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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Ausrufungszeichen hatte er das Blutbild mit dem berühmten Hb von 5,0 markiert und gleich dahinter, immerhin ordentlich, die Kontrollzettel vom Kreuzblut und von der Blutkonserve abgeheftet. Danach kam ein Kontrollblutbild mit einem normalen Hb von 14,3 vom Nachmittag, das ich, mehr aus juristischen Gründen, noch schnell abgenommen hatte, und als letztes meine Notiz; »Patient hat die stationäre Behandlung auf eigenen Wunsch abgebrochen.«
    Nichts in der Akte wies darauf hin, warum Mischa später krank geworden war, und auch nichts, warum sie irgendwer aus dem Verkehr ziehen sollte. Falls diese Akte wirklich ein Geheimnis enthielt, hatte ich es genausowenig gefunden wie Celine die »Spur des Geldes« in Bredows Buchhaltung. Morgen würde ich die gesamte Akte fotokopieren und das Original bei unserem nächsten Besuch in Bredows Schreibtisch zurücklegen.
    Gegen Abend nahm der Schmerz auf der angespannten Haut meines Rückens wieder zu, außerdem fröstelte ich, trotz einer Abendtemperatur von noch vierundzwanzig Grad. Ich machte mir mitten im Hochsommer einen Glühwein und setzte mich auf meine Bettkante. Irgendwann bin ich eingeschlafen.

11
    Die Firma CareClean residierte in einem zweigeschossigen Bürogebäude in der Allee der Kosmonauten 116, zwischen Lichtenberg und Marzahn, weit im Osten Berlins, ein Plattenbau auf einem alten Industriegelände, einst Monument für den Anschluß an das erstrebte Weltniveau, jetzt traurige Hinterlassenschaft sozialistischer Architektur.
    Als voreingenommener Wessi denke ich bei Firmen in Plattenbauten immer automatisch an Stasi, alte Seilschaften und Vereinigungskriminalität. Wahrscheinlich zu Unrecht – oder auch nicht. In der Allee der Kosmonauten 116 hatte eine ganze Reihe von Firmen ihre billigen Aluminiumschilder an den Eingang geschraubt. Von hier aus leitete eine deutsch-ukrainische Handelsgesellschaft ihre Geschäfte, eine Spedition und zwei Baufirmen, eine Zweigstelle der weiterhin existenten Volkssolidarität, und natürlich bot auch eine Softwaregesellschaft mit dem phantasievollen Namen »CompuCo« Systemlösungen und EDV-Kurse an. Es fehlte eigentlich nur das allgegenwärtige Bräunungsstudio, aber vielleicht war das bankrott gegangen.
    CareClean hatte sich im zweiten Stockwerk breitgemacht, zu erreichen über das Einheitstreppenhaus mit Betonstufen und geblümter Wohnzimmertapete. Es roch sogar noch nach DDR, jener in seinen Einzelkomponenten undefinierbare, aber unverwechselbare Geruch, den man nach einem Passierscheinbesuch im damaligen Arbeiter- und Bauernparadies tagelang nicht aus den Klamotten bekam.
    Die übliche Leichtbautür aus laminierter Hartfaser hatte CareClean durch eine Konstruktion mit Metallverstärkung und mehreren Schlössern ersetzt. Anstelle eines Firmenschildes klebte der Briefkopf der Firma an der Tür, komplett mit dem Firmenspruch »Sauberkeit ist unser Job«. Kein Hinweis auf Öffnungszeiten, keine Klingel.
    Auf mein Klopfen erfolgte keine Reaktion. Ich drückte die Klinke, und die Tür öffnete sich in einen weiteren Flur, aus dem man mit ein paar Bänken ohne Rückenlehne und zu Aschbechern umfunktionierten Konservendosen eine Art Wartezimmer gemacht hatte. Die Wände waren mit der gleichen Blümchentapete wie der Hausflur beklebt, die wunderbare Harmonie der Rosenranken nur unterbrochen durch einige Zettel in kyrillischer Schrift, den Kalender einer Firma für Reinigungsmittel vom letzten Jahr und einer Aufforderung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, die zum 1. Juli 1989 fälligen Mitgliedsbeiträge nicht zu vergessen.
    Wer weiß, wozu im Herbst 1989 diese Mitgliedsbeiträge von Harry Tisch und seinen Genossen verwendet worden sind – sicher nicht für die Klientel, die jetzt auf den komfortablen Wartebänken saß: drei Männer von Mitte bis Ende Zwanzig, die mich nur kurz aus müden Augen musterten, um sich gleich wieder in das Studium abgelaufener Fernsehzeitschriften zu vertiefen. Es sah mir kaum so aus, als wäre die Firma CareClean übermäßig an einer gewerkschaftlichen Organisation ihrer Mitarbeiter interessiert.
    An der einzigen Tür klebte ebenfalls ein Zettel in kyrillischer Schrift. Ich klopfte, erneut keine Reaktion. Ich öffnete die Tür und betrat ein kleines Büro. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, das FDGB-eigene Büromobiliar auszutauschen Schreibtisch mit blauer Resopalplatte, ein mit grünem Plastik bezogener Besucherstuhl, graues Telefon Marke RTW. Die Wende hatte ihre Spur lediglich in Form eines

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