Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
Schließlich haben es diese Leute fertiggebracht, über vierzig Jahre ihre sechzehn Millionen Landsleute an der kurzen Leine zu halten. Falls ich mit meiner Vermutung vom mithörenden Chef hinter der gepolsterten Tür recht gehabt haben sollte, würde der sich jetzt wahrscheinlich vor Begeisterung, wie zuverlässig sein Kollektiv noch funktioniert, auf die Schenkel klopfen. Es blieb nur noch der Versuch, mir einen guten Abgang zu verschaffen.
»Ich hätte gedacht, daß der Firma CareClean vielleicht an einer inoffiziellen Regelung gelegen sein könnte. Aber bitte, wir können natürlich auch den Weg über den Amtsarzt gehen. Ganz wie Sie wünschen.«
»Ja, Herr Dr. Hoffmann, ich bin sicher, unser Chef wird Ihre Sorgen hinsichtlich unserer Mitarbeiter zu schätzen wissen. Aber auch er wird, falls dies nötig sein sollte, lieber mit dem Amtsarzt sprechen wollen. Guten Tag.«
Im Wartezimmer hatte sich nichts verändert. Es war nicht einmal ersichtlich, ob die drei wartenden Männer überhaupt in ihren Zeitschriften weitergeblättert hatten. Von mir jedenfalls nahmen sie weiterhin keine Notiz. Mein Auftritt bei der Firma CareClean erinnerte in Verlauf und Ergebnis an meine Besuche in der Pension Elvira.
Anders als dort jedoch wurde mir in der Allee der Kosmonauten 116 kein Begleitkommando zum Verlassen des Hauses zugeteilt. Meinen Golf hatte ich auf dem hauseigenen Parkplatz abgestellt. Ich stieg ein, aber es sprach nichts dagegen, noch eine Weile auf dem Parkplatz zu warten. In einem vernünftigen Krimi wäre die Dicke jetzt ziemlich eilig aufgetaucht und in ihren Wagen gesprungen. Ich hätte sie, selbstverständlich von ihr unbemerkt, verfolgt, sie und ihren Chef gestellt und den Fall gelöst. Natürlich geschah nichts dergleichen. Eine filmische Variante wäre ihr Griff zum Telefon unmittelbar nach meinem Abgang gewesen. Ob dies gerade geschah, konnte ich nicht beurteilen.
Ich wartete noch ungefähr eine Viertelstunde, aber es passierte nichts. Noch nicht einmal die drei Männer aus dem Wartezimmer von CareClean tauchten auf, und auch bei den anderen Firmen in der Allee der Kosmonauten 116 herrschte wenig Aktivität. In der nächsten Reihe parkte ein dunkelblauer BMW, der mir bekannt vorkam, den ich aber aktuell nicht einordnen konnte. Der Landfunk auf meinem Ein-Sender-Autoradio lud nicht zu weiterem Verweilen auf dem Parkplatz ein, und außerdem hatte ich an dem Abend noch eine Verabredung. Mit Celine. Und mit Dr. Bredows Büro.
Wir trafen uns bei Luigi, unserem Stammitaliener. Celine war weiterhin begeistert von der Idee eines zweiten Einbruchs in Bredow Büro, und im Zustand von Begeisterung entwickelt sie regelmäßig einen bewunderungswürdigen Appetit.
»Könnte ja sein«, meinte sie fröhlich, »diesmal werden wir geschnappt. Und dann bekommen wir tagelang nichts zu essen oder jedenfalls nichts Ordentliches. Hast du eine Ahnung, was die einem so auftischen im Gefängnis?«
Hatte ich nicht. Und wollte ich auch nicht haben. Celine bestellte reichlich Antipasti misti aus der Vitrine, eine Seezunge mit reichlich Knoblauch und zum Nachtisch Zabaione, ich begnügte mich mit einer Pizza Salami.
»Du wirst es bereuen, im Knast, weißt du!«
»Erstens kommen wir nicht in den Knast. Und bereuen werde ich es auch nicht, denn sicher gibt's dort keine Pizza.«
»Na, dann ist doch alles gut. Wenn du sicher bist, daß wir nicht im Knast landen, brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen. Iß was Anständiges!«
Letztlich hat Luigi dafür gesorgt, daß wir noch einmal bei Bredow eingebrochen sind. Es hätte an dieser Stelle leicht zum Streit kommen können, so unterschiedlich war unser Enthusiasmus. Wäre vielleicht nicht schlecht gewesen. Wir hätten uns, für diesen Abend wenigstens, getrennt, es hätte keinen zweiten Einbruch in Bredows Büro gegeben und keine weiteren Verwicklungen. Luigi ist trotz zwanzig Jahren Deutschland und zehn Jahren Ehe noch Italiener genug, um ein Fan schöner Frauen zu sein, und Celine steht auf der Liste seiner Angebeteten ganz oben. Es gibt sicher auch andere schöne Frauen unter Luigis Kunden, aber wahrscheinlich keine, mit der er einen ähnlich guten Umsatz macht.
»Celine, Sie sind eine Fattucchiera, eine Zauberin! Wie machen Sie das nur, so viel gutes Essen und immer so schlank!«
»Es ist Ihre Kochkunst, Luigi. Sie sind der Zauberer.«
Ich konnte schlecht unter Luigis Augen einen Streit mit Celine vom Zaun brechen. Und dann kamen Celines Seezunge und meine Pizza Salami,
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