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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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einen erneuten Ausflug an den Wannsee vor, »das Wasser wird deinem verbrannten Rücken guttun.«
    Ich mißtraute ihrer Fürsorge, mir schien eher, daß sie meinen verbrannten Rücken nicht ernst nahm. Ich jedenfalls konnte mir nicht vorstellen, mich überhaupt jemals wieder in die Sonne zu legen. Celine packte ihre Badesachen zusammen.
    »Übrigens, mir ist inzwischen klar, warum du das machst.«
    »Was?«
    »Warum du dich so engagierst. Warum du sogar bereit bist, ein zweitesmal bei Bredow einzubrechen.«
    Sie hatte mich schon neulich auf der Autobahn nach meinen Motiven gefragt, ich hatte mir allerdings keine Gedanken dazu gemacht.
    »Dir geht es doch nicht mehr nur um den Tod eines ehemaligen Patienten!«
    »Den man vielleicht mir anhängen will!«
    »Das ist es nicht, glaube ich, jedenfalls nicht hauptsächlich. Vielleicht ist dir selbst gar nicht klar, wie sehr du dich mit deiner Klinik identifizierst. Genau das ist es, für dich ist es deine Klinik. Und du nimmst es ganz persönlich, wenn an dieser Klinik etwas faul sein sollte.«
    Ich glaube, Celine lag mit ihrer Analyse ziemlich richtig.
    Sie schob ab in Richtung Wannsee, ich fuhr in die Klinik und erkundigte mich bereits zum zweitenmal an diesem Wochenende nach meinen Patienten auf der Intensivstation – ein Vorbild an ärztlichem Engagement. Dr. Valenta war kaum erstaunt, mich zu sehen. Er ist schon lange Intensivarzt, und bei fast der Hälfte seiner Patienten ist die Notwendigkeit der intensivmedizinischen Behandlung eine direkte Konsequenz irgendwelcher mehr oder weniger krassen Behandlungsfehler seiner Kolleginnen und Kollegen. Er hat sich in Gelassenheit geübt.
    Ich kramte noch ein wenig im Aktenschrank der Intensivstation herum, wünschte Heinz Valenta einen ruhigen Dienst und fuhr mit der Akte von Mischa, gut verwahrt in einer Aldi-Tüte, nach Hause.
    Meinem Rücken gönnte ich statt Havelwasser mehrfach kalte Duschen. Dann holte ich mir einen Hocker ohne Lehne aus der Küche, setzte mich auf meinen schattigen Balkon und studierte Mischas Akte.
    Solange ein Patient bei mir auf der Station liegt, habe ich in der Regel einen guten Überblick über seine Krankengeschichte und den aktuellen Stand meiner Bemühungen um seine Gesundung. Die meisten Patienten vergesse ich dann nach ihrer Entlassung komplett, mein Arbeitsspeicher braucht schließlich Platz für die nächsten und scheint auf maximal fünfunddreißig Fälle limitiert. Weil ich nie weiß, wann ich nach der Entlassung des Patienten den fälligen Bericht an den Hausarzt schreiben werde, und weil bei einem längeren Aufenthalt in unserer Klinik bestimmte Details schon mal in Vergessenheit geraten können, führe ich meine stationären Akten ziemlich penibel, mit wenigstens einer kurzen Notiz pro Tag zum Verlauf der Erkrankung und zu meinen weiteren Plänen, um endlich zur richtigen Diagnose oder gar Therapie zu kommen.
    Es schien nichts zu fehlen in Mischas Akte. Lächelnd überflog ich die grünen Konsilscheine aus der ersten Nacht, wie Hartmut von der Chirurgie nach Versorgung der Verletzungen sein Glück mit den Augenärzten und Neurologen versucht und endlich mit dem Röntgenbefund »Frische, auch spezifische Veränderungen nicht auszuschließen« mir den Patienten angedreht hatte.
    Die Erhebung der Vorgeschichte hatte ich AIPIer Harald überlassen, der seinen Mangel an Kompetenz durch eine kaum zu entziffernde »Doktorschrift« kompensiert hatte, von der er annahm, daß sie zu einem richtigen Arzt gehöre.
    Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wie Harald für die Ermittlung der Vorgeschichte die Sprachbarriere überwunden hatte, vielleicht mit Jurek von CareClean. In typischer AIPIer-Manier hatte er jedenfalls eine Anamnese zusammengeschustert mit so wichtigen Details wie Mischas Kinderkrankheiten, Krankheiten seiner Eltern und Großeltern, einer Blinddarmoperation im Alter von zwölf Jahren und so weiter. Alles in allem Informationen, die geradezu zwingend zu einem angeblichen Treppensturz auf dem Bahnhof Zoo und zu einer »streifigen Zeichnungsvermehrung in Projektion auf den linken Oberlappen« im Röntgen-Thorax führen mußten und für Mischas Behandlung von entscheidender Bedeutung waren.
    Der körperliche Untersuchungsbefund war in meiner Schrift hinzugefügt, und in den sogenannten Verlaufsbögen fand sich kaum mehr als die gelegentliche Notiz »Verbandswechsel« oder »keine Komplikationen«. Desto dicker war dank Harald der Abschnitt mit den Laboruntersuchungen, mit rotem

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