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Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)

Titel: Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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inklusive Schminke. Das ist eine Spezialität vom Kollegen Schmiedike. Der war früher einmal Friseur, glaube ich.«
    Wahrscheinlich waren alle Pfleger in der Pathologie früher einmal etwas anderes. Was hatte Karl wohl früher gemacht? Er schenkte nun auch sich selbst nach.
    »Was, meinst du, hätte die Sektion oder die Gerichtsmedizin bei Bredow bringen sollen, nachdem dein Kollege Vogel mit ihm fertig war? Um dir die Wahrheit zu sagen, wir haben ihn ein bißchen aufgeschnitten. Mußten wir, um den Brustkasten wieder auf Vordermann zu bringen, bevor wir ihn der Witwe präsentieren konnten. Ist tonnenweise Zellstoff drin verschwunden. Und kaum eine Naht zu sehen!«
    Ich konnte es mir lebhaft vorstellen. Jeder Anfänger lernt, daß bei einer effektiven Herzmassage ein paar Rippen brechen müssen. Das gehört zu einer guten Wiederbelebung. Und nach Ulf Vogel hatte Dr. Bredow wahrscheinlich keine heile Rippe mehr in seiner Brust gehabt.
    Ich hatte noch eine Frage an Karl.
    »Wer hat eigentlich den Leichenschauschein für Bredow ausgestellt?«
    Karl lächelte.
    »Professor Dohmke höchstpersönlich, also alles in Ordnung. Es war ein Unfall, Tod durch Genickbruch.«
    »Ein Unfall?«
    »Amtlich. Unterschrift von unserem ärztlichen Direktor und kommissarischen Verwaltungsdirektor.«
    Es wurde Zeit, meinen Nachtdienst anzutreten.
    »Karl, vielen Dank für deine Zeit und den Schnaps. Ich weiß es zu schätzen.«
    »Kein Problem, Doktor. Übrigens, da fällt mir ein, ich habe noch etwas, was dich interessieren könnte.«
    Karl holte einen Briefumschlag aus seinem Umkleideschrank und gab ihn mir.
    »Vielleicht ist es besser, wenn du das erst bei dir zu Hause aufmachst.«
    Ich dankte Karl, steckte den Umschlag ein und ging hoch auf die Aufnahmestation. Es wurde ein überraschend ruhiger Nachtdienst, offensichtlich hatten die Leute ihre lieben Opas und Omas wenigstens zu den üblichen Geschäftszeiten zum Übersommern abgegeben. Gegen Mitternacht war so wenig zu tun, daß Pfleger Martin seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen konnte und für uns kochte. Er hatte erstaunliche Vorräte in irgendeinem Schrank des Aufenthaltsraums deponiert. Ein herrlicher Knoblauchduft zog über die Station, mischte sich allerdings mit zunehmendem Abstand von der Stationsküche mit den krankenhausspezifischen Gerüchen von Urin, Desinfektionsmittel und Angst.
    Es war eine bemerkenswerte Nacht: In der Regel bricht spätestens, wenn das Essen fertig ist, die Hölle los, aber diesmal konnten wir vollkommen ungestört unser Suki-Yaki genießen. Ich steuerte den wein bei, als bei den Patienten ziemlich beliebter Doktor habe ich in meinem Zimmer ein respektables Sortiment auf Lager.
    Hauptthema war noch immer Bredows Tod. Jeder, der dabeigewesen war, schilderte noch einmal Dr. Vogels wunderbare Reanimationsbemühungen. Bredows Beziehung zu Margret von der Blutbank war allgemein bekannt, und in der Problematik von Ehe, Kindern und Geliebter vermutete man übereinstimmend den Grund, warum Bredow sich an den Fensterrahmen in seinem Bad gehängt hatte. Vielleicht aber, hieß es auch, hätte er sich aus der Klinikkasse bedient, schließlich soll sich Margret erst in diesem Frühjahr eine Eigentumswohnung gekauft haben. Da wäre es doch logischer gewesen, einmal richtig in die Kasse zu greifen und ab nach Südamerika, meinte die Mehrheit. Entsprechend wechselte das Gespräch auf die Frage, wohin man sich mit einer Million absetzen würde.
    Gegen ein Uhr zog ich mich ins Arztzimmer zurück. Die Liege für den Nachtdienstdoktor ist mit höchstens siebzig Zentimeter Breite nur mit viel gutem Willen geeignet, zusammen mit einer der Nachtschwestern auf den nächsten Patienten zu warten, aber heute Nacht war mir ohnehin nicht danach.
    Ausgerechnet dieser Nachtdienst war, wie gesagt, ausgesprochen ruhig. Hätte ich schlafen können, ich hätte mein Geld im Schlaf verdient. Ein Nachtdienst, wie ihn sich jeder Doktor wünscht. Und ein Glück für jeden Patienten, der heute Nacht nicht die Hilfe von Dr. Hoffmann in Anspruch nehmen mußte, denn der hatte nicht nur ein gewisses Schlafdefizit, sondern nach zwei Schnäpsen in der Pathologie und dem Wein zum Suki-Yaki wahrscheinlich deutlich über 1,0 Promille im Blut. Andererseits hätte mich in dieser Nacht das sonst übliche Vollprogramm an drängelnden Patienten wenigstens zeitweise von dem Karussell meiner wirren Zwangsvorstellungen absteigen lassen.
    Besonders ein Punkt aus dem Gespräch mit Dohmke schob dieses

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