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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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lange sie schon mitten in meinem Wohnzimmer gestanden hatten. Wenigstens Pickelgesicht hätte sicher noch gern das ein oder andere gelernt. Celine, die in einer Wohngemeinschaft aufgewachsen ist, schienen die interessierten Blicke nicht besonders peinlich. Mir dagegen war es höchst unangenehm, mit heruntergelassenen Hosen erwischt zu werden. Sofort beschlich mich das Gefühl, irgendwie schuldig zu sein und daß die schreckliche Wahrheit über mich ans Licht kommen würde.
    »Sie können sich ja schon mal ein bißchen umschauen«, meinte Celine forsch, um wenigstens Pickelgesicht aus seiner Erstarrung zu lösen.
    Wir zogen uns an, die Polizisten schauten sich um. Ich hatte den Eindruck, daß beide meine Wohnverhältnisse auch in aufgeräumtem Zustand mißbilligen würden.
    »Dr. Hoffmann, was sind Sie für ein Doktor?«
    Schweinebacke führte das Wort, Pickelgesicht hörte aufmerksam zu.
    »Ich bin Arzt. Am Krankenhaus.«
    »So, so. Na, dann erzählen Sie mal.«
    Sein Tonfall schien anzudeuten, daß ich mir schon viel Mühe geben müßte, sollte er mir glauben.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen«, der Satz kam mir aus Fernsehkrimis bekannt vor, aber es war die Wahrheit. »Ich bin gestern morgen in die Klinik gefahren und so vor einer Dreiviertelstunde nach Hause gekommen. Die Tür war aufgebrochen, und die Wohnung sah so aus wie jetzt.«
    »Und wo haben Sie die Nacht verbracht?«
    »In der Klinik. Ich hatte Nachtdienst.«
    Er schaute auf Celine.
    »Und Ihre Frau, wo war die?«
    »Ich bin eine Freundin«, stellte Celine klar. »Er hat mich angerufen, gleich, als er das hier gesehen hat.«
    »Sie wohnen also nicht hier?«
    »Nein.«
    »Und woher wissen Sie dann, daß er Sie gleich angerufen hat?«
    Aus seinen Augenwinkeln versicherte sich Schweinebacke, daß der junge Kollege zuhörte und sich merkte, wie man eine Befragung durchführt.
    »Er hat es mir gesagt.«
    Pickelgesicht schien zu warten, ob wir schon an dieser Stelle mit irgend etwas überführt worden waren, was er nicht mitbekommen hatte. Aber Schweinebacke wollte weiter vorführen, daß es auch ein einfacher Polizist schaffen konnte, zwei Verdächtige, die sich offensichtlich abgesprochen hatten, in Widersprüche zu verwickeln. Die beiden arbeiteten im sogenannten Berliner Modell, bei dem sich normale Streifenpolizisten um Fälle kümmern, die in der Regel mit der gewissenhaften Ablage von Protokollen ihr Bewenden haben, unterstützt von einem Laptop, einer Fotoausrüstung und einem Spurensicherungskoffer. Die Gewerkschaft der Polizei war Sturm gelaufen gegen die »unzumutbare Mehrarbeit«, doch Schweinebacke war wohl kein Gewerkschaftsmitglied, jedenfalls genoß er seine Rolle als Kriminalkommissar und kam zur nächsten Frage.
    »Haben Sie einen Verdacht, wer das hier angestellt hat?«
    Hatte ich nicht. Mir fiel Cristina ein, die mir sogar bei meinem Zahnarzt im Wartezimmer aufgelauert und schließlich meine Wohnungstür inklusive Türschloß mit Elefantenkleber verklebt hatte, während ich im Nachtdienst war. Inzwischen aber hatte sie wohl ein neues Opfer für ihre Liebe gefunden. Sicher gab es auch andere Frauen, die sich an mir rächen wollten, aber nicht mit der Verwüstung meiner Wohnung, und außerdem hatte ich den Bullen vorhin schon genug Einblick in mein Privatleben gewährt.
    »Nein, ich habe keine Idee.«
    »Wer wußte, daß sie Nachtdienst hatten?«
    »Jede Menge Leute. Die Schwestern in der Klinik, meine Kollegen, die Patienten auf der Aufnahmestation. Allerdings wußte niemand vorher, daß ich Nachtdienst haben würde.«
    »Wieso? Haben sie keinen Dienstplan?«
    »Ein Kollege ist ausgefallen, ich mußte einspringen.«
    »So, so, sie mußten also ganz plötzlich einspringen.«
    »So ist es.«
    Er mochte mich nicht. Es war unklar, ob sich seine Abneigung auf mich persönlich oder auf Ärzte im allgemeinen bezog. Vielleicht auf mich, weil ich mit Celine rummachen konnte, während er Besoffene aus der Kneipe schleppen oder Kreidestriche um zermatschte Unfallopfer ziehen mußte. Vielleicht auf den Doktor, der als Student bestimmt auf diesen Demos gewesen war, die ihm statt gemütlicher Wochenenden jede Menge Überstunden und Beschimpfungen als »Nazi« oder »Bullenschwein« eingebracht hatten. Warum sollte ich ihm erzählen, daß ich kaum auf Demos gewesen bin? Insbesondere nicht in Anwesenheit von Celine, die mich aus der historischen Perspektive ihrer neunundzwanzig Lebensjahre zu den Achtundsechzigern zählt, von deren Heldenmut sie schon

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