Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
stellen.
»Was heißt Kinderschänder? Was denkst du, wie alt die drei sind?«
»Na, so sechzehn, siebzehn, höchstens achtzehn.«
»Und als du siebzehn warst, oder meinetwegen sechzehn, da hast du noch mit deinen Puppen gespielt und gemeint, daß die Kinder vom Storch gebracht werden? Oder in der Tiefkühltruhe bei Aldi liegen, gleich neben den Hähnchenteilen?«
»Nein. In meinem Jahrhundert gab es schon Sexualkundeunterricht.«
Ab und zu beliebt Celine, unseren Altersunterschied zu betonen.
»Und – das war alles? Ich meine, nur Theorie?«
»Das geht dich gar nichts an. Vielleicht war ich schon mit vierzehn Nymphomanin. Du wirst es nie erfahren.«
»Heißt das, du bist es heute noch?«
Celine lachte, gab mir einen Klaps auf meinen, wie ich finde, immer noch ganz knackigen Hintern und lief Richtung Wasser. Scheinbar immun gegen die Plötzlichkeit der feuchten Kühle sprang sie in den Wannsee und zog mit kräftigen Schwimmstößen davon. Ich zögerte mit der wohlbekannten Zwei-voreins-zurück-Technik und immer schön auf den Zehenspitzen den plötzlichen Herztod durch unvorbereiteten Kontakt mit kaltem Wasser hinaus, endlich aber planschten wir gemeinsam im Wannsee, schwammen ein bißchen, bespritzten uns gegenseitig mit seinem trüben Wasser und bewarfen uns mit Tang und Modder.
Celine ist ziemlich ausdauernd im Wasser, ich lag schon lange wieder schlaff in der Sonne – nicht ganz schlaff, da sich die drei Schönheiten nebenan gerade gegenseitig mit Sonnenschutzfaktor 20 eincremten, als sie meine träumenden Beobachtungen mit einer Badekappe voll kaltem Wannseewasser brutal beendete.
»Päderast!«
»Noch so eine Bemerkung, und du mußt dich selbst eincremen.«
Sie legte sich auf den Bauch und hielt mir ihr Sonnenöl hin.
»Da bekomme ich lieber Hautkrebs, als mich von einem alten Spanner wie dir eincremen zu lassen. Würde ich sicher Hautpilz von bekommen. Oder Ausschlag. Oder Zellulitis. Und bitte nicht so grob, ich bin eine zart gebaute Frau.«
»Zellulitis hast du schon.«
»Habe ich nicht.«
»Hast du doch.«
Natürlich hat sie keine Zellulitis, aber schließlich bin ich auch kein alter Spanner, oder nur ein bißchen einer, beziehungsweise nur manchmal, und ein bißchen Zellulitis hat sie sicher auch, irgendwo.
Celine zog spätestens jetzt, da sie sich ihres Bikinioberteils entledigt hatte, die Blicke meiner Spannerkollegen auf sich. Mit männlichem Besitzerstolz beugte ich mich über sie und verteilte das Sonnenöl auf ihrem attraktiven Rücken und ihren schlanken Schenkeln.
»Du hast hoffentlich keine Erektion?«
»Eine Erektion? Woher sollte ich die wohl haben? Meinst du, ich bin Zellulitis-Fetischist?«
Es herrschte die zeitlose Stimmung eines heißen Sommertages im Strandbad. Die Geräusche addierten sich zu einem Lautgemisch von fast konstanter Phonstärke und hatten auf mich die gleiche Wirkung wie eine Fernsehdiskussion im späten Abendprogramm. In wenigen Minuten war ich eingeschlafen.
Mit dem Gefühl, daß die Haut auf dem Rücken geschrumpft ist, wachte ich auf. Ich hatte mich nicht eingecremt und nun die Aussicht auf eine unruhige Nacht vor mir. Geweckt hatte mich der Lärm halbwüchsiger Türken, der offensichtlich den drei Schönen neben uns galt. Celine schlief noch. Mich in Ruhe an dem Anblick der Nachbarinnen zu erfreuen war mir durch die Jungs verdorben, mit einem Grashalm kitzelte ich Celines Nase. Ich mußte meine neueste Theorie zu unserem nun gemeinsamen Fall loswerden.
Celine war aktuell nicht nach neuen Theorien, ihr war nach Kaffee. Wir schleppten uns in das Strandbadcafé und bestellten zwei Cappuccinos. Unsere Erwartung an die Wannseegastronomie war nicht hoch, um so größer die Überraschung, daß unsere Cappuccinos prompt, heiß, ohne Fußbad und wirklich mit geschäumter Milch statt mit Schlagsahne serviert wurden.
Meine Theorie versuchte, Bredow und Mischa zu verknüpfen: Dr. Bredow hatte unter anderem die Reinigung der Klinik an die Firma CareClean abgegeben, und CareClean beschäftigt fast nur Ausländer. Wenn zum Beispiel ein großer Teil dieser Ausländer illegal beschäftigt ist, zu Hungerlöhnen und ohne Sozialabgaben, ist das ein schönes Geschäft für die Eigner von CareClean. Und wenn zum Beispiel Dr. Bredow einer der Eigner von CareClean wäre, hätte er Teil an diesem guten Geschäft und sicher kein Interesse daran, daß durch eine Untersuchung zum Tod eines illegal Beschäftigten diese schöne Einnahmequelle bedroht wird. Ich hatte gleich
Weitere Kostenlose Bücher