügbaren Medikamente in unserer Zentralapotheke. Wir konnten uns Statistiken als Balkendiagramm oder als Tabelle ausdrucken lassen, in Farbe oder in Schwarzweiß, aber weiter kamen wir nicht.
»Sind wir doch keine Alpha-User?«
»Doch, sind wir. Aber an die Buchhaltung kommen wir über diesen Terminal nicht heran.«
»Und warum nicht?«
»Es gibt zwei Möglichkeiten. Sie könnten eine sogenannte Firewall im System haben, eine Brandschutzmauer oder besser Einbahnstraße. Die läßt bestimmte Daten in den Zentralrechner hinein, aber nicht wieder hinaus. Oder sie haben die zentrale Buchführung gar nicht mit dem Kliniksystem gekoppelt. Sie könnten die gewünschten Daten einfach auf eine CD überspielen und auf dem Rechner für die Buchhaltung neu einlesen. Dann besteht überhaupt keine physikalische Verbindung zum Kliniksystem. So würde ich es machen, zum Schutz meiner Buchhaltung, falls einer von euch Ärzten mit seiner E-Mail einen Virus einfängt.«
Wir waren voll auf den flimmernden Bildschirm konzentriert und hatten nicht gehört, daß jemand mein Arztzimmer betreten hatte. Immerhin nicht Professor Dohmke oder Dr. Bredow, es war meine Kollegin Marlies.
Marlies und Celine hatten sich bisher nicht persönlich kennengelernt. Ich hasse es, Leute einander vorzustellen, weil mir dann grundsätzlich nicht die Namen einfallen wollen. In diesem Fall hatte ich mehr das Problem, wem ich wen zuerst vorstellen sollte. Bürgerliche Erziehung.
Die beiden machten sich schließlich selbst miteinander bekannt. Mein Zögern würde wahrscheinlich zu einem späteren Verhör durch Celine führen. Ich versuchte, ihre Anwesenheit zu erklären.
»Celine gibt mir eine Nachhilfestunde mit unserem Computersystem. Ich wollte euch gegenüber nie zugeben, daß ich im Einführungskurs nichts verstanden habe.«
Marlies studierte den Bildschirm und war beeindruckt.
»He, wie seid ihr denn da rangekommen? Die Belegungsstatistik! Dohmkes großes Geheimnis!«
Celine meinte lächelnd, daß ich Marlies den Trick sicher gerne mal zeigen würde. Celine kann ganz schön gemein sein.
Wir mußten uns nun ernsthaft Gedanken zu Plan B machen und kamen zu dem Ergebnis, daß der unerreichbare Computer in der Zentralbuchhaltung wahrscheinlich überhaupt nicht weiterhelfen würde. Wenn irgendeine größere Sache – Verschieben von Gewinnen, getürkte Buchhaltung oder was auch immer laufen sollte, wäre es unwahrscheinlich, daß die Daten in der Buchhaltung selbst manipuliert würden. Vernünftigerweise würde man der Buchhaltung die bereits manipulierten Daten geben.
Celine, wer sonst, stellte die richtige Frage.
»Wer ist der wahrscheinlichste Kandidat dafür, die Buchhaltung mit getürkten Daten zu beliefern?«
»Eindeutig unser Herr Verwaltungsdirektor Dr. Bredow!«
Er ist für die wirtschaftliche Führung der Klinik verantwortlich, er ist von Hause aus Betriebswirt, und er war der Verantwortliche für die Umwandlung der Klinik in eine GmbH und die Vergabe von Klinikdienstleistungen an Fremdfirmen. Und ich erinnerte mich, wie ich vor ein paar Monaten in der Gehaltsstelle wegen meiner Überstundenabrechnung auf später vertröstet wurde, da der gesamte Datensatz im Augenblick bei Dr. Bredow sei.
Also mußte sich Plan B auf den Computer von Dr. Bredow konzentrieren. Blieb die Frage, wie Plan B realisiert werden sollte.
Celine meinte, ich könne mich doch meiner guten Beziehungen zu Bredows Sekretärin, Frau Krüger,
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