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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Irgendwo hatte ich gelesen, daß Erhängte noch stundenlang eine Erektion hätten. Wenn das wirklich stimmte, hatte die Natur Dr. Bredow etwas stiefmütterlich behandelt – es war nichts zu sehen. Dann überlegte ich, ob ich ihm seine Hände zurück in die Hosentaschen stecken sollte, um sozusagen wieder den Originalzustand herzustellen. Vielleicht hatte er darauf Wert gelegt, so gefunden zu werden. Aber irgendwie wirkte seine Leiche mit frei hängenden Armen mehr so, wie ich mir den Anblick eines Erhängten vorstellte.
    »Felix, laß uns endlich verschwinden!«
    Und das taten wir auch. Immerhin war Celine geistesgegenwärtig genug, den Computer auszuschalten und ihre Festplatte mitzunehmen.
    In dieser Nacht blieb Celine bei mir, eng an mich geschlungen. Mich hielt unter anderem wach, daß ich vergessen hatte, die Originalakte von Mischa in Bredows Schreibtisch zurückzulegen. Ob Bredow mich doch noch wegen der wieder aufgetauchten Akte anrufen würde, hatte sich erledigt. Weit stärker nagte an mir, ob sein plötzlicher Tod ursächlich etwas mit unserem ersten Einbruch zu tun haben könnte. Das Gefühl einer möglichen Mitschuld brachte mich vollends um den Schlaf.

12
    Celine blieb am nächsten Morgen im Bett. Ihre Schulkinder waren sowieso schon fast in den großen Ferien, um ihre Eltern auf Sylt, Mallorca oder am Wannsee zu ärgern. Ich hätte mich auch gerne krank gemeldet, aber hätte mich das nicht verdächtig gemacht?
    »Verdächtig in bezug auf was?« fragte Celine in etwas gestelztem Morgendeutsch vom Bett aus.
    »Woher willst du wissen, daß sich Freund Bredow selbst an dem Fensterkreuz aufgehängt hat?« antwortete ich.
    Ich hatte inzwischen Kaffee gemacht und Celine einen Becher voll ans Bett gebracht, schwarz ohne alles.
    »Wird man nicht untersuchen, ob jemand nachgeholfen hat? Könnte man nicht auf die Idee kommen, wir wären das gewesen? Er hat uns beim Einbruch in sein Büro überrascht, uns mit der Polizei oder was weiß ich gedroht, und wir haben es mit der Angst gekriegt ...«
    »Und da haben wir ihm nicht einfach auf den Kopf gehauen, sondern ihn gebeten, uns seinen Hosengürtel zu geben, sich auf einen Stuhl unter das Fensterkreuz in seinem Bad zu stellen, und dann haben wir ihm den Stuhl weggezogen? Manchmal bist du schon seltsam.«
    Celines Realitätssinn konnte ich nicht widersprechen. Aber noch etwas anderes ging mir durch den Kopf, ohne daß ich es im Moment zur Sprache bringen wollte. Die Polizei würde erfahren, daß Bredow eine Geliebte in der Klinik gehabt hatte, Margret Steinmayer von der Blutbank. Und man würde den Beamten erzählen, daß Margret vorher mit mir zusammen gewesen war und mich seinetwegen verlassen hatte. Wenn es auch nicht ganz so gewesen war, immerhin: der verlassene Liebhaber, auch kein schlechtes Motiv.
    »Wie soll denn überhaupt jemand auf die Idee kommen, daß Bredow letzte Nacht nicht alleine in seinem Büro gewesen ist?« versuchte Celine mich zu beruhigen.
    »Das ist ganz einfach«, mußte ich ihr leider entgegenhalten, »sie bestimmen seinen Todeszeitpunkt, und dann stellen sie fest, daß jemand eine Stunde später oder mehr an seinem Computer gearbeitet hat. Und wenn der oder die nichts mit seinem Tod zu tun hatten, warum hat er oder sie nicht die Polizei gerufen?«
    Einen Moment schien sich diesmal auch Celine ernsthafte Sorgen zu machen, aber nicht sehr lange.
    »Wieso denn, Felix? Wenn ich nicht in sein Badezimmer gegangen wäre, hätten wir ihn gar nicht gefunden.«
    Celine konnte mich nicht überzeugen. Ich blieb dabei, daß mit unserer baldigen Verhaftung zu rechnen war, wenigstens mit meiner. Leider fiel mir auch nicht ein, mit welchen Ländern Deutschland kein Auslieferungsabkommen hat, und mein Paß war natürlich abgelaufen. Also machte ich mich mit leerem und trotzdem überaus aktivem Magen auf den Weg in meine Klinik.
    Ich hatte jede Menge Polizeifahrzeuge vor dem Haupteingang erwartet, immerhin war es der Verwaltungsdirektor unserer Klinik, der am Fensterkreuz seines Badezimmers hing beziehungsweise gehangen hatte. War aber nicht. Auch kein unauffällig grau oder blau gespritzter Opel Vectra oder Ford Orion, wie ihn die Kripo bevorzugt.
    Dann wurde mir die Bedeutung des Fehlens von Polizei- oder Kripofahrzeugen blitzartig klar: eine Falle! Hatte ich meine Brieftasche in Bredows Büro auf dem Schreibtisch gelassen? Hatte ich natürlich nicht, sie drückte wie immer in der linken Gesäßtasche. Gab es eine Überwachungskamera in Bredows Büro,

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